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MargeritenEngel (German Edition)

MargeritenEngel (German Edition)

Titel: MargeritenEngel (German Edition)
Autoren: Karo Stein
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hinzufügen, dass es mir gefiel, wie er speziell meine Lippen las, aber mir kam der Gedanke, dass ich ihm vielleicht eine Flirtpause gönnen sollte. Gespräche über alltägliche Themen lullten ihn genug ein, dass ich an ihn herankam. Ich wollte ihm unter die Haut gehen. Auf die Haut. Ich wettete, er hatte überall weiche, haarlose Haut. Zumindest sah er danach aus.
    »Wie lange bist du schon Polizist?«, fragte ich neugierig, weil ich nicht wollte, dass sein Blick zu lange von meinem Mund verschwand. Ich wusste, dass er hinsah, um zu verstehen, was ich sagte, aber das war mit Abstand die erotischste Form der Kommunikation, die ich je erlebt hatte. Eine ganz neue Erfahrung für einen Kerl wie mich, der normalerweise nur seinen Körper sprechen ließ. Harte Körper, die sich aneinander rieben. Die beide das Gleiche wollten. Kein Platz für Missverständnisse. Kein Bedarf für Worte.
    Sebastian schüttelte den Kopf und das Thema schien ihm ein wenig unangenehm zu sein, so wie er sich auf seinem Stuhl wand. Mein Partner versuchte, meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, aber ich ignorierte ihn absichtlich.
    Sebastian befeuchtete sich die Lippen und biss wieder darauf. »Ich bin offiziell kein Cop. Ich bin nur ehrenamtlicher Polizist. Ich hab' die Ausbildung, aber ich kann keinen Streifendienst machen, weil ich taub bin. Ich werde bezahlt, aber... nur Schreibtischarbeit für mich.« Er schien das zu bedauern und das konnte ich durchaus verstehen. Es hatte mal eine Zeit gegeben, in der allein der Gedanke, dass ich vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche an einen Schreibtischstuhl gefesselt sein könnte, mir kalte Schweißausbrüche verursacht hatte. Das war allerdings gewesen, bevor ich angeschossen worden war.
    »Tut mir leid«, sagte ich, bevor ich merkte, dass er mich nicht ansah, mich also gar nicht hören konnte. Es gab eine Freiwilligentruppe in New York und ich hatte ein paar Mal mit ihnen zu tun gehabt. Sie waren ausgebildet wie normale Polizisten, aber sie waren komplett ehrenamtliche Mitarbeiter, wurden auch nicht bezahlt und durften keine Waffen tragen. Soweit ich wusste, gab es das in DC nicht. Ich denke der Grund, warum Sebastian bezahlt wurde, waren seine Fähigkeiten, die er über die ehrenamtliche Tätigkeit hinaus mitbrachte – wie das Lippenlesen, das er so exzellent beherrschte.
    Er sprach weiter, als wäre das Gespräch nie von mir unterbrochen worden. »Ich arbeite außerdem für die Kooperation für und mit Taubstummen . Die können immer jemand wie mich gebrauchen. Und ich kann so gut Lippenlesen, dass ich ein paar anderen Abteilungen beim Sichten von Überwachungsvideos helfen kann. Fällt mir selbst bei Videos mit schlechter Qualität leicht. Wenigstens das kann ich.«
    Bei diesen Worten lächelte Sebastian ein bisschen und es war ein schöner Anblick. Aus irgendeinem Grund, den ich selbst nicht näher benennen konnte, gefiel es mir gar nicht, Sebastian so traurig zu sehen. Scheiß Regeln. Mussten immer irgendwen aus irgendeinem dummen Grund ausschließen.
    Na schön, Cops mussten in der Lage sein, sich über Funk zu verständigen. Aber es musste doch möglich sein, eine Lösung für jemanden zu finden, der so fähig und begeistert bei der Sache war wie Sebastian.
    Vielleicht konnte ich da ja ein bisschen recherchieren. Zumindest würde mir das einen Grund geben, ihn erneut anzusprechen und ihm zu zeigen, dass ich Interesse an ihm hatte. Oder vielleicht dachte er dann, dass ich meine Nase in Dinge steckte, die mich nichts angingen.
    Aber ich war nicht der Typ, der vor so etwas zurückschreckte, also musste ich einfach abwarten, wie sich das Ganze zwischen uns entwickelte.
    Als Sebastian mich das nächste Mal anschaute, um zu sehen, ob ich das Gespräch weiterführte oder vielleicht auch nur, weil er meine Reaktion abschätzen wollte, senkte ich zum ersten Mal als erster von uns beiden den Blick.
    »Tut mir leid«, wiederholte ich. »Vielleicht ändern sie's ja in absehbarer Zeit...« Beschissene Antwort und am liebsten hätte ich den lahmen Kommentar sofort wieder zurückgenommen. Eine faule Ausrede. Sah mir gar nicht ähnlich, so um den heißen Brei herumzureden. Aber aus irgendeinem Grund wollte ich Sebastian nicht verletzen. Indem ich seine Hoffnungen zerstörte zum Beispiel.
    Wir schwiegen eine ganze Zeit lang, während die anderen weiterspielten – und uns ab und zu vorsichtige Blicke zuwarfen. Schließlich war er es, der die Stille durchbrach.
    »Regeln gibt es aus gutem
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