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Marcos Verlangen

Marcos Verlangen

Titel: Marcos Verlangen
Autoren: Laura Gambrinus
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tun, als würden wir die zwischen zivilisierten Menschen üblichen Rituale gepflegter Konversation einhalten, was meinen Sie?“
    Er konnte im Moment nichts anderes tun, als sie stumm anzustarren und hilflos die Schultern zu zucken. Konnte sie Gedanken lesen? Ahnte sie, wie sehr sie ihn reizte? Oder hatte sie einfach nur vor, sich einen Prominenten zu angeln? Schließlich hatte sie ihn ja erst angerufen, nachdem sie mehr über ihn erfahren hatte.
    „Da Sie mir nicht widersprechen, schlage ich vor, dass wir uns als allererstes ein etwas weniger offizielles Ambiente suchen.“
    „Aber Sie wollten doch, dass wir uns hier in meinem Büro treffen! Das hatte mich ohnehin gewundert“, gab er zu.
    „Ich weiß. Aber ich wollte einfach sehen, in welcher Umgebung Sie arbeiten. Man hat als Laie nicht oft die Gelegenheit, das Allerheiligste einer Uni von innen zu sehen.“ Sie lächelte verschmitzt.
    „Sie wollten sehen, ob ich echt bin, geben Sie’s nur zu!“
    Sie holte tief Luft und riss überrascht die Augen auf. „Ertappt. Sind Sie mir nun böse?“ Sie lächelte immer noch. Ihre Ehrlichkeit entwaffnete ihn vollkommen.
    „Eigentlich sollte ich“, er lächelte leicht gequält zurück, „aber ich kann nicht.“
    „Und außerdem sollten wir uns überlegen, ob wir nicht langsam auf diese offizielle Anrede verzichten“, schlug sie weiterhin vor. „Da Sie sich nun schon mal für mich scheiden lassen wollen, liegt es doch nahe, dass wir uns jetzt wenigstens duzen, oder nicht?“
    Ehe er sich als kompletter Idiot outen konnte, nickte er entschlossen.
    „Ja, so machen wir das. Gute Idee.“
    Er stand auf. Sie erhob sich ebenfalls.
    Ehe er die Situation steuern oder auch nur annähernd verstehen konnte, hatte sie ihn mit einer Hand um den Nacken gefasst und zog ihn sanft zu sich heran. Ihre Lippen waren weich und trocken, die sanfte Berührung jagte ihm einen heißen Schauer der Erregung in den Unterleib, ehe sie sich auch schon wieder zurückzog. Keine Sekunde zu früh, wie er schockiert feststellte. Der Drang, sie an sich zu reißen und auf eine gänzlich andere Art zu küssen, wäre sonst vielleicht übermächtig geworden.
    „Na, dann können wir das förmliche ‚Sie’ jetzt endlich bleiben lassen, was meinst du?“, kommentierte sie die Situation belustigt.
    „Unbedingt“, antwortete er mit rauer Stimme. „Ich bin Marco.“
    „Ella. Sehr erfreut, professore .“ Nun grinste sie ihn pfiffig an. „Ich habe dich überrascht, gib es zu!“
    „Hast du, ja.“
    Sie nickte zufrieden. „Wohin gehen wir jetzt?“
    „Lass mich kurz hier alles ausschalten...“, er ging um seinen Schreibtisch herum, informierte jemanden telefonisch über seine geplante Abwesenheit und schaltete seine diversen Geräte aus. Insgeheim war er froh, den Tisch als Sicherheitsbarriere zwischen sie beide gebracht zu haben. Er hatte es noch nicht erlebt, dass eine Frau schon beim ersten Treffen so ungeniert in die Offensive ging. Aber es war ja gar nicht das erste Treffen, korrigierte er sich, also war es wohl auch nicht weiter tragisch, dass ihm schon vor dem Aperitif die Führung entglitt. Irgendwie fühlte er sich, als stünde er kurz davor, den Boden unter den Füßen zu verlieren.
    Dieses Gefühl war ihm in den letzten Jahren zum Glück fremd geworden und er hätte auch jetzt gerne darauf verzichten können. Er wusste nur nicht, wie er es aufhalten sollte.
    Als er schließlich nichts mehr an seinem Schreibtisch zu tun hatte, sah er auf.
    Ella stand mitten im Raum und sah ihn erwartungsvoll an. Ein leises Lächeln umspielte ihren Mund, was die zwei kleinen Fältchen an ihren Mundwinkeln auf interessante Weise vertiefte.
    „Können wir?“ Seine Stimme klang forsch, als wolle er dadurch zu seiner ungezwungenen Selbstsicherheit zurück finden, die ihm die Arbeit vor der Kamera trotz des natürlich unvermeidlichen Lampenfiebers immer so leicht machte. Hier bei dieser ihm eigentlich vollkommen fremden Frau stieß er unerwartet an seine Grenzen.
    Ihr Lächeln vertiefte sich. „Wir können. Und wohin entführst du mich jetzt?“
    Er schnaubte, während er die Tür öffnete, die direkt auf den Gang und nicht durch sein Sekretariat führte. Wie gerne hätte er sie jetzt tatsächlich entführt und nicht nur in irgendein Lokal.
    „Wir werden schon etwas finden, das uns beiden zusagt“, antwortete er stattdessen vage.
    Er führte sie ein paar Straßenecken weiter in eine kleine, gemütliche Kneipe, sie suchten sich einen Tisch im hinteren
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