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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero
Autoren: Berni Mayer
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wenn man sie im Privaten des permanenten Rollenspiels bezichtigte.
    »Und warum jetzt? Das Problem ist doch sicher schon länger bekannt«, fragte ich.
    Die Malleck sah mich kalt an.
    »Zum einen, weil es irgendwann genug ist. Zum anderen glaube ich, dass es da eine ganz konkrete Nebenbuhlerin gibt.«
    »Aha?«, machte der Mandel.
    »Man merkt so was ja, und dann sind da diese Reisen an die Ostsee. Aber das kann ich euch erzählen, wenn wir konkreter werden.«
    »Und jetzt willst du Fotos vom Leo in flagranti?«, fragte ich zur Sicherheit nochmal nach. Der Mandel sah mich vorwurfsvoll an, vermutlich war ich ihm etwas zu direkt.
    »Ich brauche zwei Motive, zwei verschiedene Frauen. Oder den Beweis für eine dauerhafte Affäre. Ich gebe euch acht Wochen Zeit. Jetzt sagt ihr mir, was das ungefähr kostet.«
    Der Mandel räusperte sich und stand auf.
    »Wir haben so eine Art Tarifliste«, sagte er und ging zu dem unansehnlichen hellbraunen Regal mit den Aktenordnern, die uns der Onkel Hans hinterlassen hatte. Ich gebe zu, dass ich jetzt auch nicht gewusst hätte, wie man acht Wochen Observation berechnet. Und ob das überhaupt Observation war oder eher Infiltration, und ob es dafür überhaupt einen Tarif gab. So weit hatten wir uns noch nicht in den neuen Beruf hineingearbeitet. Ich hätte halt gesagt, wir rechnen das mal durch und melden uns dann heute Nachmittag. Der Mandel hingegen blätterte umständlich in einem Ordner, und wenn ich das von hier aus richtig sehen konnte, war das der Ordner mit den Bewerbungsunterlagen von der IHK , da standen ganz sicher keine Tarife für Infiltration drin. Der Mandel drehte sich mit dem Ordner in der Hand zur Malleck um und sagte:
    »Wir rechnen das mal durch, und ich schick dir heut Nachmittag dann ein Angebot.«
    »Passt auf, ich mach euch einen Vorschlag«, sagte die Malleck. »Für die acht Wochen bezahle ich euch fünfzehntausend Euro. Sieben-fünf im Voraus. Wenn ihr die Fotos liefert, bekommt ihr den Rest. Solltet ihr länger brauchen, können wir natürlich nochmal reden. Die erste Rate überweis ich euch direkt. Ihr könnt eine Rechnung an Holger schreiben. Holger Edelstein, mein Anwalt. Alles legal und fürs Finanzamt, der Holger hat sich erkundigt. Neunzehn Prozent Mehrwertsteuer, oder wie ist das bei Detektiven?«
    Der Mandel schaute mich an, und ich nickte beiläufig. Innerlich hatte ich natürlich schon ein Festzelt errichtet und das Bierfass angezapft, die Kapelle spielte einen Tusch. Fünfzehntausend Euro für den ersten Auftrag. In unserem alten Milieu und für die Malleck, für die wir auch umsonst noch viel hässlichere Dinge getan hätten, als nur den Idioten Tilmann zu infiltrieren.
    »Klingt doch gut. Einverstanden«, sagte der Mandel und hielt kurz die Luft an, vermutlich, um seine Begeisterung zu unterdrücken. Der Form halber hätte er sich mit mir absprechen müssen, bevor er zustimmte. Als sein Partner.
    »Aber jetzt muss ich doch fragen: Warum wir?«, fragte der Mandel.
    »Ihr seid doch Musikjournalisten. Oder wart es zumindest bis vor kurzem. Wenn sich jemand unauffällig in Leos Kreisen aufhalten kann, dann ihr. Ihr habt einen guten Ruf, ihr seid zwei aufrichtige und diskrete Typen. Und süß noch dazu«, lachte die Malleck das herzlichste Lachen, das ich je von einer Frau außerhalb eines Spielfilms gesehen habe. So etwas kann doch kein Mensch schauspielern.

Zwei

    Es war eigentlich wie vorher. Wie noch bis vor ein paar Wochen beim Rock’n’Roll-Express . Der Mandel war draußen bei den Leuten, unter den Musikern und bei den Plattenfirmen, und ich saß im Büro und bediente das Internet. Der Mandel war schon immer der feine Herr im Außendienst gewesen, und mir blieb nur das Herumgesitze im Büro. Der Mandel kannte den Tilmann von früheren Interviews, und er konnte jederzeit vorgeben, eine Reportage über ihn und seine Band DEMO – ja, ja, in Großbuchstaben – zu schreiben. Gerade jetzt, wo DEMO mit ihrem gefühlten einundachtzigsten Album auf Tour gehen wollten. Pünktlich zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen der Band. Lauthals und Halbstärke hieß es, und das war nur ein weiteres Beispiel für das ermüdende pseudointellektuelle Getue vom Tilmann. Man nehme zur Anschauung die Texte der aktuellen Single »Afrika«, die gerade rauf- und runterlief.
    Strophe:
    Die Straße, die zum Gestern führt
    Ist ab morgen früh gesperrt
    Da hilft kein Gotteslästern mehr
    Das alte Leben ist nichts wert
    Die, die gern zu reden pflegen
    Beruhigen sich
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