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Marcos Verlangen

Marcos Verlangen

Titel: Marcos Verlangen
Autoren: Laura Gambrinus
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Platz nahm.
    „Haben Sie es eilig?“
    „Nein. Warum?“
    „Weil Sie nichts trinken wollen. Das vermittelt mir den Eindruck, Sie könnten jeden Moment wieder aufspringen und davonlaufen.“
    Sie starrte ihn einen Augenblick verblüfft an und verzog fast schmerzlich einen Mundwinkel.
    „Ich wusste es!“
    „Was wussten Sie?“ Sie irritierte ihn schon wieder.
    „Dass es keine gute Idee sein würde, Ihrer Einladung Folge zu leisten.“
    „Ich verstehe Sie nicht.“
    „Ich sollte Ihnen vielleicht ein Geständnis machen – ich habe mit Philosophie absolut nichts am Hut und schon gar nicht mit solchen tiefgeistigen Analysen über die Tatsache, ob ich etwas trinke oder nicht.“
    Sein Mund verzog sich zu einem amüsierten Schmunzeln.
    „Auch das ist eine Philosophie, ob es Ihnen nun gefällt oder nicht. Und, wenn ich Sie das fragen darf, warum sind Sie dann eigentlich hier, wenn Sie für Philosophie nichts übrig haben?“
    Ella begegnete seinem intensiven, dunklen Blick ohne zu blinzeln. Sein Lächeln vertiefte sich, während sie einen Moment schwieg und anscheinend eine Antwort abzuwägen schien.
    „Das ist eine sehr gute Frage“, meinte sie schließlich vage. Er war sicher, dass es nicht das war, was sie ursprünglich hatte sagen wollen und beschloss, einen Vorstoß zu wagen.
    „Wenn ich Ihnen jetzt eine philosophische Frage stelle, versprechen Sie mir eine ehrliche Antwort?“
    „Ich kaufe nicht gerne die Katze im Sack“, gab sie zögernd zurück.
    „Es ist keine Fangfrage, versprochen.“ Nun beugte er sich vor und sah sie eindringlich an.
    „Also gut, fragen Sie.“
    „Sind Sie vielleicht deshalb hier, weil Sie etwas für mich übrig haben?“
    Seine Stimme war leiser geworden, als er ihr diese direkte Frage stellte, und noch während er redete, hoffte er inständig, sie und die Situation richtig eingeschätzt zu haben. Nichts könnte jetzt schlimmer sein, als dass sie einfach aufstand und ging, weil sie sich von ihm angemacht oder belästigt fühlte. Aber nun, da sie ihm endlich unter vier Augen gegenüber saß, konnte er nicht anders als auf Risiko zu spielen. Er musste es versuchen, schließlich war sie freiwillig gekommen.
    „Vielleicht“, antwortete sie ebenso leise. Ihr Blick ließ den seinen nicht los. Und täuschte er sich oder hatte da gerade so etwas wie ein Lächeln in ihren Mundwinkeln aufgeblitzt?
    Diese Antwort und das, was er in ihren Augen las – oder zu lesen hoffte - ließ ihm den Atem stocken. Schlagartig wurde ihm seine Hose zu eng. Die Situation erregte ihn, aber ihm war auch klar, dass er sie am hellen Nachmittag in seinem Büro im Gebäude der, wie sie es genannt hatte, ehrwürdigen Uni schlecht vernaschen konnte. Wenn er auch ehrlicherweise im Moment gerade das gern getan hätte...
    „Allerdings hat mir das Internet auch verraten, dass Sie verheiratet sind“, gab sie nun zu bedenken und riss ihn aus seinen anregenden Fantasiebildern. Zugleich zerstreute sie damit aber auch etwaige Zweifel, die er bezüglich ihrer Absichten ihm gegenüber noch hätte haben können.
    „Ja, allerdings“, gab er zu, als er seiner Stimme wieder einigermaßen vertraute. „Auf dem Papier schon, aber in Wahrheit…“ Er ließ den Satz unvollendet.
    „Ah“, machte sie nur, tat ihm aber nicht den Gefallen, genauer nachzufragen. Sie hatte den Blick noch keine Sekunde von ihm gewandt. Seine Verwirrung konnte ihr nicht entgangen sein.
    „Ich könnte allerdings die Scheidung einreichen“, hörte er sich sagen.
    „Das träume ich jetzt aber nur!“, platzte sie belustigt heraus, ehe sie in Gelächter ausbrach. „Dass ihr hochstudierten Leute ein merkwürdiges Völkchen seid, habe ich ja immer schon vermutet“, spottete sie sanft, als sie sich wieder beruhigt hatte, „dass es aber so schlimm um euch steht, hätte ich nicht gedacht. Oder bringt das nur die Philosophie so mit sich?“
    Mingoni schwieg betreten und starrte zu Boden. Warum hatte er das nur gesagt? Je länger er ihr gegenübersaß, umso mehr fühlte er sich wie ferngesteuert. Dann, nach einer etwas zu langen Schrecksekunde, lachte auch er.
    „Sie sehen, mit uns Hochstudierten ist es auch nicht weit her.“
    Nun beugte auch Ella sich etwas vor. Noch immer fixierte ihn ihr Blick, aber jetzt hatten ihre Augen etwas spitzbübisch Funkelndes.
    „Wissen Sie was?“
    Er schüttelte lieber nur den Kopf. Offensichtlich lag das Risiko an diesem Nachmittag für ihn darin, den Mund aufzumachen.
    „Wir sollten einstweilen wenigstens so
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