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Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade
Autoren: Noah Berg
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kann.
    „War das jetzt deutlich genug, Sascha? Ist das jetzt angekommen?“, fragt Tom nun anscheinend ungeduldig.
    Sascha kann seinen Blick nicht von der Couch lösen, auf der Tom gerade noch gesessen hat. Er versucht Tom zu antworten, bekommt aber keinen Ton heraus. Er räuspert sich und setzt erneut an:
    „Das meinst du nicht ernst.“
    „Mir war selten etwas ernster“, entgegnet Tom, der nun auf den Sessel zugeht, auf dem Sascha noch wie vom Donner gerührt sitzt. Bei diesem angekommen, geht er in die Hocke, legt eine Hand auf Saschas Knie und sieht ihn scheinbar mitleidig an.
    „Ich bin kein Unmensch, Sascha. Sagen wir, eintausend Euro im Monat? Hältst du das für angemessen?“
    „Für angemessen?“, fragt Sascha ungläubig.
    Er hat die Kontrolle über seine Gliedmaßen wiedererlangt und steht abrupt aus dem unbequemen Sessel auf, wobei er Tom umstößt, der sich flink mit der freien Hand auf dem Teppich abfängt. Sascha geht eilig auf die Terrassentür zu, bleibt dort stehen und dreht sich dann zu Tom um, der sich zwischenzeitlich wieder aufgerichtet hat. Er kann es immer noch nicht fassen, was sich hier gerade abspielt.
    „Du musst verrückt sein, wenn du glaubst, dass ich mich darauf einlasse!“, schleudert er Tom wütend entgegen.
    „Nun, es liegt an dir Sascha, worauf du dich einlässt“, räumt Tom ein. „Du kannst entweder deine monatlichen finanziellen Verpflichtungen ein wenig höher ansetzen oder ab sofort dein Leben neu sortieren. Als dann endlich geouteter Homosexueller, meine ich.“
    Während er das sagt, steht er mit halb angewinkelten Armen und offenen Handflächen da, als seien sie Waagschalen, so, als wolle er prüfen, welche Seite schwerer wiegt.
    Er zieht geräuschvoll die Luft durch die Zähne und schüttelt dabei langsam den Kopf.
    „Anke wird es gar nicht gefallen wenn sie erfährt, dass sie einem Schwulen aufgesessen ist. Dass ihr Mann in Wahrheit Schwänze lutscht. Und das mit einer Wonne, die sie wahrscheinlich von dir im Bett nie erfahren durfte. Habe ich nicht recht?“, verhöhnt ihn Tom belustigt.
    Sascha sieht plötzlich Anke vor sich, wie diese sich am Abend vor dem Spiegel stehend das lange, dunkle Haar ausgiebig bürstet, wie sie Pia auf ihrem Arm in den Schlaf wiegt, wie sie ihn nach dem Aufwachen am Morgen aus verschlafenen Augen ansieht.
    „Wage es nicht, so von Anke zu reden!“, ruft Sascha aufgebracht.
    „Ups, da habe ich wohl einen wunden Punkt getroffen. Tut mir leid, Sascha. Tut mir wirklich leid“, lacht Tom auf.
    Sascha muss raus hier. Raus aus dieser Wohnung, in der ihm plötzlich die Luft zu dick zum Atmen erscheint. Und er muss weg von Tom, bevor er sich vergisst.
    „Spar’ dir das, Tom“, sagt er mit belegter Stimme.
    Während er sich auf den Weg zur Tür macht, ruft er laut und ohne sich zu Tom umzudrehen:
    „Du bekommst keinen Cent von mir!“
    An der Tür angekommen, reißt er diese auf und dreht sich dann doch noch einmal zu Tom um.
    „Am besten versuchst du es bei einem deiner anderen Kunden. Bei mir bist du definitiv an den Falschen geraten!“, schleudert er Tom noch entgegen.
    „Das werden wir noch sehen, Sascha. Das werden wir noch sehen!“, lacht Tom auf und es ist das Letzte, was Sascha hört, bevor die Tür geräuschvoll hinter ihm ins Schloss fällt.
    Er stürzt auf den Fahrstuhl zu und ist dankbar, dass dieser mit geöffneten Türen nur auf ihn zu warten scheint. Sascha kommt es wie eine Ewigkeit vor, bis sich die Türen hinter ihm schließen und als es endlich soweit ist, sinkt Sascha mit dem Rücken an die Fahrstuhlwand gelehnt in die Knie. Er schlägt die Hände vors Gesicht und atmet langsam ein und aus.
    Als sich im Erdgeschoss kurze Zeit später die Fahrstuhltüren wieder öffnen, kostet es Sascha größte Überwindung, sich aus der Hocke wieder zu erheben. Nur die Angst, die Türen könnten sich jederzeit wieder schließen und der Fahrstuhl könnte ihn erneut mit auf seine nächste Reise durchs Haus nehmen, lässt ihn schließlich aufstehen und mit schweren Schritten das Haus verlassen. Auf dem Weg zum Auto bemerkt er, dass er am ganzen Körper zittert. Krampfhaft versucht er seine Gedanken zu sortieren, aber es will ihm nicht gelingen. Tausend Dinge schwirren ihm durch den Kopf, während er immer noch versucht, sich einen Reim auf das zu machen, was da gerade in Toms Wohnung geschehen ist. Es erscheint ihm so unglaublich surreal. Hat Tom, den er doch mag und dem er vertraut, gerade tatsächlich versucht, ihn zu
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