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Manche Maedchen raechen sich

Manche Maedchen raechen sich

Titel: Manche Maedchen raechen sich
Autoren: Shirley Marr
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Blick in ihre Augen genügte, um zu erahnen, dass sie eigentlich nur noch ein Wrack wa r – eine Fremde in ihrem eigenen Körper. Sie konnte sich blutig schrubben, um die Spuren abzuwaschen, die Aardant auf ihr hinterlassen hatte, aber sie konnte die alte Hülle nicht abstreifen und in eine neue Haut hineinschlüpfen. Kein Mensch, nicht einmal Aardant, hätte bei Lexis Anblick bestreiten können, welche Schuld er auf sich geladen hatte.
    Und dann drehte ich durch.
    „Ich hasse dich!“, schrie ich. „Und wie ich dich hasse, du verdammtes Arschloch! Sag ihr, dass es dir leidtut! Los, sag es!“
    „Okay, okay!“, rief Aardant. „Es tut mir leid! Es tut mir leid!“
    Ich hielt für einen Moment inne. Es kam nicht allzu oft vor, dass sich jemand in meiner Gegenwart für irgendetwas entschuldigte. Und dann auch gleich noch zweimal hintereinander. Es klang fremd in meinen Ohren. Wie etwas, was mein Gehirn erst noch übersetzen musste. Ich drehte und wendete die Worte in meinem Kopf wie einen flachen Stein, kurz bevor man ihn übers Wasser flitzen lässt.
    Trotzdem wusste ich nicht, ob eine Entschuldigung wirklich ausreichte. Ich spielte mit dem Gedanken, meine Schuhe auszuziehen und die Absätze als Hammer zu benutzen, aber eine Hand hielt mich zurück. Es war Lexi.
    „Nein“, formten ihre Lippen. „Lass ihn in Ruhe.“
    Sie nickte und ihre Augen hatten einen violetten Schimmer.
    Ich wandte mich ab und schrie meine Wut heraus. Dann zog ich meinen Schuh trotzdem aus und schleuderte ihn Aardant an den Kopf.
    „Okay“, sagte Marianne und schaute auf Aardant herab, „ich hoffe, das wird dir eine Lehre sein. Und komm bloß nicht auf die Idee, dich an einer von uns rächen zu wollen. Dann bringen wir dich um. Kommt, Mädels. Verschwenden wir nicht länger unsere kostbare Zeit mit ihm.“
    Marianne hatte Recht. Genau das war das Ziel der ganzen Aktio n – nie wieder auch nur eine Sekunde an Aardant verschwenden zu müssen. Wir waren mit ihm fertig, also gingen wir. Das Problem war, dass Aardant noch lang nicht fertig mit uns war.
    Aardant, der ganze Stolz des Football-Schulteams, streckte seinen Arm aus und griff nach Lexis Bein. Sie ging zu Boden. Wir schrien gleichzeitig auf, doch Ellas hohe Stimme übertönte uns alle. Dann rannte sie davon.
    Scheiße , dachte ich. Zuerst wollte ich ihr hinterherrennen und sie zurückholen, doch dann drehte ich mich um, warf mich auf die Knie und fiel stattdessen über Aardant her.
    Mit dem, was dann geschah, hatte niemand rechnen können. Aardant zog ein Klappmesser aus seiner Tasche. Er nahm Lexi in den Schwitzkasten, zog sie zu sich heran und hielt ihr die Klinge an den Hals.
    „Keine Angst, Kleines, beim zweiten Mal tut es gar nicht mehr weh“, sagte er.
    Lexis Augen füllten sich mit Tränen. Dann fing sie leise an zu weinen. Ein Mal war schon unverzeihlich gewesen. Ein zweites Mal war einfach unvorstellbar.
    Hilflos musste ich mit ansehen, wie Aardant sich langsam aufrappelte, den Arm noch immer um Lexi geschlungen, in der Hand das Messer. Eine Welle des Hasses überrollte mich. Ich hasste die Priory. Ich hasste East Rivermoor. Ich hasste die Lehrer und ich hasste die Welt und jeden einzelnen Menschen. Ich wollte ihn umbringen oder sterben. Es gab nichts dazwischen.
    Oh Gott, mach, dass das gut ausgeht , flehte ich. Du bist mir etwas schuldig. Nach allem, was du zugelassen hast, bist du mir etwas schuldig.
    Ich warf mich auf Aardant und rammte ihm meine Zähne in die Schulter. Er ließ Lexi los und Marianne zerrte sie in sichere Entfernung. Ich rang mit Aardant um das Messer und plötzlich fühlten sich meine Finger und die Klinge, fühlte sich alles, was ich berührte, so glitschig an.
    Ich sah an mir herab. Alles voller Blut. Ich blickte Aardant an und zog meine Hand zurück.
    Der Lieblingskünstler meiner Mutter heißt Alexander Calder. Vor vielen Jahren schenkte ihr mein Vater zum Geburtstag einen gerahmten Druck. Das Bild heißt „Sunburst“ und meiner Mutter gefällt es so gut, dass sie es immer noch über ihrem Bett hängen hat. Calders „Sunburst“ sieht aus wie eine heftig blutende Wunde.
    Und genau so eine Wunde durchtränkte nun Aardants weißes Hemd.
    „Oh mein Gott.“
    Keine Ahnung, was ich getan hatte. Ich hatte ihm doch nur das Messer abnehmen wollen. Ihn davon abhalten wollen, Lexi wehzutun.
    Später würde man mir erzählen, dass jemand gezielt versucht hatte, Aardant zu erstechen, und dass die Wucht des Messers eine Rippe durchbohrt hatte.
    „Na,
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