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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia
Autoren: Catherine Banner
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ö tigen Unterschriften darauf. Ich habe gerade bei einem Anwalt nachgefragt. Das hier sind gültige Dokumente.« Monica sah zum Haus hinauf. »Wo ist Mr. Field? Ich habe ihn doch nicht verpasst?«
    Anna nickte. »Doch, sie sind weg.«
    »Sind sie in einem Taxi weggefahren? Mir ist auf der Straße eins entgegengekommen, aber ich hätte gedacht, dass sie das Auto nehmen würden. Also ist es zu spät, um mit ihm zu sprechen?« Wieder nickte Anna. »Was machst du eigentlich hier? Ich dachte, du wärst herg e kommen, um dich zu verabschieden.«
    »Ich bin nur spazieren gegangen. Aber warum sagst du mir nicht endlich, was das für Papiere sind?«
    Monica lachte wieder, dann drückte sie Anna die D o kumente in die Hand. »Hör zu – ich weiß nicht, warum zum Teufel er das getan hat. Ich hab dir ja gesagt, dass er verschroben ist. Anna, Mr. Field hat mir dieses Haus g e schenkt.« Sie wirbelte herum und nahm alles in sich auf – die vielen Hektar Wald und die weitläufigen Rasenfl ä chen. »Das alles hier.«
    »Er hat es dir geschenkt?«
    »Falls das hier gültig ist, und der Anwalt sagt, dass es das ist, bedeutet es, dass du heimgehen und so viel für das Vortanzen trainieren kannst, wie du willst. Ich werde jetzt nach Lowcastle fahren, um mit dem Anwalt alles zu b e sprechen.«
    Sie gingen gemeinsam zurück. Nachdem Monica weggefahren war, begann Anna, den Boden des Speis e saals zu fegen. Ein paar Gäste kamen an der Tür vorbei, zogen dabei Koffer hinter sich her und brüllten ihre Ki n der an, als wäre es ein ganz gewöhnlicher Tag. Ein paar Stunden später kehrte Monica zurück und tanzte im Raum herum, ohne sich darum zu kümmern, ob der B o den Kratzer bekam. Sie erzählte Anna von dem neuen Hotel, das sie auf dem Lakebank-Anwesen eröffnen wü r de – das größte Hotel im ganzen Tal.
    Anna hörte ihr geduldig zu. Schließlich stellte sie den Besen weg. »Ich denke, ich sollte jetzt anfangen, für das Vortanzen zu trainieren. Ich möchte nach Hause.«
    Monica hörte auf herumzutanzen. »Du bist ein gutes Mädchen, Anna. Ich kann mich glücklich schätzen, eine Nichte wie dich zu haben. Mutter war immer so stolz auf dich. Geh heim und trainiere – ich kann eine Aushilf s kraft einstellen. Und falls du dieses Stipendium nicht b e kommst, werde ich etwas Land verkaufen und dir die Tanzakademie bezahlen.«
     
    Es war bereits vollkommen dunkel, als der Bus am Rand des Sportplatzes langsamer wurde. Gewitterwolken ve r dichteten sich über den Hochhäusern der Stadt. Rege n tropfen begannen zu fallen. Der Busfahrer summte eine Melodie im Radio mit und trommelte mit den Fingern den Takt auf dem Lenkrad. Anna hob ihren Koffer auf und stieg schweigend aus.
    In den Hochhäusern gingen immer mehr Lichter an. Nachdem der Bus verschwunden war, blieb Anna an der Ecke dieser alten, vertrauten Straßen stehen und sah nach oben. Das Fenster ihrer Wohnung war erleuchtet, und sie konnte sehen, wie ihre Mutter durch das Zimmer ging. Sie lief im Schein der Straßenlampen über den Spor t platz, dann die Treppe hinauf und über den Korridor bis zur Wohnungstür. Nachdem sie ins Schloss gefallen war, herrschte Stille in England, mit Ausnahme der schweren Regentropfen, die wie Glasperlen vom Himmel fielen, und der Autos, die irgendwo in weiter Ferne das Tempo beschleunigten. Das war alles.
     
    »Denkst du, es war real?«, hat Maria mich einmal g e fragt. »Was du über England geträumt hast – glaubst du, es war real?«
    Ich wusste es nicht. Ich erinnerte mich, dass ich mich das einst selbst gefragt hatte. Stirling und ich hatten uns auf dem Nachhauseweg von der Schule lange darüber unterhalten, ob England wirklich existierte. Und als ich ihm dieses Buch vorgelesen habe, während er so krank und verängstigt war, hatte er daran geglaubt. Ich schätze, es hat uns die Zeit vertrieben. Es war eine Geschichte. Und jetzt gab es das Buch sowieso nicht mehr.
    Maria wischte sich die Tränen vom Gesicht, dann stand sie auf und setzte Teewasser auf. Sie redete über die Rückkehr des Prinzen und darüber, dass die Zeitung die Menschen aufforderte, an diesem Morgen zum Kirchplatz zu kommen und es mit anzusehen. Ich hörte nicht alles, was sie sagte. Ich überlegt e g erade, wie sie das nur schaffte – letzte Nacht so verzweifelt zu weinen und sich bei Tagesanbruch dazu zu zwingen, aufzustehen und Tee zu kochen. Sie bewegte sich in der erleuchteten Küche auf dieselbe Art wie Großmutter – wie jemand, der viele Jahre älter war als
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