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MargeritenEngel (German Edition)

MargeritenEngel (German Edition)

Titel: MargeritenEngel (German Edition)
Autoren: Karo Stein
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unausgeteilt und vor jedem der Männer, die um den Tisch saßen, lag ein Bündel kleiner Scheine. Also spielten sie mit richtigem Geld. Na schön. Ich zuckte die Schultern und wappnete mich innerlich schon mal für den unvermeidlichen Ausgang des Abends.
    Thompson platzierte sich mir gegenüber, sodass auf beiden Seiten jeweils zwei Männer zwischen uns saßen. Zu seiner Rechten saß ein Kerl aus der Sexuellen Belästigung – besser bekannt als die Sitte –, der ein billig wirkendes, dunkelblaues Seidenhemd anhatte. Jim. Zu groß für meinen Geschmack und außerdem sowieso ein Top, sofern er schwul war.
    Neben ihm saß ein kleinerer Typ aus dem Drogendezernat. Er hatte braune Haare, ein bisschen Bart am Kinn und eine noch deutlich sichtbare, hellere Linie am Finger, wo vor kurzem noch ein Ehering gewesen sein musste. Steven.
    Hatte noch nie was für Bärte übrig gehabt. Fühlte sich komisch an, wenn man einen geblasen bekam. Geschieden, könnte aber auch ein Spätzünder sein, keine Ahnung. Zu anstrengend für einen One-Night-Stand.
    Auf meiner rechten Seite sah ich einen Kerl vom Raub/Zeugenschutz, der ziemlich starke Ähnlichkeit mit einem Wrestler hatte. Er trug seine lockigen, roten Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und hatte überall Tattoos, die praktisch nach US-Army schrien. Ben. Der Typ Mann, der jede Nacht mit einer anderen leichten Frau schläft und sich am nächsten Tag im Büro mit seinen tollen Eroberungen brüstet.
    Der Mann zwischen Thompson und Ben erhob sich und streckte mir zur Begrüßung die Hand entgegen. Und ich hatte plötzlich das Gefühl, eins dieser Finde-den-Fehler -Rätsel zu sehen. Er war jung, vielleicht Mitte zwanzig und ziemlich blass. Ich war ja schon ein ziemlich heller Hauttyp, aber er war so bleich, dass er beinahe durchscheinend wirkte.
    Seine weiße Haut schimmerte, als würde er von innen heraus leuchten, was seine rabenschwarzen Haare seltsam deplatziert wirken ließ. Als wenn seine Haare und seine Haut nicht zusammengehörten, sondern das Universum sie zusammengemischt hatte, nur um zu sehen, was dabei herauskam.
    Blaue Augen. Eisblau. Oh Scheiße, ich liebe Winter. Er war schlank, aber sportlich, wenn man von den nicht besonders ausgeprägten, aber durchaus vorhandenen Muskeln unter der Haut ausgehen konnte. Wie ein Windhund.
    Sein Gesicht hatte eine erstaunlich offene Mimik, bei der sich in jedem Ausdruck Gefühle widerspiegelten – was definitiv ungewöhnlich für einen Cop war, die von Anfang an beigebracht bekamen, ihre Emotionen zu verstecken. Er trug Stoffhosen und ein beigefarbenes T-Shirt, auf dessen Vorderseite die Aufschrift Du hast vielleicht Ohren, aber du hörst nichts prangte. Seltsam. Vielleicht war er ja Jude. Ich zuckte innerlich die Achseln.
    Im Moment lächelte er mich an. Ich wünschte mir, dass ich ihm gefiel. Dass er sich meine grünen Augen und meine platinblonden Haare mit den selbstgefärbten, violetten Strähnen genau ansah. Dass er von meinem schlanken, muskulösen Körper und meinen einladenden Grübchen fasziniert war.
    Dass er die vielen Tribal-Tattoos bewunderte, die meine Arme und den Hals zierten und die weder von den ausgebleichten, schwarzen Jeans noch von meinem dunkelgrauen, kurzärmeligen Hemd verborgen wurden. Die obersten Knöpfe standen offen und das Hemd saß wie eine zweite Haut an mir. Wünschte mir, dass er die vielen Ringe und Ohrringe anziehend fand, die ich anlegte, wenn ich nicht im Dienst war, um ein bisschen furchteinflößender auszusehen, was durch die Haare und Grübchen immer ein bisschen schiefging – und ja, ich musste mir oft was wegen meines Äußeren anhören.
    Ich schüttelte seine Hand, ließ sie aber nicht gleich wieder los. Das hier eröffnete ganz neue Möglichkeiten. Und dann machte er den Mund auf.
    »Sebastian Sumner, freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Detective Waters.«
    Ich blinzelte ein paar Mal, ziemlich perplex. Seine Stimme klang seltsam. So, als würde sie tief aus seiner Brust kommen, ohne den Umweg über seinen Kehlkopf zu gehen. Keinerlei harte Laute. Keine Satzmelodie oder Betonung. Es klang eher wie das Echo einer Stimme unter Wasser als wie eine richtige Stimme.
    Mir war nicht bewusst, dass ich ihn anstarrte, bis sein Lächeln verblasste und sich seine Stirn runzelte. »Ich bin taub, nicht blöd.« Er nickte in Richtung seiner Hand, die ich noch immer in meiner großen festhielt. Verlegenheit kroch in mir hoch – aber nur für einen kurzen Moment. Immerhin war ich kein grüner Junge
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