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Maigret und das Schattenspiel

Maigret und das Schattenspiel

Titel: Maigret und das Schattenspiel
Autoren: Georges Simenon
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Was ist damit?«
    »Ich wollte, ich wäre dagewesen … Vorgestern morgen, am Stauwehr von Bougival. Eine ganze Reihe von Tausendfrancscheinen, die gemächlich den Fluß hinabschaukelten … Ein Schiffer hat sie als erster entdeckt, und er hat einige herausfischen können. Aber der Schleusenmeister hat Wind von der Sache bekommen und die Polizei verständigt. Und die haben einen Beamten hingeschickt, der die Geldscheinangler überwacht hat …«
    »Ehrlich? Das wird sie doch wohl kaum gehindert haben, ein paar beiseite zu stecken …«
    »In der Zeitung steht, daß man um die dreißig Scheine gefunden hat, daß es aber wesentlich mehr gewesen sein müßten, weil man auch in Mantes zwei davon herausgefischt hat … Stell dir vor, Geldscheine, die auf der Seine entlangschaukeln! Das ist besser als Gründlinge angeln, was?«
    Maigret zuckte nicht mit der Wimper. Er war einen Kopf größer als die anderen, und sein Gesicht strahlte zufriedene Gelassenheit aus.
    »… weil er ohne das Geld zurückgekommen ist … «
    Das war es also? Der kleine Monsieur Martin, der beim Gedanken an sein Verbrechen Angst oder Gewissensbisse bekommen hatte? Martin, der zugab, an jenem Abend auf der Ile Saint-Louis spazierengegangen zu sein, um seine Migräne zu vertreiben!
    Maigret konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, denn er stellte sich Madame Martin vor, die alles von ihrem Fenster aus mit angesehen hatte und auf Martin wartete.
    Ihr Mann kam zurück, erschöpft und niedergeschlagen. Sie verfolgte jede seiner Gesten und Bewegungen. Sie wartete darauf, die Scheine zu sehen, sie vielleicht zu zählen …
    Er zog sich aus, wollte zu Bett gehen.
    Und hob sie nicht seine Kleidungsstücke auf, um die Taschen zu durchsuchen?
    Sie begann unruhig zu werden. Sie starrte auf Martin und seinen traurigen Schnurrbart.
    » Die … das … das Geld? «
    » Welches Geld? «
    »Wem hast du es gegeben? … Antworte! Versuch nicht, mir etwas vorzulügen!«
    Und während Maigret am Pont-Neuf aus dem Bus stieg und zu den Fenstern seines Büros hinübersah, überraschte er sich dabei, wie er halblaut sagte:
    »Ich wette, daß Martin in seinem Bett angefangen hat zu weinen!«
    10
    Die Ausweise
    E
    s begann in Jeumont. Es war elf Uhr abends. Einige Reisende dritter Klasse begaben sich zu den Zollbüros, während die Zöllner anfingen, die Wagen der ersten und zweiten Klasse zu kontrollieren.
    Einige Leute, die es besonders genau nahmen, öffneten ihre Koffer schon im voraus und breiteten den Inhalt auf der Sitzbank aus. Zu diesen gehörte auch ein Mann mit unruhigen Augen, in einem Abteil zweiter Klasse, in dem außer ihm nur ein älteres Ehepaar aus Belgien saß.
    Sein Gepäck war ein Muster an Ordnung und Voraussicht. Die Hemden waren in Zeitschriftenbögen eingeschlagen, damit sie nicht verschmutzen konnten. Dazu ein Dutzend Manschettenpaare, warme Unterhosen und Unterhosen für den Sommer, ein Wecker, Schuhe und ein Paar ausgetretener Pantoffeln.
    Der Koffer konnte nur von einer Frau gepackt worden sein. Kein bißchen Platz war verschenkt. Nichts konnte zerknittern. Ein Zöllner drehte die Sachen mit gleichgültiger Hand um, während er den Mann im hellgrauen Mantel betrachtete, der genau der Typ war, der solche Koffer besaß.
    »In Ordnung!«
    Er markierte das Gepäck mit einem Kreidekreuz.
    »Nichts zu verzollen, die anderen Herrschaften?«
    »Entschuldigen Sie!« fragte der Mann. »Wo genau fängt Belgien an?«
    »Sehen Sie den ersten Zaun dort hinten? Nein, Sie können ihn nicht sehen. Aber warten Sie … Zählen Sie die Lampen! Die dritte Lampe links, dort ist die Grenze!«
    Eine Stimme im Gang, die vor jeder Tür wiederholte:
    »Bitte die Pässe und Personalausweise bereithalten!«
    Und der Mann im hellgrauen Mantel bemühte sich, seine Koffer in das Gepäcknetz zurückzustemmen.
    »Den Paß, bitte!«
    Er drehte sich um und sah einen jungen Mann mit einer grauen Mütze.
    »Franzose? Dann also Ihren Personalausweis …«
    Es dauerte einen Moment. Er fingerte in seiner Brieftasche herum.
    »Hier, Monsieur!«
    »Gut! Martin, Edgar-Emile … Jawohl! Folgen Sie mir …«
    »Wohin?«
    »Sie können Ihr Gepäck mitnehmen …«
    »Aber … der Zug …«
    Das belgische Ehepaar sah ihn entsetzt an, genoß aber zugleich das prickelnde Gefühl, mit einem Verbrecher im gleichen Abteil gesessen zu haben. Monsieur Martin, dessen Augen weit aufgerissen waren, stieg auf die Bank um seine Reisetaschen wieder herunterzuholen.
    »Ich schwöre Ihnen … Was ist denn
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