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Magazine of Fantasy and Science Fiction 23 - Am Tag vor der Ewigkeit

Magazine of Fantasy and Science Fiction 23 - Am Tag vor der Ewigkeit

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 23 - Am Tag vor der Ewigkeit
Autoren: V.A.
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irgendwoher beobachtet zu werden. Ich kniff die Augen zusammen und sah zum Oberlicht des Saals 215 auf, durch das nur ein einzelner heller Scheinwerfer leuchtete.
    Ich konzentrierte mich wieder auf meine Arbeit und suchte in den Ecken und unter allen Bänken nach einem vergessenen Transistorradio, das unter Umständen das elektrische Feld unseres Überwachungssystems stören konnte. Ich fand natürlich keines.
    Dann nahm ich einen kleinen Feldstärkemesser aus meinem Kasten und bewegte ihn wie ein Priester, der ein Weihrauchgefäß schwingt. Die Nadel schlug leicht aus und zeigte dadurch das unsichtbare Feld an. Das war alles ganz normal.
    In diesem Augenblick hörte ich einen unterdrückten Aufschrei, spürte eine leichte Bewegung in meiner Nähe und sah den Zeiger meines Meßinstruments bis zum Rand der Skala ausschlagen.
    Ich wartete noch zehn Minuten lang, ohne daß etwas passierte.
     
    »Das System funktioniert; ich habe gesehen, wo Sie waren«, versicherte mir der erste Wächter, als ich in die Zentrale zurückkam. Dan und sein Sandwich waren verschwunden.
    »Irgend etwas verursacht hier Störungen«, behauptete ich mit der falschen Autorität des Experten, der nicht mehr weiter weiß. »Haben Sie noch nie Schwierigkeiten mit anderen Räumen gehabt?«
    »Nicht daß ich wüßte – na, sehen Sie sich das an! Das Ding macht mich zum Lügner!« Der andere lächelte humorlos. »Jetzt ist es in Saal zweihundertsiebenundzwanzig. Dort wird moderne Kunst ausgestellt.«
    Eine halbe Stunde später kroch ich auf Händen und Füßen durch den Raum zwischen der schallschluckenden Decke des Saals 227 und der eigentlichen Saaldecke und stellte fest, daß das Überwachungssystem völlig in Ordnung war. Durch die Löcher der Schallschluckplatten konnte ich fast den ganzen Saal überblicken. Ich sah jetzt wieder nach unten – und entdeckte ein kastanienbraunes Leuchten.
    Kastanienbraun war in diesem Fall das Haar einer jungen Frau, aber die farbliche Übereinstimmung mit dem Haar des Mädchens auf dem Bild war bestimmt nur zufällig. Die junge Frau unter mir trug einen grünen einteiligen Anzug, der gut zu ihrem Haar paßte, und sie hielt eine Art Kamera mit beiden Händen hoch.
    Von meinem Beobachtungspunkt aus sah ich ihr Gesicht nicht, als sie jetzt einen Schritt vortrat. Dann begann sie den nächsten Schritt, und bevor ihr Fuß wieder den Marmorboden berührte, verschwand sie spurlos, als habe sie sich in Luft aufgelöst.
    Einige Minuten vergingen, bevor ich mich soweit von meiner Überraschung erholt hatte, daß ich zurückkriechen, durch lange Korridore gehen und den Saal 227 betreten konnte. Ich blieb in der Mitte des Saals stehen und erkannte jetzt, worauf die junge Frau ihre Kamera gerichtet hatte – auf eine seltsame Bronzefigur. Ich war eben dabei, die Tafel zu lesen – LIEGENDE GESTALT, 1957 –, als ich ein Geräusch hörte und mich danach umdrehte.
    »Haben Sie vorhin soviel Krach gemacht?« erkundigte Dan sich wohlwollend. »Ich dachte schon, hier wären ganze Horden unterwegs.«
    Ich nickte schweigend und fühlte mich seltsam zufrieden.
     
    Am nächsten Morgen wachte ich spät auf, blieb im Bett liegen und dachte an die junge Frau mit dem kastanienbraunen Haar. Selbst wenn ich ihr Verschwinden nicht beobachtet hätte, wäre mir klar gewesen, daß sie keine gewöhnliche Diebin war, die nachts das Institut heimsuchte. Sie war aus irgendeinem außergewöhnlichen Grund dort; hätte sie stehlen oder verwüsten wollen, wäre ich bestimmt frühzeitig geweckt worden.
    Der Nachmittag verlief ereignislos. Als die Sonne allmählich unterging, fuhr ich wie üblich zur Arbeit. Ich kaufte mir wie jeden Abend eine Zeitung, las sie aber nicht, als ich die Schlagzeile FRIEDENSGESPRÄCHE FEHLGESCHLAGEN sah.
    Dan und die beiden anderen Wächter begrüßten mich mit dem Lächeln, das Angestellte tragen, wenn etwas schiefgegangen ist, für das sie nicht verantwortlich gemacht werden können. Sie erzählten mir sofort, daß die Anzeigelampen 215 und 227 wieder aufgeleuchtet hatten und sofort erloschen waren, als einer von ihnen in die Nähe der betreffenden Säle kam. Ich nahm meinen Werkzeugkasten mit in den Saal 227, setzte mich dort auf eine Bank im Schatten und wartete.
    Die Zufriedenheit der letzten vierundzwanzig Stunden verwandelte sich allmählich in Ungeduld, und je länger ich wartete, desto unruhiger wurde ich. Die Unbekannte mit dem kastanienbraunen Haar mußte wissen, daß ich auf sie wartete; sie mußte erkennen,
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