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Spiel mit dem Mörder

Spiel mit dem Mörder

Titel: Spiel mit dem Mörder
Autoren: J. D. Robb
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    F ür Mord gab es immer ein Publikum.
    Die Menschen zeigten Entsetzen oder Schadenfreude, Sarkasmus oder stille Trauer, stets aber waren sie von diesem ultimativen Verbrechen derart fasziniert, dass es sowohl in der Realität als auch in der Fiktion regelmäßig ein ergiebiges Thema war.
    Über die Jahrhunderte hinweg hatte man mit Mord die Theater zuverlässig bis an den Rand gefüllt. Schon im alten Rom hatte das Kolosseum dadurch wahre Menschenmassen angelockt, dass man Gladiatoren hatte einander in blutige Stücke hacken lassen, oder dass man den Leuten die Langeweile mit einer Matinee vertrieb, in der man unglückliche Christen, um das grölende Publikum zu unterhalten, gegen hungrige Löwen antreten ließ.
    Da der Ausgang dieser ungleichen Kämpfe ziemlich sicher abzusehen gewesen war, hatten die Zuschauer das Amphitheater eindeutig nicht deshalb bis auf den letzten Platz gefüllt, um zu sehen, ob vielleicht zur Abwechslung doch einmal ein Christ gewann. Sie hatten das zu erwartende Ergebnis und all das damit einhergehende Blutvergießen eindeutig gewollt.
    Anschließend waren die Leute heimgegangen und hatten sich nicht nur darüber freuen können, dass man sie bestens unterhalten hatte, sondern auch, dass ihnen selbst nicht das geringste Leid geschehen war. Durch die Ermordung eines anderen Menschen wurden die eigenen Probleme, die man eventuell hatte, angenehm relativiert.
    Die Natur des Menschen und sein unstillbares Verlangen nach dieser Form der Unterhaltung hatte sich in den letzten zwei Jahrtausenden nicht wesentlich verändert. Selbst wenn man kurz vor Winterende 2059 nicht mehr Christen gegen Löwen kämpfen ließ, verkaufte Mord sich nach wie vor sehr gut.
    Wenn auch auf eine deutlich zivilisiertere Art.
    Familien, junge Paare, Schöngeister und Landeier, sie alle standen an den Ticketschaltern Schlange und gaben bereitwillig ihr schwer verdientes Geld aus, damit man sie mit dem Gedanken an Mord und Totschlag unterhielt.
    Die Ahndung wirklicher Verbrechen, vorzugsweise Mord, war Lieutenant Eve Dallas' Geschäft. Heute Abend aber saß sie auf einem bequemen Stuhl in einem bis auf den letzten Platz besetzten Haus und verfolgte interessiert, wie man auf der Bühne das schmutzige Geschäft des Mords betrieb.
    »Er war es.«
    »Hm?« Roarke fand die Reaktion seiner Gattin auf das Schauspiel mindestens genauso interessant wie das Stück selbst. Sie hatte sich auf ihrem Stuhl nach vorn gebeugt, ihre Arme auf dem schimmernden Geländer der Privatloge gekreuzt und verfolgte, nachdem der Vorhang zu Beginn der Pause heruntergelassen worden war, mit hellwachen, leuchtend braunen Augen, was dort unten geschah.
    »Dieser Vole. Er hat die Frau getötet. Er hat ihr des Geldes wegen den Schädel eingeschlagen. Stimmt's?«
    Roarke schenkte ihnen beiden eisgekühlten Champagner ein. Er war sich nicht sicher gewesen, ob es ihr gelingen würde, einen Abend lang Mord als etwas Unterhaltsames zu sehen, und es freute ihn zu sehen, dass sie wie gebannt verfolgte, was auf der Bühne geschah. »Möglich.«
    »Du brauchst gar nichts zu verraten. Ich weiß es sowieso.« Eve ergriff das Glas, das er ihr reichte, und betrachtete versonnen sein Gesicht.
    Ein unbestreitbar umwerfend attraktives Gesicht. Es wirkte wie von Zauberhand gemeißelt, und die überwältigende maskuline Schönheit seiner Züge rief garantiert im Innern jeder Frau sofortige Sehnsucht wach. Eine dichte, dunkle Mähne rahmte seinen elegant geformten Schädel; und als er sie ansah, spielte der Hauch eines Lächelns um seinen festen, vollen Mund. Er streckte eine Hand aus und strich liebevoll mit seinen langen, schlanken Fingern über eine Strähne ihres Haars.
    Bei einem Blick in seine Augen, seine leuchtend, ja beinahe lodernd blauen Augen, stolperte wie zu Anfang auch heute noch ihr Herzschlag.
    Es war peinlich, dass sie sich von diesem Mann lediglich durch seinen Blick derart aus der Fassung bringen ließ.
    »Was starrst du mich so an?«
    »Es macht mir einfach Spaß, dich anzusehen.« Auch mit dieser schlichten Feststellung, gesprochen mit dem ihm eigenen, leichten, melodischen, irischen Akzent, brachte er sie völlig aus dem Konzept.
    »Ach, ja?« Sie legte ihren Kopf ein wenig schräg. Es war wunderbar entspannend, den ganzen Abend lang nichts anderes zu tun, als das Zusammensein mit ihrem Gatten zu genießen, dachte sie, als er mit seinen Lippen über ihre Knöchel strich, und fragte leise: »Willst du etwa irgendwelche Spielchen mit mir
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