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Man lebt nur ewig

Titel: Man lebt nur ewig
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
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so gelangweilt, wie die Wachmänner aussahen. Ich wollte Cole gerade vorschlagen, dass wir zu unseren (hoffentlich verschwundenen) Mopeds zurück- gehen sollten, als einer der Wachleute sich umdrehte, um etwas zu seinem Kollegen zu sagen.
    »Hast du das gesehen?«, fragte ich.
    »Was gesehen?«
    Instinktiv zog ich Cole in den Schutz eines weißen Partyzelts, dessen Seitenwände heruntergerollt waren, damit der Wind die Kartons mit den spitz zulaufenden Bechern nicht davonwehte, in denen bald tonnenweise Eis mit einem Teelöffel voll Sirup landen würde. Ich späh- te zwischen dem Stoff und einer Zeltstange hindurch, an der er befestigt war. Eine Sekunde später sah ich es wieder. »Der rechte Wachmann. Beobachte sein Gesicht, wenn er sich bewegt.«
    Cole starrte hinüber und kniff die Augen zusammen, bis er fast so aussah wie das chinesische Baby. »Ich sehe da nichts.«
    Seltsam . Ich hatte erwartet, dass er es mir bestätigen würde. Durch einen Unfall in seiner Kindheit war er ver- ändert worden, war ein Empfindsamer geworden, wie ich. Dadurch konnte er die Gegenwart von Vampiren und anderen Wesen spüren, die nachts herumschlichen. Ande- rerseits, seit ich einem Vampir mein Blut gegeben hatte - meinem Boss, um genau zu sein -, hatte ich eine Art Zu- satzqualifikation erhalten.
    »Was hast du da gesehen, Jaz?«
    »Jedes Mal, wenn er sich bewegt hat, ist sein Gesicht irgendwie unscharf geworden, so als müsste es den Rest von ihm erst noch einholen.«
    Cole stieß den Atem aus. »Ist ja bizarr.«
    »Allerdings. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass
er nicht der Typ ist, dem wir uns einfach vorstellen soll- ten.«
    »Und was meinst du? Sollen wir hierbleiben und sehen, was er vorhat?«
    Ich spähte noch einmal hinüber. »Der geht nirgendwo hin. Lass uns zum Rest der Truppe zurückkehren. Viel- leicht wissen die irgendwas.«
    Mir wurde klar, dass mir das Schicksal - das mir oft so heftig eine verpasst hatte, dass ich durch die Schwellungen quasi blind geworden war - mit Cassandra und Bergman zwei Asse zugespielt hatte. Obwohl ich normalerweise Bedenken hatte, wenn es darum ging, externe Berater hin- zuzuziehen, lösten sich diese plötzlich in Luft auf. Ir- gendwie hatte ich das Gefühl, dass wir für dieses neue Fältchen all unsere Ressourcen brauchen würden, wenn wir es je wieder glätten wollten.

2
    Eins muss ich sagen, Wohnmobile haben seit den Hau- dir-das-Kinn-am-Waschbecken-an-während-du-die- Toilette-benutzt-Tagen meiner Kindheit richtig Stil ent- wickelt. Das Exemplar, das Vayl für uns reserviert hatte, verfügte über alle Finessen. Hinter der Fahrerkabine nahm ein Plasmafernseher die ganze Wand ein. Cassan- dras Couch hatte einen kleinen Beistelltisch. Neben Berg- mans Sofa war ausreichend Platz für eine kleine Leder- bank, die sich um einen gläsernen Esstisch wand. Dahinter befand sich ein schwarzer Granittresen, der als Früh- stücksbar genutzt werden konnte und sich bis zur Wand hinüberzog, an der ein verspiegelter Weinschrank, ein schwarzer Kühlschrank und Schränke aus Ahornholz standen.
    An der gegenüberliegenden Wand befanden sich noch mehr Schränke, zwischen denen der Herd, die Mikrowelle und ein Spülbecken aus schwarzem Porzellan angebracht waren. Der Designer hatte sogar noch Platz gelassen für einen weiteren, kleineren Fernseher.
    Das Badezimmer, zu dem ein mit Teppichboden ausge- legter Gang führte, sah aus, als hätte man es direkt aus dem Ritz geholt. Und das Schlafzimmer verfügte über einen eigenen Fernseher und ein großes, altes Doppelbett, plus jeder Menge Stauraum in Form von Schubladen. Oh, das typische Wohnmobil-Procedere, bei dem die Sofas und Bänke in Betten verwandelt werden und du in jeder
erdenklichen Nische Sachen verstauen kannst, lief bei uns natürlich auch noch ab. Aber, Baby, wir hatten Stil!
    Ich hatte das Wohnmobil gerade betreten, als ich hörte, wie Vayl zum Leben erwachte. Sein Keuchen erinnerte mich an ein Kind, das ein bisschen zu lange die Luft ange- halten hat, während es über den Friedhof läuft. Ich nickte Cassandra zu, die von ihrem Buch aufgesehen hatte, als ich reingekommen war. »Cole schließt noch den Trailer ab«, flüsterte ich, da Bergman gerade schlief. Er hatte das Gesicht in einem roten, mit Quasten versehenen Kissen vergraben und sein rechter Arm und das dazugehörige Bein streiften den goldfarbenen Teppich.
    Cassandra nickte nur und wandte sich wieder ihrer Lektüre zu.
    Ich ging zu Vayls Zimmer und klopfte an.
    »Jasmine?«
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