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MargeritenEngel (German Edition)

MargeritenEngel (German Edition)

Titel: MargeritenEngel (German Edition)
Autoren: Karo Stein
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jemand, der selten – wenn überhaupt – vor einer Herausforderung zurückschreckte.
    Ich muss wohl nicht extra darauf hinweisen, dass meine Art mich nicht gerade zum Liebling meiner Umwelt machte. Eigentlich hatte ich auch erwartet, dass meine Homosexualität früher oder später zum Thema werden würde und zwar auf eine wenig wünschenswerte Weise.
    Aber ich nahm an, dass das Dezernat noch andere schwule Polizisten außer mir beherbergen musste, nachdem die meisten nur die Schultern gezuckt oder mich dezent darauf hingewiesen hatten, sie nicht zu lange in den Duschräumen anzustarren. Oder sie machten Witze darüber, dass ich sie niemals so betrunken machen könnte.
    Na schön, es war keine Wir-empfangen-unseren-schwulen-Kollegen-mit-offenen-Armen-Begrüßung, aber zumindest war sie freundlich gewesen. Ich hatte weiß Gott schon Schlimmeres erlebt als das.
    Alles in allem hatten sie es gut aufgenommen und ich tat mein Bestes, es ihnen nicht ständig unter die Nase zu reiben. Ich meine, schwul zu sein war sowieso nicht meine herausragendste Charaktereigenschaft. Natürlich war es ein wichtiger Teil meines Lebens und meiner Person, aber eben nicht alles.
    Es gab Tage, an denen ich fest davon überzeugt war, ohne Sex leben zu können, wenn ich es müsste; im Zölibat zu leben, nur ohne den Priesterquatsch.
    Manchmal fühlte es sich sowieso an, als wäre ich allein im Bett – auch wenn ich mit einem Kerl drin lag. Da war das Gefühl von Haut und Wärme und ein Schwanz, aber One-Night-Stands ließen wenig Raum für Beziehungen oder eine persönliche Bindung. Den wenigen Männern, mit denen ich mich in meiner Freizeit traf, erlaubte ich nie, mich im Büro abzuholen, und ich beschränkte meine homosexuellen Interaktionen auf einschlägige Clubs abseits der Polizeikneipen, die ich ebenso besuchte.
    Meiner Ansicht nach funktionierte das gut. Es gab eine gewisse Balance zwischen meinen Kollegen und meinen One-Night-Stands, zwischen meiner Arbeit und meinem Privatleben. Sofern es denn vorhanden war.
    Was mich gedanklich wieder zu meiner momentanen Situation brachte. Ein netter Abend mit Poker, Bier, Pizza und Gesprächen über Frauen, Sex, Football und dergleichen. Ein Abend, den ich für gewöhnlich in allen sieben Sprachen, die ich beherrschte, verfluchte und mit all den schönen Schimpfwörtern belegte, die ich kannte. Aber diesmal gab es kein Entkommen. Ich seufzte und schickte ein Stoßgebet gen Himmel, in dem ich um Geduld und starke Nerven bat. Davon konnte man heutzutage sowieso nie genug haben.
    Mein hünenhafter Partner öffnete die Tür mit einem gewinnenden Grinsen – und nannte mich wieder Jordy. Arschloch. Ich ließ mich ins Haus bitten, das wirklich hübsch war. Hatte den typischen Vorort-Charme. Naja, wem's gefiel... Mir nicht, aber ich lächelte trotzdem.
    In New York hatte ich ein stylisches Loft-Apartment gehabt und das war auch das Einzige, was ich seit dem Umzug wirklich vermisste. Meine jetzige Mietwohnung war in Ordnung, aber lange nicht so toll wie meine vorherige. Ich schwöre, wenn ich hier irgendwo einen Kerl mit einem netten Loft und einem hübschen Schwanz auftrieb, würde ich ihm mit Begeisterung dafür bis in alle Ewigkeit den Arsch hinhalten. Und immerhin musste ich so auch nie sein Gesicht ertragen.
    Ich vertrieb den Gedanken, da ich gerade den anderen Männern der Runde vorgestellt wurde. Ich versuchte, mir ihre Namen und Gesichter zu merken. Klar, keiner von ihnen war in meiner Abteilung und es war unwahrscheinlich, dass ich ihnen täglich oder auch nur wöchentlich über den Weg laufen würde, zumal sich das Washingtoner Polizeidezernat in verschiedenen Gebäuden befand, die über die ganze Stadt verteilt waren.
    Aber ich fand es höflich, zumindest zu versuchen, mich an sie zu erinnern, vor allem da Pokern eine wöchentliche Konstante zu sein schien. Und mir gefiel der Gedanke, zumindest einmal die Woche etwas ganz anderes als gewöhnlich zu tun.
    Mein Partner war größer als alle anderen und er nahm in dem kleinen Esszimmer, das im hinteren Teil des Hauses lag und mit der offenen Küche verbunden war, auch wesentlich mehr Raum für sich ein. Ein blankgescheuerter, runder Holztisch stand in der Mitte des Zimmers und in der Luft hing der Geruch nach Fastfood. Die feminin wirkende Deckenlampe mit ihrem Blumenmuster spendete warmes Licht und musste wohl ein Überbleibsel der Ex-Frau meines Partners sein.
    Auf dem Tisch standen eiskalte Getränke, ein paar Kartendecks warteten noch
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