Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Man lebt nur ewig

Titel: Man lebt nur ewig
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
Vom Netzwerk:
Frauen-in-Uniform- Phase.«
    »Mein Stichwort, um das Thema zu wechseln. Dieses Kind ist erstaunlich. Verrat das bloß nicht meiner Schwes- ter, dass manche Babys fast nie weinen. So abgedreht, wie sie momentan wegen ihrer Mutterschaft ist, kommt sie sonst bestimmt noch auf die bizarre Idee, dass die Koli- ken ihre Schuld sind, und das Nächste, was man dann von ihr hört, ist, dass sie irgendwo in einem Kloster sitzt und zwischen ihren stündlichen Auspeitschungen einem ar- men Priester ihre Sünden aufzählt.«
    »Ich wusste gar nicht, dass ihr Katholiken seid.«
    »Sind wir ja auch nicht.«
    Es dauerte nicht lange, den Rest des Geländes zu erkun- den. Hinter dem Platz der chinesischen Akrobaten bilde- te ein billiger orangefarbener Zaun mit zwei Wachleuten die nordwestliche Grenze des Geländes. Die Wachen - dicke Männer, die sich sehr wichtig vorkamen - standen mit dem Rücken zu den verstreuten Buden am Ende des Pfads und beobachteten eine neunköpfige Gruppe von Demonstranten, die eine schmale Zufahrtsstraße für ihre Kundgebung in Beschlag genommen hatten.
    Vier Frauen und fünf Männer standen um eine Gruppe von Jugendlichen herum, die auf Klappstühlen saßen und vorgaben, ihrem Privatunterricht zu lauschen, während sie in Wahrheit den Aufbau des Festivals beobachteten.
Zwei Teenager fielen mir besonders auf, bei denen man höchstwahrscheinlich davon ausgehen konnte, dass sie sich im Laufe der Woche davonstehlen und die eine oder andere Fahrt machen würden. Aber vorerst spielten sie noch bei der Scharade mit, während ihre Eltern riesige Plakate hochhielten. Diese Schilder hatten den Erwachse- nen offenbar so viel abverlangt, dass sie nun nur noch ei- nen müden Spruch skandieren konnten: »Andere sind nicht unsere Brüder.« Die Slogans auf den Schildern brachten ihre Message wesentlich schlagkräftiger rüber: ÜBERNATÜRLICH IST UNNATÜRLICH. MENSCH ZU SEIN IST VON GOTT BESTIMMT! GOTT HASST ANDERE. MENSCHEN VOR! Und, seltsamerweise: STIMMT FÜR REINES WASSER!
    »Wer sind diese Leute?«, murmelte Cole.
    »Na ja, ich bin mir zu neunzig Prozent sicher, dass das ungefähr die halbe Gemeinde der Heiligen Kirche des Gekreuzigten Christus ist.«
    Cole lachte.
    »So einen Namen kann ich mir nicht so schnell ausden- ken.«
    »Woher kennst du sie überhaupt?«
    »Eines ihrer Mitglieder hat einen Brief an den Präsiden- ten geschickt, in dem er gedroht hat, ihn zu ermorden, wenn er dem Wahlrecht für Andere zustimmen sollte, woraufhin Pete ein Memo rumgeschickt hat.«
    »Der Präsident hat überhaupt keine Entscheidungsge- walt darüber.«
    »Ich denke nicht, dass diese Frage während des Gottes- dienstes aufgekommen ist.« Ich suchte nach dem Wagen der Gruppe. Laut Pete waren die Sprüche darauf so ag- gressiv, dass sogar Andere , die versuchten, sich anzupas- sen, dazu verleitet würden, ihn über eine Klippe zu schie-
ben. Ja, da stand er, nur ein Stück weiter die Straße rauf. Von hier aus konnte ich nicht viel erkennen, nur eine ge- sprungene Windschutzscheibe, zwei amerikanische Flag- gen an der vorderen Stoßstange und ein weißes Banner, das irgendjemand über den Kühlergrill gebunden hatte, auf dem stand: GOTT IST AUF UNSERER SEITE!
    Cole fragte: »Meinst du, sie werden jemals in die andere Richtung gehen?«
    »Ich glaube, das wäre eine Sünde.«
    Cole warf mir einen Blick zu, den ich nicht deuten konnte. »Was denn?«, fragte ich.
    »Regen diese Idioten dich nicht auf?«
    »Warum?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Vayl ist ein Anderer . Und wenn man bedenkt, was in Miami passiert ist, könntest du theoretisch gesehen auch einer sein. Die machen deine Freunde nieder.«
    »Du machst dir zu viele Gedanken darüber, was andere Leute von dir halten. Außerdem haben sie ein Recht auf ihre Meinung. Genauso wie ich übrigens. Das Problem liegt nicht darin, dass wir nicht einer Meinung sind.«
    »Nicht?«
    »Das Problem liegt darin, dass sie sich so weit in ihre andere Meinung reinsteigern, dass sie jemanden umbrin- gen wollen. Zum Beispiel den Präsidenten. Und wenn es wirklich so weit kommt, werde ich gerufen, und dann muss ich einen von ihnen töten. Und die erste Regel, die du in diesem Geschäft lernst, lautet …« Ich wartete da- rauf, dass er den Satz vollendete.
    »Töte niemals, wenn du wütend bist«, sagte er, »denn dann könnte es zu einem Mord werden.« Ich sagte ihm nicht, wie oft ich diese Regel schon gebrochen hatte. Da würde er früh genug von allein drauf kommen.

    Schließlich war ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher