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Ein unmoralischer Handel

Ein unmoralischer Handel

Titel: Ein unmoralischer Handel
Autoren: Stephanie Laurens
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Prolog
    17. April 1820, Morwellan Park, Somerset
    D ie Katastrophe starrte ihr ins Gesicht.
    Schon wieder.
    Alathea Morwellan saß an ihrem Schreibtisch in der Bibliothek von Morwellan Park und betrachtete den Brief in ihren Händen; die saubere Schrift ihres Finanzagenten verschwamm ihr vor den Augen. Doch die Kernaussage des Schreibens hatte sich tief in ihr Gedächtnis eingebrannt. Der letzte Absatz lautete:
    »Leider muss ich Ihre Befürchtungen teilen, meine Liebe. Ich kann keinerlei Anhaltspunkte finden, dass wir uns irren könnten.«
    Kein Irrtum. Sie hatte es vermutet, ja, im Grunde sogar erwartet, und dennoch …
    Seufzend ließ Alathea den Brief sinken. Ihre Hand zitterte. Kinderlachen drang von draußen herein, getragen von der sanften Brise, die durch die hohen Fenster heranwehte. Sie hielt kurz inne, erhob sich und trat an die offenen Terrassentüren, die auf den Garten hinausgingen.
    Auf der sanft abfallenden Rasenfläche, die sich zwischen der Terrasse und dem kleinen Zierteich erstreckte, tummelten sich ihre Stiefbrüder und Stiefschwestern bei einem übermütigen Spiel. Sonnenlicht fiel auf einen blonden Schopf - Alatheas ältester Stiefbruder Charlie sprang hoch und schnappte sich den Ball aus der Luft, bevor Jeremy - erst zehn, aber immer mittendrin - ihn erreichen konnte. Trotz seiner allmählich zutage tretenden Eleganz beteiligte sich der neunzehnjährige Charles gutmütig an dem Spiel, um seinen Geschwistern, seinem Bruder Jeremy und der gerade erst sechs gewordenen Augusta, einen Gefallen zu tun. Die beiden älteren Schwestern, Mary, achtzehn, und Alice, siebzehn, hatten sich ihnen ebenfalls angeschlossen.
    Der ganze Haushalt war mitten in den Vorbereitungen zur Abreise nach London, wo Mary und Alice in die Gesellschaft eingeführt werden sollten. Dessen ungeachtet stürzten sich die beiden Mädchen in das Spiel, dass ihnen die Ringellöckchen nur so um die unschuldigen Gesichter hüpften; auch eine ernste Angelegenheit wie ihr Debüt vermochte ihre Freude an solch schlichten Vergnügungen nicht zu trüben.
    Mit einem Triumphschrei warf Charlie den Ball weit nach oben - er flog über die Köpfe der drei Mädchen hinweg, prallte an der Hauswand ab, kam auf den Platten des Gehwegs auf, sprang sogar noch höher und flog die flachen Stufen hinauf, um schließlich auf der Terrasse zu landen. Nach zwei matten Hüpfern purzelte der Ball über die Schwelle der Bibliothek und rollte nun langsam über das glänzende Parkett. Alathea raffte ihren Rock und hielt den Ball mit der Fußspitze an. Sie betrachtete ihn kurz und sah dann auf, denn da rannten Mary und Alice schon atemlos vor Lachen auf die Terrasse zu. Alathea bückte sich, hob den Ball auf, balancierte ihn auf der Handfläche und schlenderte hinaus auf die Terrasse.
    Mary und Alice kamen schlitternd am Fuß der Treppe zum Stehen; sie lachten und strahlten über das ganze Gesicht.
    »Zu mir, Allie, zu mir.«
    »Nein! A-la-the-a! Liebste Allie - zu mir!«
    Alathea wartete, als wöge sie ihre Entscheidung noch ab, während die kleine Augusta, weit abgeschlagen, japsend herankam. Sie blieb einige Schritte hinter den älteren Mädchen stehen und wandte Alathea dann ihr Engelsgesichtchen zu.
    Mit einem breiten Grinsen warf Alathea den Ball in hohem Bogen über die Köpfe der Mädchen hinweg - sie verfolgten seine Flugbahn mit offenem Mund. Glucksend vor Freude stürzte sich Augusta auf den Ball, riss ihn an sich und rannte mit ihrer Beute den Hang hinunter.
    Mary bedachte Alathea mit einem verschwörerischen Lächeln und rief etwas hinter Augusta her, Alice stimmte fröhlich ein, und dann machten sich beide an die Verfolgung.
    Alathea blieb auf der Terrasse stehen und genoss die Wärme des strahlenden Sonnenlichts. Eine Bewegung unter der großen Eiche erregte ihre Aufmerksamkeit. Ihre Stiefmutter Serena und ihr Vater, der Graf, winkten ihr von der Bank zu, von der aus sie nachsichtig dem Spiel ihrer Kinder zuschauten.
    Lächelnd winkte Alathea zurück. Sie warf noch einen Blick auf ihre Stiefgeschwister, die in einer wilden Jagd zum Teich hinunterliefen, stieß einen tiefen Seufzer aus und kehrte mit zusammengepressten Lippen in die Bibliothek zurück.
    Während sie das Zimmer durchschritt, ließ sie den Blick über die prächtigen Stofftapeten schweifen, über die Gemälde in den vergoldeten Rahmen, über die Reihen der ledergebundenen, reich mit Gold verzierten Buchrücken in den Regalen. Morwellan Park, Hauptsitz der Grafen von Meredith, war
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