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Man lebt nur ewig

Titel: Man lebt nur ewig
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
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Seine Stimme klang rau und ein wenig schmerzerfüllt.
    »Ja.«
    »Komm rein.«
    Das lichtundurchlässige Zelt, in dem er jeden Tag schlief (starb?), bedeckte das Bett. Er kam gerade dahinter her- vor und knöpfte sich die schwarze Hose zu. Sein dunkel- blaues Hemd war offen und gab den Blick frei auf eine breite, muskulöse Brust, auf der sich schwarze Haare kräuselten und eine leere Goldkette hing, an der sich frü- her der Ring befunden hatte, den ich nun an meiner rech- ten Hand trug.
    Ich zwang mich, den Ring anzuschauen, und verkniff mir ein vollkommen unangebrachtes Wow . Die Rubine in den goldenen Fassungen glänzten in dem sanften Licht, das Vayl eingeschaltet hatte, als er aufgewacht war. Ich konzentrierte mich auf die Handwerkskunst, mit der Vayls Großvater den Ring geschaffen hatte, auf die Liebe,
die Kunstfertigkeit und die Kraft, die nötig gewesen wa- ren, um Gold und Edelsteine in ein Artefakt zu verwan- deln, das uns nun beide beschützte und verband.
    »Woran denkst du gerade?«, fragte Vayl. Er stand so nah bei mir, dass ich seinen kühlen Atem auf meinem erhitzten Gesicht spüren konnte.
    »Dein Grandpa muss ein außergewöhnlicher Mann ge- wesen sein, wenn er für dich einen so schönen Ring ge- macht hat.«
    Ich sah Vayl direkt in die Augen. Im Moment schim- merten sie in einem warmen Braunton, der typisch war für sein entspanntes, wahres Selbst. Die Augenwinkel verzogen sich, was oft passierte, wenn ich ihn zwang, in seine lang zurückliegende, schmerzhafte Vergangenheit zurückzukehren.
    »Er war … seiner Familie völlig ergeben, aber auch sehr festgefahren in seiner Art zu denken.« Er verzog die Lip- pen bei einer bestimmten Erinnerung.
    »Vayl?«
    Er presste seine Hemdknöpfe so heftig durch die Knopflöcher, dass ich überrascht war, als sie nicht abris- sen. »Weißt du, wie die Roma zu Vampiren stehen?«, fragte er.
    »Nein, nicht genau.« Obwohl ich es sollte. Warum be- schäftigte ich mich nicht eingehender mit Vayls Her- kunft? Weil, ihn zu kennen, hieße, ihn zu lieben, und du bist so absolut nicht bereit, diesen Weg zu gehen.
    »Für die Roma sind wir tot. Und damit unrein. Aber diese Unreinheit dehnt sich auch auf unsere Familie aus.« Als ich nicht genügend beeindruckt reagierte, fuhr Vayl fort: »Als mein Großvater das von Liliana und mir erfahren hat, führte er den Mob an, der uns töten wollte.«

    »Aber … er hat doch den Ring für dich gemacht. Er wusste, dass deine Seele in Gefahr geraten würde …«
    »Ja, aber er war davon ausgegangen, dass ich von Dä- monen angegriffen würde. Er dachte nicht, dass ich selbst einer werden würde.«
    »Und du dann irgendwie deine Familie damit infizieren würdest?«
    »Nicht infizieren. Töten, verwandeln, ihre Seelen zer- stören.«
    »Tja, das ist einfach nur dämlich.«
    Vayl fuhr mit dem Finger über den Ring, den er mir gegeben hatte. Er nannte in Cirilai, was so viel hieß wie »Wächter«. Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen. »Ich weiß es zu schätzen, dass du mich unterstützen willst. Aber du musst bedenken, von welcher Zeit wir hier sprechen. Das war 1751. Lange bevor es Computer, Au- tos, Penicillin oder so etwas Ähnliches wie Menschen- rechte gab. Sogar heute noch sind die Roma ein gequältes Volk. Doch damals war es noch tausendmal schlimmer. Sie hatten nur einander, sonst nichts.«
    »Ja und, deshalb mussten sie dich aus der Herde entfer- nen, um den Rest zu retten?«
    »Ich denke, so könnte man es sehen.«
    »Aber du bist hier. Wie hast du überlebt?«
    »Mein Vater hat mich vor ihnen erreicht. Er konnte es nicht ertragen, mich zu verlieren. Er sagte, ich sei alles, was ihm noch von meiner Mutter geblieben sei. Also hat er uns an einen sicheren Ort gebracht, als wir schliefen. Und dann, noch in derselben Nacht, kehrte er zu unserer eigenen Sicherheit zu uns zurück und bannte uns.«
    »Das geht? Man kann Vampire bannen?«
    Er starrte mich durchdringend an. »Wenn man genü- gend Kraft und die richtigen Mittel hat, ja. Doch das ist
nicht allgemein bekannt. Ich erzähle dir das nur zwischen sverhamin und avhar , was bedeutet, dass du diese Infor- mationen mit niemand anderem teilen darfst.«
    »Und schon wieder beschwörst du unsere spezielle Ver- bindung, so als würde ich die Regeln kennen. Gibt es vielleicht irgendwo ein Buch darüber, das ich lesen könn- te? Denn ich bin es langsam leid, keine Ahnung zu haben von den Parametern dieser Beziehung.«
    Lippenzucken. Bei jedem anderen wäre es ein breites
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