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Mafia Princess

Mafia Princess

Titel: Mafia Princess
Autoren: Marisa Merico
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Vorwort
    »Träume, als würdest du ewig leben,
lebe, als würdest du heute sterben.«
    James Dean, 1954
    Mit einer Pistole Kaliber 7.63 erschossen sie meinen Patenonkel, als er auf einem Stuhl bei seinem Lieblingsfriseur auf eine Nassrasur wartete.
    Ein Sprenggeschoss aus einem Präzisionsgewehr zerfetzte den Kopf vom Cousin meines Vaters, als er das Haus verließ, in diesem gehetzten Augenblick zwischen seiner Haustür und seinem kugelsicheren Wagen.
    Einer meiner Onkel wurde mit einer Automatikwaffe niedergeschossen, als er eines Mittags in seinem Café-Restaurant Wein servierte.
    Der Mann, der diese Morde in Auftrag gegeben hatte, wurde bald darauf getötet, während er sich in Schutzhaft befand, und zwar bei seinem Ausgang im Gefängnishof an einem Sonntagmorgen. Ein Schütze, der von einem Gebäude außerhalb der Gefängnismauern zielte, traf ihn mit einem spiralförmig gefurchten Sprenggeschoss mitten in die Stirn.
    Nachdem nun bereits siebenhundert Beteiligte und Unschuldige tot waren, eskalierte die Gewalt mit jedem Tag, und meine Familie litt immer mehr. Deshalb erklärte ich mich im Alter von neunzehn Jahren bereit, in den Süden zu fahren, und zwar mit einer Ladung Kriegswaffen in Geheimfächern des Citroën der Familie, eines speziell angefertigten Wagens, mit dem normalerweise Heroin transportiert wurde. Darunter waren Maschinenpistolen, Handfeuerwaffen und Gewehre, Patronengürtel, kugelsichere Westen, Kalaschnikows vom Typ AK-47, mit denen man 650-mal die Minute feuern kann. Dazu Bazookas, die gepanzerte Fahrzeuge zerfetzen.
    Es war, als packten wir die Koffer für die Ferien, Pullover und Röcke zuerst, damit die ganzen gebügelten Sachen glatt liegen, und dann Kulturtasche und Schuhe in den Ecken verstaut.
    Ich war zu jung, um das Ausmaß von dem zu begreifen, was da geschah, und zu wahnsinnig verliebt in den jungen Mann, der mitkam, und so hatte ich keine Angst – nicht einmal, als die Carabinieri zu einem kleinen Plausch neben unserem Wagen hielten, in dem wir genug Waffen verstaut hatten, um den dritten Weltkrieg anzufangen.
    Wir fürchteten uns vor nichts und niemandem auf der Welt. Wir kamen uns vor wie auf einer Urlaubsfahrt mit der Familie.
    Nachdem wir alles abgeliefert hatten, wurden die Kämpfe noch heftiger. Die Familien auf der Gegenseite hatten nicht unsere Kontakte, um sich Kriegswaffen wie jugoslawische Bazookas zu besorgen. Überfallkommandos operierten als Vier-Mann-Teams: ein Fahrer, ein Schütze mit einer Benelli Automatik Kaliber 12, die berühmt war in den Tötungstaktiken urbaner Kriegsführung, dazu noch zwei Männer mit Maschinenpistolen. Es gab russische RPG 7, Rutschnoi Protiwotankowy Granatomjot, Panzerabwehrgranatenwerfer mit optischem Visier. Es gab Teams mit Brandspezialisten, deren Aufgabe es war, diejenigen Gegner auszuräuchern, die vom Gewehrfeuer getroffen waren, aber vor den Flammen fliehen konnten.
    Doch das Ganze war keineswegs einseitig. Onkel Domenico – ein liebenswerter Mensch voller Humor und immer zu Späßen aufgelegt, der Bruder meiner Großmutter und einer meiner Lieblingsonkel – wurde erschossen, als er auf den Balkon vor seinem Schlafzimmer trat, um eine Zigarre zu rauchen.
    Wer hat Verwandte, die einfach so erschossen oder sonst wie getötet werden? Ich bin damit aufgewachsen.
    Es war der reinste Irrsinn.
    Gewalt wurde mit Gewalt beantwortet, und schon früh war mir klar, gewinnen würde der, der über die bessere Ausrüstung zum Morden verfügte. Und den stärkeren Willen zum Morden hatte.
    All das habe ich gelernt, denn noch vor meiner Geburt spielte Gewalt in meinem Leben eine entscheidende Rolle.
    Gewalt half bei meiner Geburt.

1 Gucci Gucci Gu
    Fidarsi è bene, non fidarsi è meglio. [Vertrauen ist gut, nicht vertrauen ist besser.]
    Ich kam auf dem Küchentisch meiner Großmutter zur Welt. Meine Ankunft gestaltete sich zögerlich, doch gerade rechtzeitig zum Frühstück, in dem mittleren Zimmer ihres Hauses auf der Piazza Prealpi in Mailand.
    Auf demselben Tisch hatte meine Großmutter ihre zwölf Kinder zur Welt gebracht, darunter auch Angela, ihre Jüngste, deren Geburt gerade einmal vier Wochen zurücklag.
    Meine Mutter hatte keine Wehen. Sie ließ sich Zeit mit der Niederkunft, und an so etwas war der Haushalt meiner Großmutter nicht gewöhnt.
    »Pressen! Pressen, pressen!«, schrie Großmutters Freundin Francesca, die Hebamme, sie an.
    Mum presste nicht, nicht ein bisschen. Sie wusste gar nicht, wie ihr geschah. Sie war wie in Trance.
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