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Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade
Autoren: Noah Berg
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die Ohren schlägt!“
    Ihr Ton ist spitz und fordernd und als Sascha zu seiner Frau aufsieht, sieht er nicht nur ihren Ärger, der offensichtlich ist, sondern auch die Verletztheit, die sich auf ihrem Gesicht ausgebreitet hat. Er weiß, dass er jetzt genau zwei Möglichkeiten hat. Er kann sich entschuldigen und versuchen, sie zu besänftigen, oder er kann versuchen, den Spieß umzudrehen und ihr ein schlechtes Gewissen zu machen.
    Der Grund dafür erschließt sich ihm in diesem Moment selber nicht, aber er entscheidet sich für
    die zweite Möglichkeit.
    „Was ist los, Anke? Soll ich mich als erwachsener Mann dafür entschuldigen, dass ich heute Nacht
    erst spät zu Hause war? Soll ich mich bei dir dafür entschuldigen, dass ich in Tom einen guten Freund gefunden habe? Gönnst du mir das nicht? Soll ich neben dir keine anderen Götter haben? Bist du eifersüchtig, oder was ist eigentlich los?“, explodiert er förmlich und lautstark knallt er das Brötchenmesser auf den Tisch, was Pia erschreckt aufblicken lässt.
    „Alles in Ordnung“, sagt er sofort in sanfterem Tonfall zu seiner Tochter und tätschelt sanft ihr Händchen.
    Herausfordernd schaut er dann zu Anke, die immer noch mit ihrem Kaffeebecher in der Hand am Küchenfenster steht und zu ihnen hinüber sieht.
    „Das ist nicht der Punkt, Sascha. Und das weißt du!“, sagt Anke aufgebracht.
    „Was ist dann der Punkt, Anke? Verrätst du es mir?“
    „Der Punkt ist, dass du Tom nun schon seit einem Jahr triffst, immer erst mitten in der Nacht nach Hause kommst wenn du ihn getroffen hast und ich keine Ahnung habe, wer er eigentlich ist!“
    „Ich habe dir erzählt, wer er ist!“
    „Der Sohn eines Kunden. Ja, ich weiß“, lacht Anke bitter auf.
    „Ja, genau. Der Sohn eines Kunden“, bestätigt Sascha verärgert.
    Anke schüttelt den Kopf.
    „Weißt du was, Sascha? Lassen wir es einfach! Du willst mich nicht verstehen!“
    Schnurstracks kommt sie auf den Tisch zugelaufen, nimmt Pia aus ihrem Hochstuhl heraus und verlässt mit ihr auf dem Arm die Küche.
    Sascha bleibt alleine zurück und angewidert legt er das Brötchen zurück auf den Teller. Der Appetit ist ihm vergangen.
    Als er sie außer Hörweite weiß, sagt Sascha in leisem und traurigem Tonfall in den leeren Raum hinein: „Nein, Anke. Du hast keine Ahnung, wie gut ich dich verstehe und wie leid es mir tut.“
    Und sein schlechtes Gewissen, sie in eine solche Lage gebracht zu haben, wird fast übermächtig.
     
     
    *
     
     
    In der darauf folgenden Woche gehen sich Sascha und Anke weitestgehend aus dem Weg.
    Anke hat Pia für diese Woche zu ihren Eltern gebracht. Ohne mit Sascha vorher darüber zu reden. Bei der eisigen Stimmung die nun zwischen ihnen Einzug gehalten hat, hat er es nicht fertig gebracht, ihr deshalb Vorwürfe zu machen. Er weiß, er müsste bei sich selbst anfangen, wenn er mit Vorwürfen um sich schlagen will. Anke hat jeden Abend außer Haus verbracht. Sie hat ihm nicht gesagt, wohin sie geht, oder mit wem sie unterwegs ist. Aber auch hier hat er geschwiegen. Er hat sich stattdessen mehr als es nötig gewesen wäre in seiner Arbeit vergraben und ist immer erst spät aus dem Büro heimgekehrt.
    Es ist schon nach neun, als Sascha an diesem Abend vor Toms Haus vorfährt und er freut sich auf das heutige Treffen mit ihm. Anke war auch heute nicht zuhause bevor er aufbrach, was ihm die Situation erleichterte.
    Als er mit dem Fahrstuhl im Dachgeschoss ankommt und aussteigt, steht Tom zum ersten Mal nicht in der Tür, um ihn zu begrüßen. Kurz ist Sascha irritiert. Er geht auf die offen stehende Tür zu, klopft beim Eintreten kurz mit den Fingern dagegen und ruft:
    „Hallo?“
    Er schließt die Tür hinter sich und nach wenigen Schritten sieht er Tom, der auf der Couch sitzt.
    Er kritzelt irgendetwas auf einen Block und sieht nur kurz zu Sascha auf. Zu dessen Enttäuschung trägt Tom heute Abend lange, dunkle Jeans und ein schlabberiges, ausgewaschenes T-Shirt.
    „Komm rein“, ist Toms knappe Begrüßung und der Ton in seiner Stimme wirkt dabei ungewohnt unterkühlt und distanziert.
    Saschas Irritation wächst mit jedem Schritt, den er auf Tom zumacht.
    „Was machst du?“, fragt er Tom.
    Dieser schüttelt kurz den Kopf, legt dann fahrig Stift und Papier neben sich auf die Couch, so als wäre er gerade bei etwas immens Wichtigem gestört worden und sieht wieder zu Sascha auf.
    „Setz dich“, sagt er als nächstes und es klingt in Saschas Ohren zu sehr nach einem Befehl, als
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