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Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Titel: Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr
Autoren: Else Ury
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Hundertfünfzig Kinder!
     
    An das Fenster schlug der Aprilregen. Klitsch - klatsch - tromtromtrom - klitsch klatsch - tromtromtrom.
    Hüit - hüi - it heulte der Sturm im Ofen, er rüttelte an den Fensterscheiben, daß sie laut zu klirren begannen.
    Nesthäkchen, das den Blondkopf noch tief in den Kissen vergraben hatte, warf sich bei dem wilden Konzert unruhig hin und her. Es rieb sich die Blauaugen und sah sich verschlafen in der Kinderstube um.
    Da lag sie - die neue Schulmappe! Mitten auf dem weißen Tisch; ernst mahnend blickte sie zu der kleinen Langschläferin herüber.
    Richtig, der erste Schultag war ja heute! Aber Klein-Annemarie war noch ganz schrecklich müde, sie mochte noch nicht an Aufstehen und Schule denken. Es war ja gestern ihr Geburtstag gewesen, da war sie später als gewöhnlich ins Bett gekommen, und heute war ein solch häßlicher, grauer Regenmorgen.
    Warm und fest kuschelte sich die Kleine wieder in ihre Kissen ein, während draußen Regen und Wind weiter pladderten und heulten. Klitsch - klatsch - tromtromtrom - hüi - it - ach, wie schön war es im molligen Bettchen!
    Da trat Fräulein Lena an Nesthäkchens Lager.
    »Annemie - Liebling - es ist Zeit, du mußt aufstehen.« Zärtlich streichelte ihre Hand die wirren Blondlöckchen der Kleinen.
    Aber Annemarie, die erst vor kurzem wieder eingeschlafen war, atmete sanft und gleichmäßig weiter. Sie rührte sich nicht.
    »Liebling, du gehst ja heute das erste Mal in die Schule, wach auf, sonst kommst du zu spät«, so versuchte Fräulein Lena das müde Kind zu ermuntern.
    Unverständliches Grunzen war Annemaries Antwort auf des Fräuleins Mitteilung, daß sie heute das erste Mal in die Schule ginge. Dabei hatte die Kleine doch den wichtigen Tag gar nicht erwarten können.
    Fräulein Lena stand ratlos. Alles Streicheln, Liebkosen und Zureden wollte nichts nützen. Nesthäkchen rührte sich nicht.
    Da griff das Fräulein schließlich zu dem großen Schwamm. Klitsch - klatsch spritzte sie der kleinen Schlafenden ein paar Tropfen ins Gesicht.
    »Fräulein - Fräulein - es regnet - es regnet in mein Bett rein!« Entsetzt fuhr Annemarie jetzt endlich hoch.
    Vor ihr stand Fräulein Lena und lachte Annemarie, die sich mit dem Ärmel ihres Nachthemdchens im Gesicht herumwischte, aus.
    »Na, bist du jetzt endlich munter, Annemie, willst du nun aufstehen und in die Schule gehen?«
    »Nee«, gähnte Nesthäkchen mit aller Gemütsruhe und machte Miene, sich auf die andere Seite zu legen.
    »Aber Liebling, du hast dich doch so auf heute gefreut?«
    »Es ist mir zu schlechtes Wetter, ich will lieber zu Hause bleiben«, meinte die Kleine, in das Regengrau hinausblinzelnd.
    »Denk nur, Annemiechen, wenn alle Kinder so sprechen würden, dann blieben sie alle dumm, und die Lehrerin säße allein in der Klasse und könnte die leeren Bänke und Tische unterrichten«, erklärte Fräulein Lena.
    Annemie mußte bei dieser Vorstellung hellauf lachen, und das machte sie noch munterer als der Schwamm. Hops - da sprang sie mit beiden Beinen aus dem Bett heraus; denn dumm wollte Annemarie doch nicht bleiben! Wie schön die neue Schulmappe aussah, die Großmama ihr gestern zu ihrem siebenten Geburtstag geschenkt hatte!
    Die Kleine war so in den Anblick der Mappe versunken, daß sie nicht einmal merkte, wie kalt und naß der Schwamm war, mit dem Fräulein Lena sie gerade bearbeitete. Vergessen war alle Müdigkeit, vergessen das häßliche Regenwetter - klitsch - klatsch tromtromtrom - wie lustig die Musik da draußen jetzt dem kleinen Schulmädel klang.
    Noch einen Abschiedskuß auf ihre Puppen, die bis zum heutigen Tage Klein-Annemaries einzige Sorge gewesen waren. Da saßen sie alle und staunten ihre kleine Mama mit der Schulmappe voll unverhohlener Bewunderung an. Puppe Gerda, ihr Nesthäkchen, streckte ihr sogar beide Arme entgegen. Einen zärtlichen Kuß gab Annemarie noch schnell ihrem Liebling. Sie schwankte - sollte sie Gerda mit in die Schule nehmen? Aber nein, die Puppe war zu groß, sie ging nicht in die neue Schulmappe hinein.
    »Seid brav, Kinder, bis ich wiederkomme, denn ich habe heute keine Zeit für euch, ich muß in die Schule«, sagte die Kleine wichtig. Dann ging es, die Mappe auf dem Rücken, eiligst ins Speisezimmer.
    Dort saßen Vater und Mutter beim Kaffee, während Annemaries ältere Brüder, Hans und Klaus, bereits eine Stunde früher zur Schule gegangen waren.
    »Na, Lotte, schon gestiefelt und gespornt, soll es nun wirklich Ernst werden?«
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