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Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade
Autoren: Noah Berg
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erpressen? War das überhaupt Tom, da oben? Der Tom, von dem er dachte, er kenne ihn? Was war denn nur plötzlich in ihn gefahren? Und was, wenn er seine Drohung, die noch immer in Sascha nachhallt, in die Tat umsetzt? Bei diesem Gedanken steigen Panik und Übelkeit in Sascha auf. Am Auto angekommen reißt er die Tür auf, setzt sich hinters Steuer, lässt den Motor an und als er mit durchdrehenden Reifen davonfährt, hat er für einen Augenblick das Gefühl, er könne so der ganzen Situation entfliehen.
     
     
    *
     
     
    In den nächsten Tagen gelingt es Sascha nur mühsam, seinen gewohnten Alltag zu bestreiten. Es fällt ihm schwer sich einzugestehen, dass er sich in Tom getäuscht hat. Er fragt sich, wie er nur so naiv sein konnte, einem Gigolo wie Tom zu vertrauen. Er hat ihm in den vergangenen Monaten immer wieder sein Herz ausgeschüttet und er weiß, dass Tom heute mehr über ihn und sein Innenleben weiß als Anke, seine Ehefrau oder sonst irgendein Mensch. Es hat ihm so unendlich gut getan, sich endlich jemandem anvertrauen zu können. Seine Gedanken kreisen immer wieder um dieselben Fragen. Er versucht sich die gemeinsam erlebten Momente mit Tom wieder und wieder in Erinnerung zu rufen, um zu erkennen, wo er hätte stutzen müssen, wo er hätte misstrauisch werden müssen. Die Vorstellung, Tom könne eines Tages seine Drohung, diese unsägliche Drohung, wahr machen, ist für ihn so unerträglich, dass er sie mit allen Mitteln zu verdrängen sucht. Die Arbeit in seinem Büro gewährt ihm dankbarer Weise einen festen Rahmen, an den er sich nun klammern kann und der seine Tage in feste Bahnen lenkt. Außerdem bietet die Arbeit ihm ein wenig Ablenkung. Die Stimmung zwischen Anke und ihm ist unverändert mies und so verbringt er an den Abenden weiterhin viele Stunden allein im Büro, lange nachdem Isabel schon nach Hause gegangen ist.
    An diesem Nachmittag kehrt er von einem Kundenbesuch ins Büro zurück. Die Hitze liegt immer noch wie eine Glocke über der Stadt und reizt Sascha allmählich zusätzlich. Er ist froh, als er sein klimatisiertes Büro betritt und ihn eine angenehme Kühle empfängt.
    „Sollte der Kunde uns den Zuschlag geben, stehen uns anstrengende Wochen bevor, Isabel“, begrüßt er seine Assistentin, während die Glastür hinter ihm ins Schloss fällt. „Das ist übrigens der reinste Brutkasten da draußen.“
    „M-hm, kann man wohl sagen, Chef“, erwidert Isabel, während sie sich ihm kaugummikauend halb zuwendet, dabei aber die Augen nicht von ihrem Monitor nimmt und mit geübten Fingern die Tastatur bearbeitet. Er wirft ihr einen Blick zu. Er sieht ihr wirres Haar, das unmöglich zu bändigen sein scheint, ihre etwas streng wirkende Kleidung, die ihn an die Mode der sechziger Jahre erinnert, die zu groß für ihr Gesicht wirkende, schwarz umrandete Hornbrille und ihre sich unentwegt bewegenden Kiefer. Er denkt, wie so oft, dass irgendwie nichts an Isabel so richtig zusammen passen will und weiß auch, dass gerade dieses unbestimmte Gefühl und ihre unkonventionelle Art, Gründe dafür waren, warum er sie damals eingestellt hat. Er mochte sie auf Anhieb.
    „Gab es irgendetwas Wichtiges?“, fragt er auf dem Weg in sein Büro.
    „Die Anrufliste liegt bereits auf Ihrem Schreibtisch, Chef“, ist die schnelle Antwort Isabels und als er sein Büro betritt und die Tür schließen will, fügt sie noch hinzu: „Und dann war da noch ein gewisser Tom.“
    Sascha erstarrt, sieht zu Isabel, deren Aufmerksamkeit immer noch dem Bildschirm vor ihr gilt und er braucht einige Sekunden bis er fragen kann: „Tom hat angerufen?“, wobei er versucht, seiner Stimme einen beiläufigen Tonfall zu geben.
    Isabel schüttelt langsam den Kopf, mehr auf ihre Arbeit konzentriert, als auf das Gespräch mit ihm. Dann sieht sie ihn schließlich doch an. „Der war persönlich hier. Ich bin froh, dass Sie wissen, von wem ich rede. Er hat mir seinen Nachnamen nämlich nicht genannt“, antwortet sie mit leicht irritiertem Blick. „Alles in Ordnung, Chef?“, fragt sie mit einem Anflug leichter Besorgnis in der Stimme. „Sie sind irgendwie blass um die Nase.“
    „Äh, ja. Alles in Ordnung“, erwidert er.
    Er bemerkt einsetzenden Schwindel und ihn überkommt das dringende Bedürfnis sich hinzusetzen.
    „Hat er gesagt, was er wollte?“
    „Nein. Ich soll Ihnen nur ausrichten, dass er hier war.“
    „Okay, sonst noch was?“, fragt Sascha mit rauer Stimme.
    „Nein, das war alles.“
    Während Sascha die Tür
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