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Mafia Princess

Mafia Princess

Titel: Mafia Princess
Autoren: Marisa Merico
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von ihr verabschieden würde. Sie hätte ihren Bruder oder sonst jemanden schicken können, aber von ihrem Zuhause aus war es nur eine Stunde Fahrt über die Grenze. Sie wollte sich überzeugen, dass ihre Tochter sicher im Flugzeug saß.
    Die österreichische Polizei nahm sie im Auftrag von Interpol fest, nachdem Mario beschrieben hatte, wo sie zu finden war. Etienne flog nach Brasilien und ist bis heute nicht zurückgekehrt. Keiner hat seitdem irgendetwas von ihr gehört. Valeria wurde nach Italien ausgewiesen; die sechsjährige Giselle blieb bei ihrer Mutter, genauso wie ich damals Lara zurücklassen musste.
    In den folgenden Monaten wusste zunächst keiner, wo Valeria war. Ich konnte sie nicht erreichen und hatte keine Ahnung, was mit ihr passiert sein mochte. Schließlich hörte Dad über die Gerüchteküche im Gefängnis, dass die Behörden Valeria nach allen Regeln der Kunst fertigmachten. Sie waren im Besitz aller aufgezeichneten Gespräche zwischen ihr und den Schweizer Bankangestellten. Sie wurde zu achtzehn Jahren Gefängnis verurteilt.
    So gesellte sich Giselle zu der wachsenden Anzahl an Leuten, um die ich mir Sorgen machen musste. Mum hatte große gesundheitliche Probleme und musste am Herzen operiert werden. Sie half mir aber immer noch. Wir fanden es zunehmend schwierig, mit dem bisschen Geld zurechtzukommen, das wir hatten. Ich versuchte, allerlei Jobs zu kriegen, zum Beispiel Regale einräumen im Supermarkt, aber mit meiner Vorstrafe und meinem Ruf fand ich selten eine Stelle. Es gibt keinen großen Bedarf an Leuten der Kategorie A.
    Was mir am meisten Sorgen machte war die Möglichkeit, dass die italienischen Behörden bei mir anklopfen würden. Könnte es mir ergehen wie Valeria? Würde man mich ausweisen? Und wenn ja, was würde aus Frank und Lara?
    Im Jahr 2007 wurde bei meiner Großmutter Krebs im Endstadium diagnostiziert, eine lebenslange Strafe, welche die vom Staat beendete. Sie wurde freigelassen und unter Überwachung gestellt; inzwischen wohnt sie wieder an der Piazza Prealpi. So schließt sich für sie der Kreis des Lebens. Großvater Rosario dagegen gibt es nicht mehr. Er wurde während der Prozesse so krank, dass er nicht länger daran teilnehmen konnte; er starb 1999.
    Wie während ihrer ganzen Ehe blieb Großmutter auch am Schluss die Stärkere von beiden. Auch wenn sie den Krebs nicht besiegen kann, hat sie ihm doch die Stirn geboten und den Verlauf verlangsamt, das Unvermeidliche aufgeschoben. Sie findet immer noch einen Weg, ganz gleich, mit welchen Hindernissen man sie blockiert.
    Onkel Guglielmo wurde aus dem Gefängnis entlassen und begann ein neues Leben in Spanien mit einer neuen Frau und zwei gemeinsamen Söhnen. Tante Angela ist verheiratet und hat einen Sohn. Sie kümmert sich in Mailand um Großmutter.
    Mein Vater wurde 2007 entlassen, wird aber noch streng überwacht. Wieder einmal ist er einer der meistgesuchten Männer auf der Welt – diesmal allerdings von der Mafia. Er ist im italienischen Zeugenschutzprogramm. Bei einer ganzen Reihe von Prozessen trat er als Zeuge des Staatsanwalts auf und sagte gegen verschiedene Familien aus, wie den Clan Di Giovine / Serraino. Es war höchst riskant, und er geriet heftig unter Druck der Familien, vor allem des Clans aus Kalabrien.
    Als Dad verhaftet wurde, kam ihm allerdings keiner aus der Familie im Süden zu Hilfe. Ich glaube, deshalb reagierte mein Vater so. Er hatte die Nase voll von ihnen und ließ sich auf den Deal ein, um für sich ein bisschen Freiheit auszuhandeln. Dabei half ihm Dottore Macri Vincenzo, der innerhalb der Anti-Mafia-Brigade in Rom eine wichtige Persönlichkeit ist.
    Kaum jemand weiß, wo mein Vater sich derzeit aufhält. Gelegentlich telefonierten wir, aber aus Sicherheitsgründen wusste ich nie, woher die Anrufe kamen. Er weiß so viel; über ein halbes Jahrhundert war er in der Mafia und hat Geschäfte mit Waffenhändlern und Drogendealern in der ganzen Welt gemacht. Jetzt endlich, feixt er, haben sie ein ordentliches Kopfgeld auf ihn ausgesetzt.
    Ich weiß nicht, ob Großmutters Freilassung etwas mit den Arrangements zu tun hat, die Dad mit der italienischen Regierung traf. Sie hält noch immer Kontakt mit der Familie im Süden. Es dauerte eine Weile, aber inzwischen scheint sie Dad zu verstehen. Doch im Jahr 2009 kam es zu einem ziemlichen Aufruhr, weil er in einem Prozess aussagen musste, bei dem es um die nächste Generation in Großmutters kalabrischer Familie ging. Es handelt sich immer noch um
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