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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero
Autoren: Berni Mayer
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hatte. Es begann mit einem Rezitativ vom Tilmann.
    Leschwitz, nichts kann dich aus dem Kopf löschen.
    Die Toten, die Schreie, den Hass.
    Der Abdruck des Todes bleibt
    Ein Stigma auf deinem Leib.
    In deiner Familie
    In deiner Tradition.
    Steht der Hass
    An erster Position
    »O je«, sagte der Mandel.
    »Mach’s aus«, sagte ich.
    »Wusstest du, dass Johnny Cash in den Sechzigern mal ein Konzeptalbum für die Indianerbewegung aufgenommen hat?«, fragte der Mandel.
    »Nein. Echt?«, sagte ich.
    »Hat keine Sau gekauft, die Platte«, sagte der Mandel.

Dreiundzwanzig

    Der Mandel hätte mich auch nach Hause gefahren, aber mir war es lieber, wenn er mich im Büro absetzte. Das mag jetzt merkwürdig klingen, aber irgendwie hatte ich ein Bedürfnis, mich alleine in das dunkle Büro zu setzen und aufs Nordufer hinauszuschauen. Der Dieter wartete ebenfalls am Nordufer auf uns, denn er wollte dringend nach Hause fahren, und ihm fehlte der Wagen dafür.
    »Na, wie war’s in Hamburg?«, fragte der Dieter, der an der Schreibtischhälfte vom Mandel saß, als wir das Büro betraten.
    »Ach, ganz nett«, sagte der Mandel.
    »Gehst du morgen wieder in die Fahrschule?«, fragte der Mandel seinen Bruder.
    »Klar. Deshalb muss ich jetzt auch dringend los.«
    »Das klingt doch gut.«
    »Ich hab keine Lust auf die Fahrschule grade«, sagte der Dieter.
    »Das tut mir leid«, sagte der Mandel.
    »Kannst du doch nichts dafür.«
    »Es ist ein Fax gekommen«, sagte der Dieter und drückte dem Mandel ein Blatt in die Hand.
    Der Mandel studierte das Fax, und ich studierte das Gesicht vom Mandel. Eine allumfassende Müdigkeit war alles, was das Gesicht vom Mandel noch hergab.
    »Aha«, sagte der Mandel.
    »Aha?«, fragte ich.
    »Das ist vom Winter.«
    Verehrte Mitarbeiter der
Detektei Mandel und Singer,
    ich habe der Vollständigkeit halber heute nochmals den Bühnenarbeiter Malte Hanisch untersuchen lassen, obwohl wir nach unserer ursprünglichen Zeugenbefragung ausgeschlossen hatten, dass jemand der Bühnenarbeiter an dem Mordfall beteiligt war. Nichtsdestoweniger – und da räume ich gerne ein Versäumnis ein – konnten wir durch einen Informanten eine Verbindung von Hanisch zu den Kulturfreunden des Nordens belegen. Kurioserweise hat eine biografische Überprüfung von Herrn Hanisch weiterhin ergeben, dass er zeitgleich mit Frau Malleck auf dem Schiller-Gymnasium in Köln 1994 das Abitur abgelegt hat. Im Moment halten wir allerdings aufgrund von Indizienbeweisen an einem Täterkonglomerat innerhalb der Band fest. Ich bleibe dabei, dass Sie meine Ermittlungen eigentlich nichts angehen, aber immerhin stammt der Tipp von Ihnen, und vielleicht finden Sie noch etwas mehr dazu heraus, und Sie lassen es mich wissen. Vielleicht wird ja doch noch irgendwann ein Kriminaler aus Ihnen.
    Grüße,
    Dr. T. Winter
    (Leiter Achtes Mordkommissariat, Keithstraße)
    »Zusammen Abitur«, sagte ich.
    »Unglaublich«, sagte der Mandel.
    »Willst du da nachhaken?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte der Mandel. »Du?«
    »Nein. Ich will nirgends mehr nachhaken«, sagte ich.
    »Ich fahr jetzt heim«, sagte der Mandel.
    »Soll ich dich fahren?«, fragte der Dieter.
    »Nein«, sagte der Mandel.
    »Dich?«, fragte der Dieter mich.
    »Nein, danke.«
    Der Mandel hatte schon den Türgriff in der Hand, als es mir einfiel.
    »Du, eins noch.«
    »Ja?«, sagte der Mandel.
    »Warum hast du denn Peter Maffay auf deinem Telefon?«
    »Recherche«, sagte der Mandel.
    Die Mandels traten raus in die Dunkelheit, während ich alleine im Büro blieb und alle Lichter eingeschaltet hatte. Vielleicht hätte ich jetzt die Malleck angerufen, aber ohne mein altes Telefon war die Nummer weg. Und es gab keine andere Möglichkeit, sich bei der Malleck zu melden. Ich hatte keine E-Mail-Adresse von ihr und keine Telefonnummer. Ich hätte schon zu ihrer Wohnung fahren müssen. Ich blieb aber an meiner Schreibtischhälfte sitzen. Und wer weiß, ob sie überhaupt schon aus Hamburg zurück war.
    Es waren nur vier Wochen vergangen, seit die Malleck hier in diesem Büro ihre Maschinerie angeworfen hatte. War es das jetzt? Waren die Tilmann-Kriege jetzt vorbei? Und wer hat überhaupt gewonnen? Und was machten wir jetzt mit dem Büro? Wenn man einmal im Krieg war, geht man ja auch nicht einfach so problemlos wieder in seinen alten Beruf zurück. Da sind schon viele dran gescheitert, an der Resozialisierung. Ich würde auch nicht mehr zurückgehen. Ich würde bleiben. In dem Leben, das wir mit der Malleck
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