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Marcos Verlangen

Marcos Verlangen

Titel: Marcos Verlangen
Autoren: Laura Gambrinus
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Bereich des Lokals aus und setzten sich einander gegenüber.
    „Ich hoffe, du machst mir die Freude, wenigstens jetzt etwas zu trinken“, mahnte er mit gespielt vorwurfsvoller Stimme.
    „Jetzt ja.“
    „Und was darf es sein?“
    „Ein Hugo bitte. Falls es hier Holunderblütensirup gibt.“
    „Das werden wir gleich herausfinden.“
    Es gab ihn und er bestellte zwei der erfrischenden Aperitifs. Es gefiel ihm, dass sie sich nicht zierte und offensichtlich keine Abstinenzlerin war. Er fand Frauen, die ausschließlich Mineralwasser tranken, äußerst langweilig und hatte sich sein Vorurteil in mehreren Feldstudien selbst bestätigt.
    „Was gibt es da zu lachen?“, unterbrach sie seinen Gedankengang
    Er sah perplex auf. „Habe ich gelacht?“
    „Nun ja – nicht gerade gelacht, aber gelächelt. Warum?“
    „Da muss wohl meine Mimik mit mir durchgegangen sein.“ Nun lachte er tatsächlich und erzählte ihr, woran er gedacht hatte.
    „Du hast Feldstudien gemacht? Über den weiblichen Alkoholgenuss in Zusammenhang mit dem weiblichen Paarungsverhalten?“ Sie begann zu kichern. „Ist das dein Ernst?“
    „Absolut.“
    „Und zu welchem Ergebnis bist du dabei gekommen? Etwa dass Frauen, die nur Wasser trinken, im Bett langweilig sind?“
    „Nein, das nun nicht gerade, aber irgendwie – naja, irgendwie wohl schon.“
    Er fühlte sich plötzlich unbehaglich. Warum nur redete er schon wieder solchen Blödsinn?
    „Solltest du nun etwa froh sein, dass ich Alkohol trinke?“ Ihre Stimme klang spöttisch und fast eine Spur anzüglich.
    „So habe ich das nun auch wieder nicht gemeint“, verteidigte er sich halbherzig.
    „Doch – hast du!“ Der Blick, mit dem sie ihn nun bedachte, ließ ihm den Atem stocken.
    Es passierte ihm nicht allzu oft in letzter Zeit, dass eine Frau, die er kaum oder eigentlich überhaupt nicht kannte, dermaßen offensiv auf seine angedeuteten und teilweise sogar unbeholfenen Flirtversuche einstieg. Und sie stieg nicht nur darauf ein, sie forcierte auch noch das Tempo.
    Ella schien keine Antwort von ihm zu erwarten.
    „Da wir das nun geklärt haben - was sagt dir, dass ich nicht zu viel trinke?“
    „Das sehe ich“, antwortete er nun im Brustton der Überzeugung, erleichtert über den etwas neutraleren Boden, der sich andeutete.
    „Woran?“
    „An allem. An deiner Haut, deinen Augen, deiner Figur – Frauen, die zu viel trinken, riechen schon ganz anders als du, glaub mir!“
    „Ich trage ziemlich viel Parfüm, wie du ja bereits festgestellt hast“, gab sie zu bedenken.
    „Das ist etwas anderes. Ich würde es trotzdem riechen.“
    Sie sah ihn einen Moment lang mit einem nicht zu definierenden Blick an.
    „Na schön“, meinte sie dann, „lassen wir das. Ich trinke tatsächlich nicht unmäßig, das könnte ich mir allein schon wegen der Arbeit nicht erlauben.“
    Die Drinks kamen und nachdem sie sich zugeprostet und an den Gläsern genippt hatten, schwiegen beide einen Moment.
    „Apropos Arbeit“, nahm sie den Faden schließlich wieder auf, „ich habe da auf deinem Schreibtisch noch ganz andere Visitenkarten gesehen als die, die du mir gegeben hast. Warum benutzt du nicht diese, wenn du auf Jagd gehst?“
    Er wusste, was sie meinte – die offiziellen Visitenkarten mit dem Emblem der UNIFE, der Università di Ferrara, auf der unter seinem Namen auch noch ein paar beeindruckende Titel vermerkt waren.
    „Auf Jagd? Ich gehe nicht auf Jagd! Und wenn - hätte das schneller zum Erfolg geführt?“
    „Schon möglich“, gab sie nach einem Moment des Überlegens zu.
    „Und warum?“
    „Weil die Aussicht, sich mit dem Dekan einer Hochschulfakultät zu treffen nun mal eine andere ist als diejenige, sich mit irgendeinem Unbekannten zu verabreden, von dem man überhaupt nichts weiß und über den man auch auf Google nichts herausfinden kann.“
    „Du hast dich also nur deshalb mit mir getroffen, weil ich Dekan bin?“ Er wusste nicht, ob ihm der Gedanke gefiel.
    „Sei nicht albern! Wenn du dich als unsympathisch herausstellst, dann kannst du sein, wer immer du willst und ich werde dich kein zweites Mal treffen. Aber hast du eine Ahnung, was da draußen alles herumläuft? Hast du auch nur einen blassen Schimmer davon, womit man als Frau Tag für Tag konfrontiert wird? Da kann man wirklich froh sein, wenn man auch nur die leiseste Hoffnung hegen darf, dass der neue Bekannte zumindest rein theoretisch einigermaßen seriös und geistig gesund ist.“
    Er starrte sie fassungslos an. So
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