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Man lebt nur ewig

Titel: Man lebt nur ewig
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
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Grinsen gewesen. Vielleicht sogar ein echtes Lachen. Aber ich denke, wann jemand deine Söhne ermordet und deine gesamte Verwandtschaft dich entweder töten oder raus- schmeißen will, bevor du vierzig bist, lernst du schnell, solche Emotionen in dem Sarg einzuschließen, den als Bett zu benutzen du dich weigerst, wenn die Sonne auf- geht.
    Vayl sagte: »Du scheinst mir nicht der Typ zu sein, der gerne belehrt wird. Genauer gesagt habe ich das Gefühl, dass du, wenn ich anfangen würde, dir alle Feinheiten und Regeln der sverhamin/avhar- Verbindung aufzuzählen, dein Diktiergerät rausholen, es aufstellen und zur nächs- ten Monstertruck-Rallye verschwinden würdest, sobald ich dir den Rücken zukehre.«
    »Okay, okay, ich verstehe, was du meinst, auch wenn ich mehr auf Autorennen stehe. Aber dann reg dich nicht gleich auf, wenn ich eine Regel breche, von der ich nichts weiß.«
    »Das klingt fair.« Mit ein paar schnellen Handgriffen leg- te Vayl sein Zelt zusammen, und plötzlich hatten wir hinter uns ein schönes, breites Bett stehen. Vayls Blick wanderte zu meinem Hals, und ich wusste, dass wir uns beide daran erinnerten, wie ich ihn ihm einmal dargeboten hatte.
    Seine Augen nahmen einen hellen Grünton an, und
mein Herzschlag muss sich wohl verdreifacht haben, als ich daran dachte, wie leicht wir diese Gefühle wiederbele- ben könnten.
    »Also, der Bann«, platzte ich so laut heraus, dass man mich wahrscheinlich noch drei Blocks weiter hören konnte. Vayl ließ seine Hand sinken. Ich hatte noch nicht einmal mitbekommen, dass er sie nach mir ausgestreckt hatte. Er wandte sich ab.
    »Ja.«
    »Was genau bedeutet das für dich?«
    »Liliana und ich waren gezwungen, uns für zehn Gene- rationen von sämtlichen Mitgliedern unserer Familie fernzuhalten.«
    »Was würde passieren, wenn ihr es nicht tut?«
    Vayl warf mir über die Schulter einen Blick zu, der im- plizierte, dass er genug hatte. Man kann nur eine gewisse Zeit an einer Narbe herumkratzen, bis sie wieder zu einer Wunde wird. »Ein magischer Bann ist kein Gerichtsbe- schluss, Jasmine. Er ist ziemlich effektiv. Oder besser ge- sagt, er war es.«
    »Du meinst, er ist inzwischen außer Kraft?«
    Vayl nickte. »Der Bann hat vor drei Jahren geendet.« Sein trostloser Blick sagte: Und das bringt mir echt viel. Die Familie, die ich kannte, ist inzwischen tot. Tot und begraben. Oder, wie er im Fall seiner Söhne verzweifelt hoffte, tot und wiedergeboren.
    Ich fühlte mich wie ein Riesenarschloch. Ich hatte Vayl gezwungen, böse Erinnerungen wieder aufzuwühlen, nur um mich nicht mit meinem wachsenden Verlangen ausei- nandersetzen zu müssen, besagtes Diktiergerät vom nächsten Tisch zu fegen und stattdessen Vayl dort flach- zulegen. Die Sache war nur die: Wenn ich in diese erstaun- lichen Augen blickte und mir vorstellte, diesen ultimati-
ven Moment der Ekstase mit ihm zu teilen, hatte ich nicht mich und Vayl vor Augen. Sondern mich und Matt. Mein Verlobter war jetzt seit fast sechzehn Monaten tot, aber Teile meines Gehirns schienen es immer noch nicht glau- ben zu können.
    Vayl hatte inzwischen ein Paar Socken aus einer Schub- lade gefischt und sich auf das Bett gesetzt, um sie anzuzie- hen. »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte er.
    Großartig, ich hatte ihn verletzt, und jetzt erkundigte er sich nach meinem Befinden. Typisch. »Ja, schon. Sieh mal, es tut mir leid, dass ich dich gezwungen habe, über diese Sachen zu reden. Das geht mich nichts an, und …«
    »Doch, das tut es. Als mein avhar solltest du all meine Geheimnisse kennen, vergangene und gegenwärtige.« Er verzog den Mund. »Es sind nur einfach so viele, die ich dir erzählen muss. Und nur sehr wenige davon sind ange- nehmer Natur.«
    »Tja, dann lass dir Zeit. Vielleicht können wir alle paar Wochen eine Übernachtungsparty machen. Du kommst zu mir in meine Wohnung, und wir spielen ›Wahrheit oder Pflicht‹. Dann kannst du mir ein paar der heftigeren Sa- chen verraten, während wir darüber lästern, dass Cassan- dra zu viel Schmuck trägt und Cole immer nach Frucht- kaugummi riecht.« Vor meinem inneren Auge erschien ein Bild von Vayl in einem Spongebob-Pyjama und flau- schigen pinkfarbenen Pantoffeln, und ich begann zu ki- chern. Als ich seinen verwirrten Blick bemerkte, lachte ich noch lauter. Das scharfe Klopfen an der Tür reichte nicht, damit ich mich wieder einkriegte, doch Coles Ge- sichtsausdruck, als er eintrat, schon. Er wirkte angefres- sen. Als er sah, dass Vayl und ich uns quasi an
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