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Mafia Princess

Mafia Princess

Titel: Mafia Princess
Autoren: Marisa Merico
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kreischen wie Sirenen: »Stopp! Wir schießen auf euch.«
    Ich packe Dads Hand fester, und wir rennen immer weiter. Auf einmal dreht er sich mir zu. Seine Hand entgleitet meinem Griff. Ich bleibe stehen, die Polizisten umzingeln uns. Man legt mir Handschellen und Ketten an, und ich sehe Dad davonlaufen, aber jetzt weiß ich nicht, wohin er geht. Vor ihm erscheint ein großer Düsenjet. Die Polizisten rufen: »Erschießt ihn!«, und er wird das Flugzeug ganz sicher nicht rechtzeitig erreichen. Er ist ein bewegliches, aber leicht zu treffendes Ziel. Ich schreie ihm zu, er soll stehen bleiben und sich ergeben.
    Er tut es nicht. Sie durchlöchern ihn mit Kugeln. Er fällt. Alles erstarrt. Die Leute mustern meinen Vater, der mit dem Gesicht nach unten in seinem Blut liegt. Ich reiße mich los, werfe meine Fesseln ab und renne zu ihm hin. Ich gehe in die Knie, nehme ihn in die Arme …
    Und dann wache ich auf.
    Ich erwache in einer Realität, von der ich weiß, dass sie nie grenzenlose Freiheit sein wird.

Nachschrift: Das Recht des Stärkeren
    »Freiheit ist bloß ein anderes Wort dafür, dass man nichts mehr zu verlieren hat.«
    Kris Kristofferson und Fred Foster,
Me and Bobby McGee, 1970
    Am 21. September 2009, zehn Tage nach Laras Volljährigkeitsparty, verwandelte sich der Traum in einen Albtraum. Die Vergangenheit hämmerte an meine Tür.
    Das Wochenende war tränenreich und voller Ängste gewesen. Mum hatte sich im Krankenhaus untersuchen lassen, und es gab keine guten Nachrichten. Sie hatte Knochenkrebs, und die Ärzte wussten nicht, wie ernst es war. Die Aussichten waren schlecht. Es würde, wie üblich, einige Zeit brauchen, mehr Tests sollten gemacht werden, bis sie sagen könnten, wie sie, und wir, damit umgehen konnten.
    Ich war völlig verzweifelt. Mum war immer für mich da gewesen, hatte alles in Ordnung gebracht, mein Leben wieder zusammengeflickt. Sie hatte schon einmal zu leiden gehabt, damals, als ich im Gefängnis war, und nun, da unser Leben allmählich in geordneten Bahnen zu verlaufen schien, musste das passieren.
    Am Montagvormittag hatte ich mit ihr telefoniert, und wir hatten ausgemacht, dass wir uns am Nachmittag treffen wollten, aber dann sah ich zwei Männer vor dem Haus. Im nächsten Moment standen sie auch schon an der Tür. Die Polizei. Zwei Beamte aus Preston. Sie kamen herein und setzten sich mir gegenüber aufs Sofa.
    Das italienische Ministero della Giustizia [Justizministerium] hatte meine Auslieferung beantragt. Sie wollten, dass ich den Rest meiner Strafe absaß – vier Jahre, acht Monate und acht Tage Gefängnis.
    Meine Knie wurden weich. Mum! Lara! Frank! Bitte, Gott, nicht jetzt.
    Ich war aufgrund einer reinen Formsache auf freien Fuß gesetzt worden. Danach hatte ich offen und in aller Unschuld gute zehn Jahre in England gelebt, und keiner hatte uns behelligt. Im Jahr 2007 war meine eigentliche Haftstrafe im Grunde ausgelaufen. Doch wie sich das juristisch verhielt, wusste ich nicht. In Italien existierte ein Haftbefehl gegen mich. Wenn ich das Land betrat, konnte ich dann verhaftet werden und müsste meine Strafe bis zum Ende verbüßen?
    Mein Anwalt Trevor Colebourne und ich schätzten, dass ich noch, wenn man alles berücksichtigte, sechs Monate abzusitzen hätte. Das heißt, wenn alles gut ging – aber wirklich gut läuft es in Italien in der Regel nicht. Trevor hat eine Menge mit Auslieferungsbegehren und Menschenrechtsangelegenheiten zu tun und meinte, dass es nach all der Zeit gegen jedes Gesetz wäre, mich zu verhaften: »Das war doch deren Schuld, dass man Sie freilassen musste. Die wussten, dass Sie britische Staatsangehörige sind. Sie haben nicht im Untergrund gelebt. Sie sind ordnungsgemäß in der Sozialversicherung gemeldet, Sie beziehen Sozialleistungen. Es hätte bloß einer auf eine Taste drücken müssen, schon hätte man Sie problemlos gefunden. Wie kann man Sie nach all diesen Jahren verhaften wollen, wo Sie absolut nichts Ungesetzliches getan haben? Sie haben drei Strafpunkte auf Ihrem Führerschein, das ist auch schon alles. Wie können die eine Auslieferung rechtfertigen und eine erneute Verhaftung anstreben für etwas, wofür Sie bereits eine Gefängnisstrafe verbüßt haben? Kein Richter in diesem Land würde es erlauben, damit durchzukommen.«
    Gesucht wurde ich unter meinem Mädchennamen Marisa Di Giovine. Auf meinem Ausweis steht Marisa Merico. Mich in England oder in Italien zu verhaften bedeutet, dass wir wieder einmal zwei verschiedene Sprachen
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