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Mehr Stadtgeschichten

Mehr Stadtgeschichten

Titel: Mehr Stadtgeschichten
Autoren: Armistead Maupin
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Weg nach unten sein.«
    Mary Ann gefror das Blut. »Nach hier unten?«
    Burke lächelte. »Von 2 oder 3 nach unten. Offensichtlich ist er nicht nach unten, sondern nach oben gefahren. Wahrscheinlich steigt er gerade im Erdgeschoß aus. Das heißt, falls nicht noch jemand anderes den Fahrstuhl benutzt.«
    »Aber wie hat er nach oben fahren können, wenn wir nur nach unten konnten?«
    Sobald die Tür des Fahrstuhls sich öffnete, zuckte ihr die Antwort wie ein schwindelerregender Blitz durch den Kopf.
    Sie stiegen schweigend ein und fuhren ins Erdgeschoß. Als die Tür aufging, stellte Mary Ann sich vor die Kontrolleiste und drückte auf den Tür-zu-Knopf. Burke sah sie irritiert an.
    »Drück noch mal auf den 2er-Knopf«, sagte sie.
    Er drückte. Nichts geschah.
    Mary Ann griff in ihren Nacken und löste den Verschluß des Goldkettchens, das Burke ihr in Mexiko gegeben hatte. Sie reichte ihm den Schlüssel und deutete dann auf ein Schloß in der Kontrolleiste.
    »Versuch mal, ob er paßt«, sagte sie.

Der Ausweg
    »Edgar und Anna, hm?«
    D’orotheas Lächeln wirkte fast mütterlich, als sie an DeDes Bett saß und die Hand der frischgebackenen Mutter hielt.
    DeDe strahlte. »Du hast sie gesehen, hm?«
    »Na, und ob. Sie sind toll, mein Schatz. Eins von jeder Sorte. Perfekter geht’s nicht.«
    »Würdest du das mal meiner Mutter sagen?«
    D’orothea runzelte die Stirn. »Ist sie ausgeklinkt?«
    »Man könnte es so nennen. Sie hat mir gesagt, ich hätte abtreiben sollen.«
    »Hast du nicht gesagt, sie ist katholisch?«
    »Das ist sie auch«, maulte DeDe. »Aber sie ist auch aus Hillsborough und Mitglied im Francesca Club. Und dort herrschen wieder ganz andere Dogmen. Einer der unumstößlichsten Grundsätze ist der, daß man kein Kind mit Schlitzaugen bekommt.«
    D’orothea drückte ihre Hand. »Denk einfach nicht daran, mein Schatz.«
    »Ich muß. Ich muß damit leben.«
    »Wirklich?« sagte D’orothea mit herausforderndem Blick.
    »Ich kann davor nicht weglaufen, D’or.«
    »Vielleicht nicht. Aber du könntest auf etwas zulaufen. «
    »Zum Beispiel?«
    D’orothea zuckte mit den Schultern. »Auf ein neues Leben. Auf ein Leben, in dem du dich nicht mehr mit solchen Leuten abgeben mußt.«
    »Dafür ist es bei mir wohl ein bißchen zu spät.«
    D’orothea schüttelte den Kopf. »Falsch, mein Schatz. Bei mir war es auch noch nicht zu spät.«
    »Was soll das heißen?«
    D’orothea lächelte verständnisvoll. »Weißt du, wir liegen gar nicht so weit auseinander. Ich mag zwar aus dem falschen Viertel von Oakland kommen, aber ich bin schon sehr früh sehr vornehm geworden. Ich habe Götzenbilder angebetet, bevor ich noch meinen ersten BH brauchte. Mein Gott, ich war sogar viel schlimmer als du. Bei mir war es eine bewußte Entscheidung. Aber bei dir ist es bloß eine Frage der Familientradition.«
    »Man sollte die Macht der Familientradition nie unterschätzen«, sagte DeDe wehmütig.
    »Oder dieMacht Dollars, des Allmächtigen. Stell dir das mal vor: Ich war dermaßen scharf aufs Geld, daß ich mir sogar die Haut schwarz gefärbt habe, um an welches zu kommen.«
    »Was?«
    »Es ist eine lange und schmutzige Geschichte. Ich erzähl sie dir mal, wenn du wieder … Paß auf, DeDe: Erinnerst du dich noch an den Abend, wo wir bei der Modenschau im Legion of Honor waren und du mir gesagt hast, daß es schwer ist, wenn man am Ende des Regenbogens lebt?«
    »Sicher.«
    »Tja, vielleicht war deine Annahme falsch.«
    »Und zwar?«
    »Vielleicht stimmt es gar nicht. Vielleicht ist San Francisco gar nicht das Ende des Regenbogens.«
    Die Radikalität des Vorschlags drang nur langsam zu DeDe durch. »D’or, redest du vom Weggehen?«
    »Warum nicht?«
    »Ich kann nicht, D’or. Ich habe meine Familie hier. Zumindest meine Mutter. Und meine Freundinnen.«
    »Was hast du von denen bis jetzt gehabt?«
    DeDe musterte das Gesicht ihrer Freundin. »Warum werde ich das Gefühl nicht los, daß du eine Sünderin bekehren willst?«
    D’orothea lachte. »Ich bin in der letzten Zeit tatsächlich oft in der Kirche gewesen. Das spielt sicher mit eine Rolle. Uns ist nicht so furchtbar viel Zeit auf diesem Planeten gegeben, DeDe, und wenn nicht ein paar von uns die Initiative ergreifen, sich selbst ändern und sich dem allgemeinen Niedergang widersetzen … Weißt du, es ist ganz einfach: Von selbst läuft gar nichts.«
    »Das ist mir schon klar, D’or. Da gebe ich dir auch recht. Aber ich verstehe nicht, wie ein Weglaufen …«
    »Kein
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