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Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter
Autoren: Chris P. Rolls
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gewesen wäre, hätte er schallend darüber gelacht, so fühlte er sich gerade sehr hilflos.
    Mühsam versuchte er ein: „Hilfe“ durch die Zähne und den Schnee zu pressen. Hat das Auto angehalten? Hoffentlich sehen die Insassen, dass ich Hilfe brauche. Leichte Panik stieg in ihm auf. Im nächsten Moment jedoch spürte er einen Zug an den Knöcheln. Jemand bemühte sich redlich, ihn aus der Schneewehe zu ziehen. Kai wand sich hin und her, hoffte, dass er es dem anderen damit leichter machen würde. Tatsächlich bewegte er sich langsam heraus. Kurze Zeit später plumpste er aus dem Schnee und stürzte mit seinem Retter zusammen hintenüber. Heftig hustend und spuckend zog er rasch eine Körperbilanz. Okay, alles ist beweglich, nichts gebrochen, nichts steif. Scheint so, als ob ich es ohne Verletzungen überstanden habe. Das hätte ich jetzt echt nicht gebrauchen können, eine Verletzung würde mich noch weiter im Trainingsplan zurückwerfen.
    Kai blickte sich nach seinem Helfer um. Es war ein junger Mann mit dunkelblondem Haar, der sich aus dem Schnee aufgerappelt hatte und besorgt auf ihn hinabsah. Sein Mund zuckte plötzlich und er schien sich mühsam zu beherrschen, aber noch während ihn Kai musterte, brach er in ein glucksendes Lachen aus. Zwar versuchte er hastig, es zu unterdrücken, es gelang ihm allerdings nicht. Mit hochrotem Kopf hielt er sich die Hand vor den Mund.
    Der amüsiert sich ja köstlich, knurrte Kai innerlich und machte ein finsteres Gesicht. Er war gerade einem grausamen Tod in den kalten Schneemassen entkommen und dieser Typ lachte sich darüber kaputt?
    Sein junger Retter hielt sich die Hand an den Bauch und rang sichtlich nach Luft und Worten. „Entschuldigung“, würgte er nuschelnd zwischen weiteren Lachanfällen hervor, „Ich krieg das Bild gerade nicht mehr aus dem Kopf, wie du da drin gesteckt hast. Mit in der Luft zappelnden Beinen.“ Abermals krümmte er sich zusammen und Tränen liefen ihm über das recht attraktive Gesicht.
    „Sehr witzig“, kommentierte Kai leicht angesäuert. Das Lachen des jungen Mannes war indes so ansteckend, dass sich auch in seinem Gesicht ein Grinsen ausbreitete. Neugierig betrachtete er seinen Retter. Ziemlich jung, ein wenig kleiner als er selbst, schlank eher schon schlaksig gebaut mit sehr langen, dünnen Beinen. Ausnehmend fesch, befand Kai. Selbst in dieser absurden Situation fand er sein Gegenüber recht attraktiv. Das Gesicht wirkte noch jugendlich weich, mit sanft gewölbten Lippen, einer frechen Stupsnase und schmalen Wangenknochen. Die Augen konnte man nicht wirklich sehen, weil sein Retter sie bei jedem erneuten Lachen zusammen kniff. Allmählich ging es in ein leises Kichern über.
    Die Beine kamen Kai deshalb so lang vor, weil der junge Mann eine sehr eng anliegende, graue Hose trug, die wie eine Leggins wirkte und Ledereinsätze an den Knien hatte. Darüber hatte er grau karierte Strümpfe gezogen. Kai hatte schon viel schrägere Outfits gesehen, dennoch runzelte er die Stirn.  Zumindest außerhalb spezieller Clubs und Bars, vermieden es die meisten Männer, enge Hosen zu tragen. Sein Gegenüber hatte zudem eine blaue Daunenjacke an und sich einen Schal umgebunden. Er trug Handschuhe in der gleichen Farbe. Sein Haar fiel ihm neckisch in die Stirn und über die Augen. Er bemerkte just in dem Moment, dass Kai ihn intensiv musterte. Verlegen wischte er sich die Tränen fort. „Äh, Ihnen ist nichts passiert oder?“
    Kai schüttelte den Kopf. „Nein, ist noch alles heil und dran. Was ich wohl von meinem Rad leider nicht behaupten kann.“ Er seufzte, als er den verbogenen Lenker sah. Verdammt, das Rad war keine vier Monate alt und sauteuer gewesen. „Sieht wirklich etwas ramponiert aus“, bestätigte sein junger Retter, der seinem Blick gefolgt war.
    „Schöner Mist.“ Kai stand auf und zog das Rad hoch. Das Vorderrad war komplett verbogen. Er würde es noch nicht einmal nachhause schieben können. „Verdammt, verdammt!“ Er hockte sich hin, versuchte das Rad zu lockern. Es blieb bei dem Versuch. Ohne Werkzeug war da nichts zu wollen. Das Fahrrad war ein Fall für die Werkstatt. „Scheiße“, schimpfte Kai erbost. Damit hatte sich das Training heute erledigt und bis das Rad repariert war, auch sein weiteres Radtraining.
    „Das sieht wirklich kaputt aus“, bemerkte sein Helfer überflüssigerweise. „Das sehe ich auch“, knurrte Kai ihn unfreundlich an. Warum immer ich? Als ob ich durch diesen verfluchten Winter nicht schon
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