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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd
Autoren: Marijke Schnyder
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wolle sich nicht ›einmischen‹. ›Ich bin dazu nicht ausgebildet‹, hatte er gesagt. Und der Hoteldirektor hatte Angst. Doktor Fischer? Der war ein Metzger. Kein Mörder. Arrogant. Ein Gott in Weiß, dem niemand das Wasser reichen konnte.
    »Jelena hat sich in Gefahr begeben, um uns etwas mitzuteilen.«
    Nore Brand sah das Gesicht der Fremden vor sich.
    »Sie hat solche Angst.«
    »Es geht hier um Frau Ehrsam und nicht um Jelena Petrovic.«
    »Sie versucht der Toten zu helfen und wir sollten das auch.«
    »Der Toten helfen?«
    »Ja, doch, das können wir! Auch wenn sie davon nicht wieder lebendig wird!«
    Nore Brand atmete langsam aus. Nino Zoppa hatte den ersten Test bestanden. Er war ein Grünschnabel, aber sie spürte seine Leidenschaft. Ohne sie ging nichts in dieser Arbeit.
    Jacques hatte kurz gestaunt. »Bei der Polizei? Du?« Dann hatte er sie eine Weile schweigend angeschaut. »Doch. Das passt. Du bist eine Romantikerin.«
    Nore wusste nicht, was er damit meinte.
    »Du willst, dass die Welt«, er suchte nach Worten, »dass die Welt heil ist, oder? Also bist du eine Romantikerin. Sonst habe ich nichts davon begriffen.«
    Nore Brand versuchte zu erklären. Es begann immer mit einem unbekannten Opfer. Im Verlauf der Ermittlungen entstanden Bilder, irgendwann begannen diese sich zu bewegen, das Opfer wurde wieder lebendig, es entstand ein Lebensfilm und mit dem Lebensfilm wuchs ihre Verantwortung für diesen Menschen, der nicht mehr war. In dieser Weise versuchte sie sich zu erklären, aber sie mochte die großen Worte nicht. Sie sprach nicht von Gerechtigkeit und ihre Erklärungsversuche misslangen regelmäßig.
    Sie schaute Jacques an. Er hörte ihr gar nicht zu. Er lächelte bloß. Sie hätte irgendetwas sagen können.
    Kurz vor den ersten Häusern des Dorfes trieb ein Bauer seine Kuhherde über die Straße. Plötzlich scherte eine Kuh aus und rannte auf ihren Wagen zu. Nino Zoppa stieß einen erschreckten Laut aus.
    »Keine Angst«, sagte Nore Brand.
    Ein Mädchen in einer viel zu großen Windjacke näherte sich langsam von der Straßenseite. Als sie bei der Kuh stand, packte sie diese mit einem festen Griff beim Glockenriemen und zog sie zur Herde zurück. Diese Kühe mit ihren hohen, ungelenken Beinen.
    Nino Zoppa atmete auf. »Haben Sie gewusst, dass Kühe so groß sind?«
    »Ich bin mit Kühen aufgewachsen. Mein Onkel war Tierarzt. Ich habe ihn oft begleitet, wenn ich nicht in die Schule musste.«
    »Ach so«, entfuhr es Nino Zoppa.
    »Jelena Petrovic ist eine schöne Frau«, sagte Nore Brand übergangslos.
    Sie spürte, dass er verlegen wurde. »Wenn Jelena älter wäre, alt und …«, sie zögerte etwas, »… und nicht mehr schön, würde das etwas ändern? Ich meine …«
    »Nein.« Nino Zoppa war empört.
    »Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen?«
    Er fuhr sich über den kahlen Schädel. »Vielleicht«, sagte er.
    »Warum sind Sie bei der Polizei?«
    Nino Zoppa grinste. »Sicher nicht, weil das mein Traumjob ist. Erwarten Sie etwa Ideale?« Er schaute zu den Berghängen hinauf. »Ich bin nicht so wie Sie.« Nach einer Pause sprach er weiter. »Ich will heiraten, also muss ich Geld verdienen. Mindestens so viel wie meine Freundin. Ich habe lange gesucht. Ein Kollege wusste, dass die Polizei nicht schlecht bezahlt. Und ich nichts wie hin!«
    Ach ja, er musste cool scheinen. Leidenschaft war uncool. Fast hätte sie das vergessen.
    Nino Zoppa grinste und rollte mit den Augen. »Dann dachte ich mir, die warten doch auf so einen tollen Kerl. Eine Prise Spannung im Leben ist keine schlechte Sache. Eine kleine Verfolgungsjagd ab und zu. Aber mit Ihrem Kahn da sicher nicht. Hätte man so einen nicht längst aus dem Verkehr ziehen müssen? Was ist das überhaupt?«
    »Ein Volvo. Qualitätswagen. Für Generationen. Auch ich habe ein Markenbewusstsein.«
    Sie warf einen Blick auf seine Basketballschuhe. »Jeder Fuß unter 30 steckt im selben Schuh, oder nicht?«
    »Auch das für Generationen, Sie werden sehen. Aber warum ausgerechnet orange? Das ist ja grauenhaft.«
    »Jede Frau braucht ihr Geheimnis.«
    Er grinste unverschämt.
    Sie ahnte, was in seinem Kopf vorging. Auch er also ein Opfer seiner Hormone. Natürlich.
    »Sie erinnern mich an einen Onkel. Der verliebte sich immer in mehrere Frauen zugleich und er glaubte, die Lösung seines Problems liege darin, Mormone zu werden. Entscheiden konnte er sich nie, und eine Frau enttäuschen schon gar nicht. Er war ein sehr weicher Mensch. Außerdem
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