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Mehr Stadtgeschichten

Mehr Stadtgeschichten

Titel: Mehr Stadtgeschichten
Autoren: Armistead Maupin
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Weglaufen, mein Schatz. Ein Zulaufen. Ein Zulaufen auf etwas.«
    »Worauf willst du hinaus?«
    D’orothea lächelte. »Es ist wohl besser, wenn ich gleich damit rausrücke, hm?«
     
    Sie brauchte fünfzehn Minuten, um ihren Vorschlag darzulegen. Als sie fertig war, blickte DeDe sie mit einer Mischung aus Zweifel und Faszination an.
    »Und du meinst, ich könnte die Babies mitnehmen?« fragte sie.
    »Natürlich! Das ist doch das Tolle daran. Ein total neues Leben für die beiden, in dem sie von der Selbstgerechtigkeit und Kleinkariertheit der Freundinnen deiner Mutter verschont bleiben! Ein total neues Leben für sie und für uns alle, DeDe!«
    DeDe lief vor Aufregung rot an. »Es ist verrückt, aber es klingt sehr vernünftig.«
    »Das kannst du laut sagen!«
    »Mutter kriegt sicher Zustände.«
    »Aber nein. Na ja, am Anfang vielleicht. Aber auf lange Sicht erspart es ihr alle Peinlichkeiten. Du kannst so blitzartig aus der Stadt verschwinden, daß die Hillsborough-Mischpoke gar keine Chance mehr hat, sich über deine Kinder herzumachen. Deine Mutter wird dir dafür dankbar sein, DeDe.«
    »Ich muß darüber nachdenken«, sagte DeDe.
    »Ich weiß. Klar. Es hat auch noch Zeit.«
    »Aufregend ist es aber doch!«
    »Wem sagst du das!« sagte D’orothea.

Die Kühlbox
    Burkes Hände zitterten, als er den Schlüssel in das Schloß an der Kontroileiste steckte. Mary Ann schaute ihm über die Schulter. »Ruckel mal hin und her.«
    »Tu ich doch. Weiter geht’s nicht.« Der Schlüssel steckte nur halb drin.
    »Probier’s mal andersrum.«
    Burke zog den Schlüssel heraus und steckte ihn von neuem hinein. Diesmal glitt er reibungslos in das Schloß. Mary Ann stieß einen kurzen Schrei aus. Burke drehte sich um und strahlte sie voller Bewunderung an. »Wir können ihn jetzt auf die 2 oder auf die 3 stellen. Was soll’s sein?«
    Ohne zu wissen, warum, nahm Mary Ann die 3.
    Als Burke auf den 3er-Knopf drückte, begann der Fahrstuhl seine langsame Aufwärtsfahrt.
    Mary Anns Hochgefühl wich nagender Angst. »Was ist, wenn er dort oben ist, Burke? Der Implantatemann.«
    »Dann stellen wir uns dumm«, meinte Burke schulterzuckend.
    »Gut. Außerdem wissen wir gar nicht genau, ob er den Fahrstuhl genommen hat.«
    »Er ist damit gefahren.« Burkes grimmige Entschiedenheit machte ihr angst.
    »Aber warum sollte jemand, der bloß im Chor singt, einen Schlüssel für diesen Fahrstuhl haben?«
    »Aus demselben Grund«, sagte Burke ungerührt, »aus dem ich auch einen hatte.«
    Der Fahrstuhl ruckelte die beiden ein wenig, als er hielt. Die Tür ging auf. Sie betraten einen Raum, der ungefähr so groß war wie Mary Anns Wohnzimmer. Es gab keine Fenster. Eine flackernde Neonröhre, die neben dem Fahrstuhl an die Wand montiert war, warf einen grünlichen Schein auf die Stapel von Gesangs- und Gebetsbüchern, die sich an den Wänden des Raums entlangzogen.
    Weiter konnte man nur über eine schmiedeeiserne Wendeltreppe. Und zwar nach oben.
    Mary Ann schüttelte sich und trat in den Fahrstuhl zurück. »Burke … versuchen wir es lieber mit der 2.«
    Burke schüttelte den Kopf. »Hier ist es.«
    »Was ist hier?«
    »Keine Ahnung. Ich hab nur. so ein Gefühl, daß wir hier richtig sind.«
    »In diesem Raum?«
    »Nein.« Er wies mit einer Kopfbewegung auf die Wendeltreppe. »Dort oben.«
    »O Gott, Burke! Bist du sicher, daß wir da hoch sollen?«
    Um seinen Mund lag ein entschlossener Zug, aber seine Stimme klang dünn und unsicher. »Ich muß da hoch.«
    »Vielleicht könnten wir ja später noch mal herkommen.«
    »Nein. Später hab ich vielleicht zuviel Angst.«
    »Und wenn der Implantatemann dort oben ist?«
    Burke drehte sich von ihr weg. »Er hatte genügend Zeit, um wieder runterzufahren.«
    »Aber, wenn er …?«
    »Ich gehe hinauf, Mary Ann. Du kannst machen, was du willst. Du hast mir schon genug geholfen.«
    Sie griff beschwichtigend nach seiner Hand. »Ich komme mit«, sagte sie leise.
     
    Burke ging voran. Mary Ann blieb so dicht hinter ihm, daß sein Cordjackett ständig ihr Gesicht streifte. Auf der Wendeltreppe gelangten sie durch die Decke in einen noch dunkleren Raum. In einen entschieden dunkleren Raum. Mary Ann zupfte an der Unterkante von Burkes Jackett.
    »Wir können nicht mal was sehen, Burke.«
    »Das macht nichts«, flüsterte er. »Unsere Augen gewöhnen sich schon daran.«
    Die Wendeltreppe führte noch weiter. Etwa fünf Meter über dem Raum mit den Gebetsbüchern kamen sie auf eine Art Absatz.
    »Höher
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