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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd
Autoren: Marijke Schnyder
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schwer erschüttert werden, damit ihnen die Gesten der Höflichkeit abhandenkamen.
    »Wie gut, dass Polizist Bucher in Ihnen eine kompetente Unterstützung hat«, sagte er. Die Höflichkeit gebot ihm, die höhnischen Bemerkungen des Kurarztes etwas auszugleichen, was jedoch höchstens mit einem doppelten Espresso mit Pralinen gelungen wäre.
    Nore Brand tat, als ob ihr soeben etwas eingefallen wäre. »Hat man die Uhr von Frau Ehrsam wiedergefunden?«
    »Die Uhr?«
    »Ja. Die Bernstein-Uhr.«
    Er fuhr sich über die Stirn. Es sollte eine nachdenkliche Geste sein, doch sie verriet große Nervosität.
    »Ihre Schwiegertochter hat alles mitgenommen und mir ist nicht bekannt, dass sie etwas vermisste.«
    Ärger flackerte in seinen Augen auf. »Von wem hat Bucher das?«
    »Das war Teil der anonymen Mitteilung.«
    »Von der gleichen Person, die Bucher angerufen hat?«
    »Ja. Was wissen Sie über diese Uhr?«
    »Wenn ich das wüsste. Viele Leute hier tragen teure Uhren, sehr teure Uhren. Woher soll ich wissen, welchen Wert die Uhr von Frau Ehrsam hatte? Ihre Schwiegertochter hat sich seither nicht gemeldet, offenbar vermisst die Familie nichts. Ist es möglich, dass jemand den Ruf des Hauses zu schädigen versucht?«
    »Das werden wir hoffentlich bald herausfinden«, sagte Nore Brand. Sie verabschiedete sich und verließ das Grandhotel Belvedere.
    Eine hohe Hecke schloss den Parkplatz ein, nur von der Zufahrtstraße konnte man die Wagen sehen.
    Nore Brand lehnte sich an die Wagentür und durchsuchte die Taschen ihrer Lederjacke nach einer Zigarette, während ihre Augen zum hohen Horizont gingen. Sie gab Doktor Fischer nur ungern recht. Hier sterben, umringt von mächtigen Bergen und grünen Hängen. Wenn es irgendeinmal so weit war.
    »Guten Tag.«
    Nore Brand drehte sich um. Eine Frau in einer gelben Windjacke kam zögernd auf sie zu. Sie blieb etwa drei Meter von ihr entfernt stehen und schaute sich um, bevor sie näher trat.
    Nore Brand erinnerte sich an das Gesicht. Es war neben ihr aufgetaucht, als sie sich beim Empfang anmeldete. Die Frau war stehen geblieben, bis Nore Brand ihren Ausweis hervorgeholt hatte.
    »Sie sind von der Polizei«, sagte die Fremde. Der osteuropäische Akzent war unverkennbar.
    Nore Brand steckte die Zigarette zurück. »Ja.«
    Die Frau war kaum größer als sie. Die blaugrauen Augen, die sie eine Weile schweigend musterten, standen schräg über hohen Wangenknochen. Das hellbraune Haar trug sie zurückgebunden. Ihre Züge waren angespannt, aber sie war schön.
    »Sie sind wegen Frau Ehrsam hier.«
    Nore Brand begriff. »Sie haben Polizist Bucher angerufen, nicht wahr?«
    Die Augen der Fremden weiteten sich.
    »Was wissen Sie?«
    »Frau Ehrsam war sehr unruhig.«
    »Unruhig? Warum war sie unruhig?«
    »Ich weiß nicht«, sagte die Frau. Sie hob ihren Blick. »Sie war plötzlich sehr anders. Und nervös. Oder nein, sie war böse. Auf jemand.«
    Die fremde Frau schaute sie eindringlich an.
    »Frau Brand.« Nino Zoppa war plötzlich aufgetaucht. Die Fremde fuhr zusammen.
    »Das ist Nino Zoppa. Mein Assistent.« Nore Brand streckte die Hand aus. »Ich bin Nore Brand. Kriminalpolizei. Aber das wissen Sie ja.«
    Die Frau machte einen Schritt auf sie zu, zögerte kurz, bevor sie die Hand ergriff.
    Nino Zoppa war auf der Beifahrerseite stehen geblieben; er schaute die Fremde an. Sein Blick verriet großes Interesse.
    »Diese Frau hat mit Bucher telefoniert.«
    »Und?«
    »Frau Ehrsam ist plötzlich anders gewesen«, sagte die Fremde.
    Nino Zoppa ging langsam um den Wagen herum und redete sie in einer fremden Sprache an. Über das Gesicht der Fremden ging ein Leuchten.
    »Sie spricht kroatisch«, erklärte er nach einem kurzen Wortwechsel.
    Nore Brand hob die Augenbrauen. Also doch eine Qualität.
    »Meine Mutter ist Kroatin.«
    Keine Qualität also, nur die richtige Mutter zur richtigen Zeit.
    »Sie hat Angst. Sie will nicht, dass jemand sie mit der Polizei sieht«, erklärte Nino Zoppa. »Sie will mit uns zum Campingplatz fahren.«
    »Gut. Ich weiß, wo der ist.«
    Da ertönte Motorengeräusch und Kies knirschte. Erschreckt riss die Fremde die hintere Wagentür auf, ließ sich auf den Sitz fallen und duckte sich.
    Nore Brand nickte Nino zu. Sie stiegen ein und fuhren rasch los. Im Rückspiegel sah Nore Brand, dass die Frau sich versteckt hielt, solange sie sich in der Nähe des Hotels befanden. »Nach Dorf und dann rechts zum See«, kam es vom Rücksitz, als sie vor der Kreuzung abbremste.
    Nore Brand
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