Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter
Autoren: Chris P. Rolls
Vom Netzwerk:
Stimmen im Hintergrund wurden lauter. Ein Kind lachte und er hörte Leons gedämpfte Stimme: „Luisa, man nähert sich einem Pferd niemals von hinten. Wenn Püppi sich erschreckt, weil du so plötzlich auftauchst und ausschlägt, trifft sie dich und das tut höllisch weh. Immer seitwärts herantreten. Hier, nimm diese Bürste. Bin gleich wieder da.“ Kai runzelte irritiert die Stirn und vernahm nun Leons Stimme ungedämpft: „Entschuldige, ich gebe gleich Unterricht.“ Im Hintergrund schnaubte abermals ein Pferd und Kai hörte Hufgetrappel.
    „Soll ich dich morgen nach Lulu mitnehmen?“, fragte Leon nach. Er klingt erfreut, oder bilde ich mir da nur was ein? „Das wäre klasse“, bestätigte Kai. „Hast du eine bestimmte Uhrzeit?“
    „Äh, nein. Ich helfe meiner Oma beim Umzug. Ich kann auftauchen, wann ich will, also kann ich mich ganz nach dir richten.“
    „Prima.“ Kai freute sich, seine Begegnung mit Leon hatte also wirklich etwas Gutes. „Ich sollte so gegen 9 Uhr da sein, also wenn du mich um 8:20 Uhr abholst, langt es.“ Abermals vernahm Kai Hufgeklapper im Hintergrund und sogar das Wiehern eines Pferdes. Gedämpft kam eine Männerstimme im Hintergrund dazu: „Leonard, jetzt sieh zu, dass du schnell noch die zwei Hafis sattelst. Trödel nicht immer so lange rum.“
    „Ich muss Schluss machen“, entschuldigte sich Leon hastig und seine Stimme klang unsicher und gehetzt. „Ich bin rechtzeitig da.“ Er legte auf, bevor sich Kai bedanken konnte. Irritiert sah dieser sein Handy an. „Prima und danke“, sagte er in die leere Luft. Leon arbeitete also mit Pferden. Und mit Kindern. Ob das im Hintergrund sein Vater gewesen war? Er war Kai sofort unsympathisch, auch wenn er sich eingestand, dass er ja nichts von ihm wusste. Allein die Tatsache, dass Leons Stimme sich derart abrupt verändert hatte, machte ihm den Mann unsympathisch.
    Nachdenklich betrachtet Kai die Visitenkarte und entdeckte, dass sogar eine Internetadresse angegeben war. Spontan gab er die Adresse in den Browser ein. Die Seite baute sich auf und er betrachtete die bunten Pferdebilder. Die Webseite stellte den Reiterhof „Am Walde“ vor. Ein typisch mecklenburgischer Hof wurde gezeigt: Stallgebäude, eine Reithalle und Weiden mit Pferden.
    Mäßig interessiert, klickte sich Kai durch die ganzen Informationen und stutze erst, als er auf einem Bild Leon erkannte. Auf dem Foto trug Leon eine weiße Reithose, schwarze, lange Stiefel, die seine Beine noch mehr betonten, ein schwarzes, enges Jackett mit einem weißen Hemd, von dem nur der Kragen zu sehen war. Sein Haar verschwand unter einem Reithelm. Das Bild zeigte ihn über dem Sprung auf dem Rücken eines braunen Pferdes. Darunter stand: „Leonard Lenkowski, Kreismeister Hagenow Land im Springen, Junioren mit „Bellisima“
    Kai betrachtete das Bild nachdenklich. Leon sah überaus gut aus in diesen figurbetonten Reitklamotten. Sein Blick war konzentriert und wohl auf den nächsten Sprung gerichtet. Neugierig geworden durchsuchte Kai den Rest der Seite, die nicht sehr umfangreich war. Er stieß auf den Link: „Unsere Reitlehrer“ und auf ein kleines Portrait von Leon. Ein Foto, mit einem schüchtern in die Kamera lächelnden Leon, leitete die Vorstellung ein.
    „Leonard Lenkowski, erfolgreicher Spring- und Dressurreiter, zahlreiche Siege und Platzierungen im Juniorenbereich, Kreismeister Springen, 2. Platz Landesmeisterschaften Springen.“ Kai fand weitere Bilder, die Leon zu Pferde zeigten, einige über dem Sprung. Der Text informierte den Leser darüber, dass Leonard Lenkowski die Betreuung der jungen Gäste in den Ferien oblag. Ein Foto zeigte ihn auf dem staubigen Reitplatz, umgeben von mehreren Pferden und fröhlich in die Kamera lächelnden und winkenden Kindern. Leons Gesicht hingegen sah ernst aus. Wie auf allen Bildern, bemerkte Kai nachdenklich. Selbst das Lächeln auf dem Portrait erreicht nicht seine Augen. Dabei kann er anders, dachte Kai. So wie heute Morgen, beim Abschied.  
    Stirnrunzelnd klickte er sich zurück und öffnete: „Burghardt Lenkowski.“ Das Foto eines älteren, stämmigen Mannes mit muskulösen Oberarmen erschien oben über dem Text. Graue Augen, die hart wirkten, obwohl der Mann auf dem Bild breit lächelte. Sein Gesicht wirkte ein wenig aufgequollen, schwarze, kurze Haare umrahmten die festen, männlichen Züge. Das war also der Vater. Er hatte wenig Ähnlichkeit mit Leon. Ebenso wie dieser trug er Reithosen und dazu ein kariertes Hemd. Im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher