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Augenzeugen

Augenzeugen

Titel: Augenzeugen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Eins
    «Sie wissen doch bestimmt, wer das ist», meinte Look, der Kollege von der Schutzpolizei, mit gewitztem Blick.
    Helmut Toppe, Leiter der Klever Mordkommission, nickte – er hatte das Opfer gleich erkannt. Langsam ging er neben dem Toten in die Hocke und legte ihm die Fingerspitzen an den Hals – warm.
    «Ja, lang ist der noch nicht hinüber», sagte Look. «Der Doktor hat es noch versucht, aber da war wohl nix mehr drin. Der war übrigens eher hier wie wir, der Doktor, und er wartet da vorne.»
    Toppe kam wieder auf die Beine und sah auf die Uhr: 16 Uhr 25. Der Notarzt stand beim Brückenpfeiler und sprach mit den beiden Rettungssanitätern.
    «Hat der Arzt ihn aus dem Auto geholt?»
    «Nee, nee, der lag schon hier, sagt der Doktor, ziemlich genau da, wo er jetzt liegt.»
    Toppe betrachtete das Autowrack, neben dessen offener Fahrertür der Tote im Staub lag.
    Der Wagen war offensichtlich mit hoher Geschwindigkeit frontal gegen ein massives Absperrgitter geprallt.
    Obwohl Toppe sicher Hunderte von Malen über die Emmericher Rheinbrücke gefahren war, hatte er diesen schmalen Weg aus groben Betonplatten nie bemerkt. Er verlief in einem leichten Bogen parallel zum Oraniendeich unter der Brückenauffahrt hindurch am Flussufer entlang, das jetzt, wo der Rhein Niedrigwasser hatte, mehr als hundert Meter entfernt war. Kurz bevor der Weg wieder zum Deich hinaufführte, bog ein kleiner Pfad scharf ab und lief geradeaus auf den Fluss zu. Der Pfad war gesperrt, und genau diese Absperrung hatte der Fahrer erwischt, obwohl sich rechts und links davon meilenweit flache, unbegrenzte Wiesen hinzogen.
    Toppe runzelte die Stirn. «Wozu dient dieser Weg eigentlich?»
    «Die Leute sagen Pontonstraße dazu», erklärte Look eifrig. «Ist eigentlich nur für Militär, dass die Pioniere hier eine Notbrücke bauen können, im Fall des Falles. Wird aber auch gern von Kennern benutzt, die keinen Bock haben, stundenlang oben an der Kreuzung zu stehen. Ah, gut», Look beschattete die Augen mit der Hand, «da sind ja auch endlich die Spurensicherung und Freund Norbert.»
    Toppes Kollege Norbert van Appeldorn kam den Weg heruntergeschlakst, wie immer ohne Eile, hinter ihm der Mann vom Erkennungsdienst, Klaus van Gemmern, mit seinen beiden schwarzen Koffern.
    Van Appeldorn und Toppe wechselten einen kurzen Blick. «Geldek», sagte Toppe und wies mit dem Kinn auf den Toten.
    Norbert van Appeldorn bleckte die Zähne. «Na, guck mal an!» Er schaute sich gründlich um und schüttelte dann den Kopf. «Warum hast du uns eigentlich anrollen lassen?»
    Eine zarte Röte kroch Look vom Hals hinauf in die Wangen. «Gibt keine Zeugen, was hier passiert ist», haspelte er, wurde aber schnell wieder ruhig. «Ich weiß, es sieht wie ein Unfall aus. Hab ich ja auch erst gedacht. Obwohl, dann wär es doch wohl eher Selbstmord gewesen. Der ist von Griethausen her gekommen und musste ganz scharf nach links, wenn er das Gatter erwischen wollte, und groß gebremst hat er auch nicht. Aber dann hab ich was gefunden. Kommt mal mit.» Er führte sie acht, neun Meter vom Toten weg und zeigte ihnen eine dunkle Bremsspur. «Die ist eindeutig von einem anderen Auto, wenn man sich die Profile anguckt, und für mich sieht die frisch aus. Und dieser Wagen kam aus der Gegenrichtung, da oben vom Coprayer Hof runter.»
    «Na ja», meinte van Appeldorn gedehnt, und auch Toppe schaute skeptisch. Look war kein schlechter Polizist, aber er war nicht unbedingt der hellste.
    Dessen Blick wurde trotzig. «Und der Doktor hat auch noch was entdeckt.»
    Der Notarzt war nicht mehr ganz jung und angenehm kompetent. «Um 15 Uhr 37 hat uns ein Passant benachrichtigt – Unfall auf der Pontonstraße –, und wir waren fünf, sechs Minuten später hier. Wir hatten’s ja nicht weit. Der Mann lag neben der Fahrertür auf der Seite und hatte bereits keine Vitalfunktionen mehr. Wir haben trotzdem reanimiert, leider erfolglos.»
    «Können Sie sagen, woran er gestorben ist?», wollte Toppe wissen, als sie sich beide über den Toten beugten.
    «Nein, nicht mit Sicherheit. Der Mann hat zahlreiche Verletzungen, aber möglicherweise ist er einem Schädelhirntrauma erlegen. Sehen Sie hier.» Der Arzt deutete auf eine tiefe Wunde oberhalb der linken Schläfe des Toten. «Natürlich kann er sich diese Verletzung beim Aufprall zugezogen haben, vielleicht ist er aus dem Fahrzeug geschleudert worden. Da ist nur eine Sache …»
    Behutsam drehte er die linke Hand des Toten so, dass man die
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