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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero
Autoren: Berni Mayer
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begonnen hatten. Es war vielleicht ein wenig abgründiger, aber es kam mir deutlich realler vor als das, das ich vorher gelebt hatte. Ich nahm mir den Praxisratgeber für Detektive aus dem Schrank und las da weiter, wo ich vor ein paar Wochen aufgehört hatte. Ich wollte jetzt nicht heimgehen.
    Kann sein, dass ich eine Stunde lang gelesen habe, kann auch sein, dass es weniger war. Irgendwann klopfte es an der Scheibe, und ich hatte bestenfalls den Hausmeister erwartet, wunderte mich aber sonderbarerweise auch nicht darüber, dass es die Malleck war. Ich machte ihr auf.
    »Hi, Sigi. Du warst nicht zu Hause und nicht am Telefon. Dachte, ich probier hier mal mein Glück.«
    »Glück ist gut«, sagte ich.
    Die Malleck trug ein T-Shirt und eine schwarze Lederjacke drüber. Jeans, keinen Rock. Turnschuhe.
    »Gute Stimme«, sagte ich.
    »Äh, ja, danke.«
    »Wird’s auch Aufnahmen mit der Band geben?«
    »Vielleicht ein Live-Album. Und der Kai wollte ein paar Songs für mich schreiben. Aber das ist alles noch nichts Festes.«
    »Klingt gut«, sagte ich.
    »Sigi«, sagte die Malleck.
    »Ja?«
    »Ich wollte nur sagen, dass es mir leidtut, dass ich euch da mit reingezogen habe in das ganze Desaster. Und dass ich mich revanchieren will. Ich zahl euch eine Aufwandsentschädigung, und ich kann euch sicher auch den einen oder anderen Kunden besorgen. In meiner Branche gibt es immer irgendetwas auszukundschaften. Ich kenne Journalisten vom Boulevard, die eure Unterstützung brauchen könnten. Das gibt’s in England ganz oft, dass die Detektive beauftragen, um ein bisschen mehr herauszufinden über die Prominenten.«
    »Ja, ich weiß, das nennt man schwarze Künste«, sagte ich.
    »Ach, das ist ja lustig«, sagte die Malleck, und wir standen immer noch in der Tür, steif wie zwei Beamte.
    »Setz dich doch«, sagte ich und war versucht, ihre Hand zu nehmen. Ich riss mich zusammen.
    »Ich muss gleich wieder los. Ich wollte dir nur sagen, dass es schön war, dich ein bisschen kennenzulernen. Es ist grade nur leider kein guter Zeitpunkt, das fortzuführen. Kannst du das irgendwie verstehen?«
    »Klar. Klar, ist doch kein Ding. Nach den ganzen Dingen«, sagte ich.
    »Hass mich nicht«, sagte die Malleck.
    »I wo. Warum denn?«
    Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen wie ein kleines Mädchen und küsste mich auf den Mund. Ganz still und andächtig.
    »Ciao, Sigi.«
    »Ciao, Roni.«
    Die Malleck drehte sich um und war schon fast draußen am Nordufer.
    »Äh, Roni«, sagte ich nach draußen.
    »Ja? Was ist denn noch?«, fragte die Malleck und kam wieder einen Schritt nach drinnen. Und ich weiß selbst nicht, was mich dann geritten hat. Es ist einfach nur aus mir herausgebrochen, vielleicht weil ich ihre gönnerhafte Art nicht auf mir sitzenlassen wollte. Vielleicht war es wirklich nur die gekränkte Eitelkeit, als ich zu ihr sagte:
    »Jetzt muss ich dir doch noch kurz was erzählen. Ich weiß, das klingt ein bisschen weit hergeholt, aber der Mandel hat ja die Theorie, dass du dir selbst den Leo hast vom Hals schaffen lassen. Weil du damit quasi fünf Fliegen mit einer Klappe schlägst. Erstens blamiert der Leo dich nicht mehr mit seinen Affären, zweitens macht sein Tod dich zur totalen Berühmtheit, drittens musst du dich nicht mehr mit dem Neumann herumärgern und dem Soloalbum, viertens hat dich das jetzt im Nachhinein mit Lana wahnsinnig verletzt, weil eigentlich hättest du ja gerne ein, zwei hochbegabte und gut aussehende Kinder von ihm bekommen, und fünftens kannst du in Zukunft über seine Tantiemen verfügen, und das dürfte eine Menge sein bei so viel Airplay. Grade im Moment spielen sie die neue DEMO -Platte rauf und runter. Bis auf den emotionalen Verdruss also eine einzige Win-win-Situation. Und weil du dir die Hände natürlich nicht selber schmutzig machen wolltest, hast du über deinen alten Kumpel Malte Hanisch mit der Neumann-Truppe paktiert. Dass die eh grade nicht so gut auf den Leo zu sprechen sind, hat dir dein Liebhaber, der Edelstein, geflüstert. Aber zum Paktieren mit dem Neumann hast du den Edelstein dann gar nicht gebraucht. Denn das kam dir nicht ungelegen, dass dein alter Schulschwarm, der Hanisch, ideologisch ein bisschen verrutscht ist und für seine Eva Braun alles getan hat. Der Neumann wiederum hat dafür gesorgt, dass er selbst nicht den Schwarzen Peter im Mordfall Tilmann zugeschoben bekommt und hat ganz fachmännisch die Tat auf den Kretschmann gemünzt und den Tatort entsprechend präpariert,
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