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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd
Autoren: Marijke Schnyder
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war es immer sein Wunsch gewesen, in die USA auszuwandern.«
    Nino Zoppa schaute sie verständnislos an.
    »Als er drüben war, erhielt er den Marschbefehl. Er musste in den Koreakrieg.«
    Er schüttelte verständnislos den Kopf. »Ich brauche nur eine Freundin zur selben Zeit.«
    »Darum geht es auch gar nicht. Er war kahl. Geschoren für den Kampf.«
    Er legte seine Hände auf seinen kahlen Kopf. »Sie mögen das nicht?«
    »Sie werden sich noch erkälten. Hier oben ist es kalt und es kann rasch noch viel kälter werden. Wo kommen wir denn hin, wenn die ganze Polizei krank ist? Bärfuss ist erkältet und Bucher ist verschnupft.«
    »Und jetzt meinen Sie, dass auch ich mir den Tod hole!« Nino Zoppa lachte. »Und? Lebt er noch?«
    »Wer?«
    »Ihr Onkel in Amerika.«
    »Ja. Es scheint ihm gut zu gehen.«
    »Und keine Erkältung hat ihn wirklich kaltgemacht«, stellte er fest.
    »Auch kein Krieg.«
    »Und er hat zwei Frauen?«
    »Nein, das hat er nicht geschafft.«
    »Dann hat ihm das Ganze nichts gebracht. Armer Kerl.«
    »Die Rente ist dort drüben auch viel zu klein für solche Späße.«
    »Also bringt auswandern auch nichts«, murmelte Nino Zoppa befriedigt. »Dazu hätte ich sowieso keine Lust. Ich war mal dort. Mit meinen Eltern. Aber Amerika ist nur in den Filmen so, wie ich es mag.«
    Das Kriegsbeil schien vorerst begraben.
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    1 Schweizerisch für Tunichtgut

DORFPOLIZIST BUCHER WILL
SEINE RUHE
    Bucher hatte seine Bleistifte gespitzt und in die Schublade zurückgelegt, schön ordentlich nebeneinander, Spitzhöhe auf Spitzhöhe. Vorsichtig schloss er die Schublade. Nach einem Blick auf die Wanduhr begann er unverzüglich seinen Schreibtisch aufzuräumen; in einer halben Stunde war Feierabend. Er seufzte erleichtert. Er spitzte seinen kleinen, runden Mund und pfiff die ersten paar Takte seines Lieblingsmarsches. Als es an die Tür klopfte, setzte er sich aufrecht hin, nahm den Kugelschreiber aus der Brusttasche und legte rasch ein Dokument vor sich auf den Tisch. Er schätzte es gar nicht, wenn man ihn so knapp vor Feierabend bei seinem Tagesabschlussritual störte. Die Tür flog auf. Er grunzte missbilligend. Noch weniger schätzte er es, wenn man nicht auf sein ›Herein‹ wartete. Als Nore Brand eintrat, verfinsterte sich sein Gesicht.
    Sie blieb im Türrahmen stehen. »Sie haben doch ›herein‹ gesagt, nicht wahr?«
    »Nein, das habe ich nicht«, antwortete er unfreundlich. »Mein Gehör«, er deutete auf seine Ohren. »Der Kanton kann sich nicht einmal Hörapparate für ältere Polizisten leisten. Finanzkrise, heißt es immer.«
    Nore Brand schloss die Tür hinter sich und trat auf seinen Schreibtisch zu.
    Polizist Bucher schaute sie wütend an. »Sehen Sie nicht? Ich habe zu tun. Kommen Sie morgen wieder.«
    Nore Brand blieb vor seinem Tisch stehen und legte die Hand auf den Telefonapparat. »Darf ich rasch telefonieren?«
    Bucher lehnte sich in seinem Stuhl zurück und starrte sie aus zusammengekniffenen Äuglein an. »Die Post hat auch einen Apparat.« Er klopfte mit dem metallenen Schreiber einen ungeduldigen Takt auf die Tischplatte.
    »Der ist besetzt.«
    »Und Sie haben kein Handy?«
    »Es ist kaputt und neue Handys gibt es erst wieder, wenn das Geld reicht. Finanzkrise, Sie haben es eben erwähnt.«
    »Wen wollen Sie anrufen?«
    »Den Chef. Bericht erstatten. Er wird sich zweifellos freuen, dass wir nicht vergeblich gekommen sind.«
    Bucher zuckte zusammen.
    Nore Brand nahm den Hörer auf. »Ich habe heute etwas von vergeudeten Steuergeldern gehört. Aber meine Arbeit beginnt meistens erst richtig nach fünf. Kriminelle kennen keinen Feierabend.«
    Da schoss Bucher aus seinem Sessel hoch, riss ihr den Hörer aus der Hand und knallte ihn auf den Tisch.
    Sein Gesicht war gefährlich rot geworden.
    Nore Brand beugte sich über den Schreibtisch. »Entweder Sie packen jetzt aus oder ich …«
    »Auspacken?« Bucher stützte sich auf den Tisch. »Ich soll auspacken? Was denn? Ich bin hier der Polizist. Ich habe gar nichts auszupacken.« Er atmete schwer, als er sich wieder hinsetzte. »Bitte lassen Sie mich endlich in Ruhe arbeiten.«
    Nore Brand trat einen Schritt zurück. Sie ließ ihn nicht aus den Augen. »Sobald Sie mir alles gesagt haben, was Sie wissen, lasse ich Sie in Ruhe.«
    »Ich weiß nichts, gar nichts.«
    Nore Brand hielt ihren Blick auf ihn gerichtet und wartete. Die Wanduhr hämmerte Schlag um Schlag in die Stille.
    Nach dem fünften und letzten Schlag zog Bucher ein großes
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