Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Max Weber (German Edition)

Max Weber (German Edition)

Titel: Max Weber (German Edition)
Autoren: Dirk Kaesler
Vom Netzwerk:
sozialpolitischen Forderungen Webers lösten zwar heftige Kontroversen aus, schadeten jedoch keineswegs seiner erfolgreichen wissenschaftlichen Karriere.
    Obwohl Althoff Weber gerne in Berlin halten wollte, teilte er ihm sein Verständnis mit, falls dieser den Ruf zur Übernahme des Ordinariats für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Großherzoglich Badischen Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg annehmen würde: «Daß ich Sie sehr ungern von hier scheiden sehe, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Andererseits aber kann ich Ihnen nicht verdenken, daß Sie die Wirksamkeit als Ordinarius an einer kleinen Universität und auf Gebieten, die Ihnen mehr zusagen, vorziehen. Ich zweifle nicht, daß einige Jahre Freiburg Ihnen für Ihre ganze Entwicklung von förderlichstem Einflusse sein werden.»
    So kam es, dass Max Weber zum 25. April 1894 – er hatte gerade seinen 30. Geburtstag gefeiert – den Ruf nach Freiburg annahm, in der Nachfolge von Eugen von Philippovich. Mit der Berufung des Juristen Max Weber auf diesen wirtschaftswissenschaftlichen Lehrstuhl war dessen berufliche Zukunft einigermaßen gesichert: Sie begann zwar an einer klassischen Durchgangsuniversität der damaligen Zeit und noch nicht an einer der renommierten Universitäten, wie jene in Berlin, Bonn oder Heidelberg, aber die existenzielle Sicherheit war erst einmal beruhigend. Von Berlin, der im Aufbruch befindlichen Hauptstadt des Deutschen Reiches, nach Freiburg im Breisgau zu gehen bedeutete für Weber die grundlegende Veränderung des ihn umgebenden Milieus: Freiburg war eine katholisch geprägte Stadt mit weniger als 40.000 Einwohnern, an der Peripherie des Reiches gelegen. Die Nachfolge auf den Philippovich-Lehrstuhl war ein großer persönlicher Erfolg, ungeachtet der Tatsache, dass die Besoldung in Freiburg notorisch schlecht war und diese Professur schon darum das Profil eines Anfänger-Lehrstuhls hatte.
    Auch später war sich Weber immer der Tatsache bewusst, wie unwahrscheinlich dieser Schritt vom schlecht besoldeten Privatdozenten in prekärer Situation zum ordentlichen Universitätsprofessor gewesen war und dass es keineswegs immer nur an der tatsächlichen wissenschaftlichen Qualität liegt, ob dieser Schritt gelingt. Noch nach 2. Jahren, als er seine Rede über Wissenschaft als Beruf hielt, machte er dies unmissverständlich deutlich: «Ob es einem solchen Privatdozenten […] jemals gelingt, in die Stelle eines vollen Ordinarius und gar eines Institutsvorstandes einzurücken, ist eine Angelegenheit, die einfach Hazard ist. Gewiß: nicht nur der Zufall herrscht, aber er herrscht doch in ungewöhnlich hohem Grade. Ich kenne kaum eine Laufbahn auf Erden, wo er eine solche Rolle spielt. Ich darf das um so mehr sagen, als ich persönlich es einigen absoluten Zufälligkeiten zu verdanken habe, daß ich seinerzeit in sehr jungen Jahren in eine ordentliche Professur eines Faches berufen wurde, in welchem damals Altersgenossen unzweifelhaft mehr als ich geleistet hatten. Und ich bilde mir allerdings ein, auf Grund dieser Erfahrung ein geschärftes Auge für das unverdiente Schicksal der vielen zu haben, bei denen der Zufall gerade umgekehrt gespielt hat und noch spielt, und die trotz aller Tüchtigkeit innerhalb dieses Ausleseapparates nicht an die Stelle gelangen, die ihnen gebühren würde.»
    Mit der Berufung nach Freiburg war zugleich ein Orientierungswechsel in Webers wissenschaftlicher Arbeit vollzogen: von der Jurisprudenz zur Nationalökonomie. Bald nach Rufannahme zum 1. Oktober 1894 erfolgte die Übersiedelung nach Freiburg, in das Haus Schillerstraße 22 mit Blick auf das Freiburger Münster. Weber bezieht zusammen mit seiner Frau Marianne, die er im September 1893 in Oerlinghausen geheiratet hatte, eine geräumige Etagenwohnung. Ebenfalls mit dem jungen Paar von Charlottenburg nach Freiburg ging Bertha Schandau, die bis zum Jahr 1917 Dienstmädchen dieses Professorenhaushalts bleiben sollte.
    Wer war die junge Ehefrau, die mit dem frisch ernannten Lehrstuhlinhaber in das badische Freiburg mitkam? Marianne Weber (1870–1954), geborene Schnitger, war die Enkelin des Onkels von Max Weber, jenes Carl David Weber aus Oerlinghausen, der ihm als Idealtypus des modernen kapitalistischen Unternehmers diente. Geboren wurde Marianne Schnitger als Tochter des Landarztes Eduard Schnitger und dessen Ehefrau Anna, Tochter des genannten Carl David Weber. Nach dem Tod der Mutter im Jahr 1873 lebte die Dreijährige allein mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher