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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd
Autoren: Marijke Schnyder
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haben.«
    »Das nehme ich an.«
    »Ich lasse mich versetzen, und zwar so schnell wie möglich.«
    »Ich werde Sie nicht daran hindern.« Sie spürte seinen fassungslosen Blick.
    »Was tun wir in diesem Kaff?«, fragte er schließlich.
    »Einen Fall lösen.«
    Nino räusperte sich. »Meine Mutter sagte immer, ›Beim nächsten Mal setzt es etwas ab‹, wenn ich zu spät war.«
    Mütter. Gab es tatsächlich nichts Neues unter der Sonne?
    »Im Unterschied zu Ihnen gab sie mir immer wieder eine Chance.«
    Nore Brand schwieg.
    »Sie hat in einem Kurs gelernt, dass manche Menschen länger brauchten, um sich in die Strukturen der Gesellschaft einzufügen. Erziehung hängt immer ab von individuellen Entwicklungsprozessen.«
    Das war also Nino Zoppa, das Wunderkind, das man ihr zugeteilt hatte.
    Eine Gruppe von älteren Wanderern hastete wie eine aufgeregte Hühnerschar über die Straße, Richtung Bergbahn Betelberg.
    »Erziehung?«, wiederholte sie. »Sie sind bei der Polizei und nicht in der Kindertagesstätte.«
    Nore Brand spürte, wie sich eine riesige Gedankenblase über seinem Kopf auftürmte.
    Dumme Kuh!, schrien die gezackten Buchstaben.
    Sie fuhr auf den freien Parkplatz vor dem Polizeibüro.
    In der Kantine hatte sie erfahren, dass dieses Bürschchen an ihrer Seite die beste Aufnahmeprüfung für die Polizeischule gemacht hatte. Vielleicht würde sie einmal erfahren, wie das möglich gewesen war.
    Nino Zoppa hatte das Schild entdeckt. »Die haben hier oben ja selbst eine Polizei. Können die ihren Mist nicht selbst erledigen?«
    Nore Brand stellte den Motor ab. »Wenn man die Straße da weiterfährt, zweigt ein kleiner Weg ab und etwa 100 Meter weiter liegt der Lenkersee. Dort wurde letzten Samstagmorgen die Leiche einer Frau gefunden. Deshalb sind wir da.«
    Sie öffnete die Tür und stieg aus. Sie stand bereits auf der obersten Stufe, als Nino Zoppa beide Füße neben das Auto setzte. Der Gemeindepolizist Bucher öffnete die Tür. Er betrachtete sie misstrauisch, bevor er sie grüßte.
    »Herr Bucher?«, fragte sie.
    »Brand?«, fragte er mit zusammengekniffenen Augen zurück.
    Sie trat einen Schritt näher, damit sie auf ihn hinunterschauen konnte. Das half manchmal.
    »Kommissarin Brand?«
    Sie war nicht Kommissarin, aber sie ließ ihn im Glauben. Bärfuss hatte sie bei jeder Gelegenheit als Kommissarin Brand vorgestellt. Nie hatte jemand nachgefragt und Nore Brand hatte keine Lust mehr, die Sache von A bis Z zu erklären.
    »Der Chef wollte mir doch Bärfuss schicken, den Bastian.«
    »Der hat sich erkältet.«
    »Erkältet? Bärfuss erkältet? Hat der keine besseren Ausreden mehr?«
    Sein Gesicht sah ungesund aus, gerötet und aufgedunsen. Dieser Mann hieß sie nicht willkommen, so schob sie sich an ihm vorbei in den Raum hinein.
    Als Bucher die Tür hinter ihr schließen wollte, schob sich ein großer Basketballschuh zwischen Tür und Angel. Verdutzt öffnete Bucher die Türe nochmals, worauf der kahle Kopf von Nino Zoppa hoch über ihm erschien.
    Bucher starrte ihn von unten herauf feindselig an.
    »Das ist Nino Zoppa. Mein Assistent«, sagte Nore Brand.
    »Assistent? So, für Assistenten reicht das Geld also? Und meinen Kollegen haben sie nie ersetzt.« Kopfschüttelnd wühlte er sich hinter seinen Schreibtisch, öffnete die oberste Schublade und nahm einen Autoschlüssel heraus. »Ich zeige Ihnen, wo es passiert ist.«
    Buchers Büro roch nach verdorbenem Magen und Angst vor offenen Fenstern.
    Im Augenwinkel sah sie, wie Nino Zoppa sich die Nase zuhielt und nach Luft schnappte.
    Sie kamen vom Regen in die Traufe. In Buchers Wagen roch es nach nassem Hund. Nino Zoppa unterdrückte einen Fluch und klemmte seine Nase wieder zu.
    »Es ist nicht weit«, sagte Bucher knapp. Er warf einen Blick nach hinten. »Sind Sie drin?«
    Ohne die Antwort abzuwarten, fuhr er los. Sie waren längst auf der Straße, als Nore Brand hörte, wie Nino die Tür vorsichtig schloss.
    Wenige Minuten später stand Nore Brand auf dem Holzsteg. Auf der Seite, wo Klara Ehrsam das Gleichgewicht verloren haben sollte, hatte man die Brüstung entfernt. An einer braunen Schnur hing ein Karton. Ein improvisiertes Warnschild. Polizist Bucher war ihrem Blick gefolgt.
    »Das Holz war morsch. Es sollte noch diese Woche repariert werden, aber der Schreiner hatte keine Zeit. Immerhin hat er ein Seil hingehängt«, erklärte Bucher hastig.
    »Wenn keine Klage kommt deswegen, dann haben Sie Glück gehabt«, murmelte Nore Brand. »Aber auch wenn hier
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