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Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)

Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)

Titel: Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)
Autoren: Kerstin Gier
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EINS
    »Love is in the air«, schrieb ich und kaute am Stift. Was für eine geniale erste Zeile. Ich schreibe immer Songs oder Gedichte, wenn ich inspiriert bin. Und heute war ich offenbar besonders inspiriert.
    »Gibt es schon«, sagte Valerie neben mir.
    »Was?«
    »Love is in the Air gibt es schon«, wiederholte Valerie und summte leise eine Melodie.
    »So ein Mist«, sagte ich. Irgendwie scheint es alles immer schon mal irgendwo gegeben zu haben. Das ist frustrierend, oder nicht?
    »Geometrie is in the air«, sagte Valerie und kicherte. »Das gibt’s garantiert noch nicht. Wetten, du musst gleich wieder an die Tafel?«
    Plötzlich war ich gar nicht mehr inspiriert.
    »Ein Rechteck ist sieben Komma fünf Zentimeter breit und drei Komma fünf Zentimeter lang«, sagte das Gürteltier, unsere Mathelehrerin. Sie malte das Rechteck an die Tafel. »Wie lang ist ein Rechteck gleichen Inhalts, das zehn Zentimeter breit ist?«
    Woher sollte man das denn wissen? Und vor allem – wozu?
    Das Gürteltier drehte sich zu uns um. »Na?«, fragte es aufmunternd. »Wer will nach vorne kommen?«
    Keiner meldete sich, nicht mal Jakob, das Mathegenie, obwohl er ganz sicher hätte punkten können. Meinrad Sost bohrte wieder mal in der Nase, das Nebelding schrieb eine SMS, Lena und Kati flüsterten miteinander, Simon Drücker war offensichtlich eingeschlafen und der Rest der Klasse guckte aus dem Fenster oder an die Decke.
    »Sissi«, sagte das Gürteltier und warf mir die Kreide zu.
    Ich fing sie seufzend auf. Das war eine neue Taktik vom alten Gürteltier, mich ständig an die Tafel zu rufen. Wahrscheinlich dachte es, ich würde endlich wieder besser in Mathe werden, wenn ich mich nur oft genug blamierte.
    Das Gürteltier glaubte nämlich steif und fest, ich wäre nur zu faul und zu störrisch, um Geometrie zu begreifen, es wollte und konnte nicht akzeptieren, dass Mathe einfach zu hoch für mich war. Geometrie sah zwar auf den ersten Blick viel leichter aus als diese Prozent-und Zinssache, aber in Wirklichkeit war es weitaus heimtückischer. Mit Faulheit hatte das nichts zu tun. In den anderen Fächern war ich nämlich genauso faul und verstand trotzdem noch alles, vorausgesetzt, ich hörte zu, was – je nach Lehrer – nicht immer so einfach ist. Dass ich da auch schlechtere Noten bekommen hatte, hat im Grunde nichts zu sagen, die Lehrer nehmen es einem nur übel, wenn man seine Hausaufgaben nicht macht oder sich anmerken lässt, wie langweilig man ihren Unterricht findet.
    Aber das sah das Gürteltier natürlich ganz anders. Auf dem letzten Elternsprechtag hat es meiner Mutter gesagt, ich sei auf dem besten Wege »abzustürzen«, wenn es, also das Gürteltier, das nicht gemeinsam mit meiner Mutter verhinderte. Meine Mutter fährt leider auf dramatische Formulierungen ab und das Wort »abstürzen« hat sie in höchste Alarmstufe versetzt. Sie hat Papa am Telefon angebrüllt, jetzt hätten sie den Salat, das seien die Spätfolgen der Scheidung, sie habe immer gewusst, dass es so kommen müsste, und das sei alles nur seine Schuld, weil sie Vollzeit arbeiten gehen müsse und mich somit nicht mehr unter Aufsicht habe. Nun sähe man ja, wohin das führe. Völlig hysterisch, die Gute.
    Ich wüsste zu gern, wie sie sich noch steigern will, wenn ich erst mal mit Jungs, Schuleschwänzen und Drogen anfange.
    Die erste Gegenmaßnahme, die das Gürteltier und meine Eltern ergriffen, um meinen sogenannten Absturz zu verhindern, waren Nachhilfestunden. Das Gürteltier hatte jemanden aus der Zehnten für mich engagiert. Ich konnte nur hoffen, dass es nicht die bebrillte Ziege war, die einen immer vollmeckert, wenn man die Abkürzung durch den Mittelstufenraum nimmt und sich nicht die Schuhe abputzt. Die sieht nämlich aus, als sei sie gut in Mathe.
    »Ich und meine Kollegen werden Sissi vermehrt unsere Aufmerksamkeit schenken«, hatte das Gürteltier außerdem verkündet und meine Mutter hatte gestrahlt.
    »Ich bin ja so froh, dass Sissi so eine engagierte Lehrerin wie Sie hat, liebe Frau Gürteltier«, hatte sie gesagt. Frau GÜRTELTIER, lieber Himmel! Die arme Frau heißt in Wirklichkeit »Gürteler«, und ich wollte eigentlich nicht, dass sie weiß, wie ich sie getauft habe. Na ja, dazu war es jetzt leider zu spät.
    Ich ging zur Tafel, nahm das Monstergeodreieck in die Hand und sah Hilfe suchend hinüber zu Jakob. Der hielt zwei Finger hoch, also schrieb ich eine Zwei an die Tafel. Dann sah ich wieder zu Jakob hinüber. Jakob schüttelte
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