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Manche Maedchen raechen sich

Manche Maedchen raechen sich

Titel: Manche Maedchen raechen sich
Autoren: Shirley Marr
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eins
    Ich heiße Eliza Boans und bin eine Mörderin.
    Ja, ich weiß, was ihr jetzt denkt.
    Früher hatte ich einen schöneren Nachnamen. Aber als sich meine Eltern scheiden ließen, hat meine Mutter ihren Mädchennamen wieder angenommen und mich bekam sie gleich dazu. Dad wurde vom Gericht der Jaguar zugesprochen und Mu m – nun j a – meine Wenigkeit. Sie hat deswegen ziemlich abgekotzt. Ich übrigens auch.
    Aber Spaß beiseite. Ganz egal, was dieser Moralapostel hier denk t – ich bin nicht eines Morgens mit dem Gedanken aufgewacht: was für ein herrlicher Tag! Ich glaube, heute bringe ich mal jemanden um.
    Ich bin so ziemlich der letzte Mensch, den irgendjemand verdächtigt hätte. Ich bin doch bloß Lizzie, ein ganz normaler Teenager. Wirklich, mein Leben dreht sich auch nur um Minderwertigkeitskomplexe, Vorurteile, Designerklamotten und Cupcakes. Wenn ich mit der Schule fertig bin, will ich was Cooles mache n – ein Waisenhaus in der Dritten Welt bauen zum Beispiel, so wie die Promis in Hollywood. Oder ich komme einfach mit einem Skandal in die Schlagzeilen und werde megaberühmt. Weiß doch jeder, dass das heutzutage die einzige Möglichkeit ist, um aufzufallen. Ich wohne in einem kleinen Kaff, gehe noch zur Schule und meine Mutter hat völlig überzogene Erwartungen, was meinen Abschluss betrifft. Das Einzige, was mich von euch unterscheidet, ist die Tatsache, dass ich in East Rivermoor wohne.
    Unsere Siedlung ist von einer riesigen Mauer umschlossen. Hinein gelangt man durch ein großes Flügeltor, auf dem sogar ein Wappen prangt. Schließlich ist East Rivermoor nicht irgendein Ort. Und das sollte auch jedem klar sein, der hierherkommt.
    Innerhalb der Mauern gibt es alles, was das Herz begehrt: die besten Läden und einen Haufen hipper Cafés, Bars und Restaurants. Die werden in den Zeitschriften so gelobt, dass man schon beim Lesen anfängt zu sabbern. Im Zentrum von East Rivermoor liegen ein Park, für den Dutzende Hektar Fertigrasen ausgerollt wurden, und ein riesiger See mit Hängebrücke, wo man seine schicken Jachten parken kann. Über das Wasser gelangt man irgendwann sogar zum Meer. An den Wochenenden schippern Fitness-Fuzzis in Ruderbooten darauf herum.
    Man hat nicht das Recht, in East Rivermoor zu leben. Es ist ein Privileg. Das Privileg, reich zu sein. Und man braucht nie auch nur einen Fuß vor die Mauern zu setzen, wenn man es nicht möchte.
    Ich gehe in die Oberstufe der Priory. Wir nennen unsere Schule auch gern „das Kloster“, weil das so schön nach Moral und Nächstenliebe klingt. Die Priory ist selbstverständlich eine Privatschule. Als ob wir hier eine öffentliche Schule hätten! Um in East Rivermoor zu leben, braucht man schließlich vor allem eines: Geld. Es gibt auch Stipendien für besonders schlaue Schüler aus den weniger schicken Gegenden, sodass theoretisch jeder auf unsere Schule gehen könnte, der was Besonderes ist, selbst wenn seine Eltern es nicht sind. Aber ich kenne eigentlich niemanden, dessen Eltern nicht mindestens Ärzte, Anwälte, Firmenchefs oder erfolgreiche Unternehmer sind.
    Für die Sprösslinge der Elite scheut die Priory keine Kosten und Mühen. Betonklötze und Maschendrahtzaun sucht man bei uns vergeblich. Die Priory hat im Ranking seit fünf Jahren die besten Schulabgänger. Bei uns ist eben einfach alles wunderschön und perfekt. Sogar die Toiletten duften nach Vanille.
    Bevor ihr neidisch werdet, hört euch aber lieber erst mal meine Geschichte an. Die ist nämlich wirklich schlimm. Schlimmer, als sich vor dem süßen Typ zum Trottel zu machen, den man schon das ganze Schuljahr angeschmachtet hat, und viel, viel schlimmer, als auf dem Schulball im gleichen Kleid wie das hübscheste Mädchen des ganzen Jahrgangs aufzutauchen. Meine Freundinnen und ich haben ein Verbrechen begangen. Keiner hätte das für möglich gehalten. Nicht in dem ach so sicheren East Rivermoor. Nicht an so einem versnobten, unerträglichen Ort.
    Ich denke, ihr ahnt schon, dass das keine besonders lustige Geschichte wird. Aber wenn es bloß die Geschichte irgendeines Teenagers wäre, der seine letzten sonnigen Tage an der Highschool Revue passieren lässt, garniert mit einem Abschlussball und einer kleinen Lektion in Sachen Erwachsenwerden, würde ich mir auch nicht die Mühe machen, sie zu erzählen. Dann könntet ihr genauso gut in den Buchladen rennen und euch „Der Sänger im Roggen“ kaufen oder was auch immer, genau wie die ganzen Loser aus meiner Schule, die das Buch im
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