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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia
Autoren: Catherine Banner
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verblasst, andere schmutzig und zerrissen.
    »Möchtest du es zurückhaben? War es gut, dass ich es gebracht habe?«
    Statt einer Antwort ließ ich dich herein. Ich hörte, dass Großmutter im Nebenzimmer aufstand. Einen Moment später kam sie, noch immer im Nachthemd, durch die Tür geeilt und murmelte auf ihre typische, gedankenve r sunkene Weise irgendetwas über Harold und Arthur vor sich hin. Nur dass es dieses Mal nicht am Wahnsinn lag, denn du warst wirklich da.
    »Margaret«, sagtest du, und sie schlang weinend die Arme um dich. »Es ist gut. Es ist alles gut.« Aber sie wollte dich einfach nicht loslassen. »Margaret, es ist gut. Ich bin jetzt für immer zurückgekommen.«
    Ich glaube, dass auch du geweint hast, aber ich bin mir nicht sicher. Ich verstehe, warum du geweint has t, A ld e baran, falls du es getan hast. Großmutter ist für dich da s selbe, was Stirling für mich war.
     
    Als Großmutter sich viel später wieder hingelegt hatte, hast du dich wieder mir zugewandt. Ich umklammerte noch immer das Buch – ich hatte es nicht aus der Hand gelegt, seit du es mir zurückgegeben hattest. Du hast dich an den Tisch gesetzt und mich zu dir gerufen. Ich legte das Buch weg und saß dir dann unbehaglich g e genüber.
    »Ich habe zu vieles verpasst«, hast du gesagt. »Ich h a be dein ganzes Leben verpasst, Leo. Erzähl mir, was hier geschehen ist, während ich weg war.«
    Die Stimme in meinem Kopf begann, laut zu sprechen. Aber ich antwortete nicht wirklich. Ich starrte dich ei n fach nur an. Dann realisierte ich, dass du diese Stimme hören konntest.
    »Was ist mit dir?«, fragtest du.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Wenn du nicht sprechen willst, dann schreib. Ich will es wissen.«
    Du hast mich dazu gebracht, es aufzuschreiben. Vie l leicht lag es daran, dass ich mich vor dir fürchtete – ich weiß es nicht. Vielleicht hast du deine Gabe eingesetzt. Ich hasste dich damals deswegen. Jeder versuchte, mich zu retten. Anna, die mich aus den Bergen nach Hause geschickt hatte; Maria, die mich vom Boden aufgehoben hat, wenn ich weinte; selbst Großmutter versuchte es, so gut sie konnte. Und du. Warst du Die Stimme, die über die Welten zu mir gesprochen hat, die mich von Ositha zurückgebracht hat, indem sie mir Geschichten von e i nem anderen Land erzählte? Aldebaran, du hast mir das nie bestätigt, doch ich bin mir fast sicher, dass du es warst. Und jetzt hattest du auch noch die Königlichen Gärten nach jeder einzelnen Seite dieser Geschichte a b gesucht, sie eingesammelt und wieder zusammengefügt. Du wusstest über mich Bescheid, wenn vielleicht auch nur vage. Du hast es immer getan.
    »Was ist geschehen, Leo? Ich bin lange Zeit weg g e wesen. Ich hätte hier sein sollen; ich tat nichts, um dir zu helfen. Und Stirling …« Du bist dir mit der Hand über das Gesicht gefahren und hast sie dann dort gela s sen.
    Und da schrieb ich: Ich habe etwas sehr Schlimmes getan. Bitte, lass es mich dir erzählen. Ich kann mit ni e mandem sprechen.
    Du hast mich schweigend angesehen. Ich war erschr o cken über das, was ich geschrieben hatte. Ich wollte es dir nicht erzählen; ich schloss die Augen und betete, dass ich es nicht tun würde. Ich hatte dieses Geheimnis hinu n tergeschluckt, und es war unwirklich geworden, weil die Tage vergangen waren und ich es niemandem erzählt hatte. Ich fürchtete mich vor dem, was geschehen würde, wenn ich irgendwem sagte, was ich getan hatte. Aber ich musste es plötzlich. Ich griff wieder nach dem Stift und schrieb.
    Du hast dagesessen und hast meine Worte lange Zeit schweigend angestarrt. Dann hast du mich angesehen, und ich glaubte, dieselbe Furcht in deinen Augen zu e r kennen, wie sie sich in meinen gezeigt haben muss. Du hast den Kopf geschüttelt. »Leo, ich …« Du brachst ab und hast mir die Zeitung zurückgegeben. »Erzähl mir alles von Anfang an. Ich kann es nicht verstehen. Leo, erklär mir, warum du es getan hast.«
    Ich nahm die Zeitung nicht. Stattdessen öffnete ich das Buch. Zwischen den Einträgen klafften Lücken – das war immer so gewesen –, es gab genügend Platz, um mit meiner Erklärung anzufangen. Ohne zu wissen, was ich tat, begann ich auf der ersten freien Seite zu schreiben. Ich begann mit dem, von dem ich dachte, dass damit alles angefangen hatte: mit dem Schnee. Vier Monate früher – länger war es nicht. Du hast mich beim Schreiben be o bachtet. Dann, als ich nach einer Weile nicht mehr we i terwusste , legte ich das Buch weg.
    »Ich hatte
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