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Mafia Princess

Mafia Princess

Titel: Mafia Princess
Autoren: Marisa Merico
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Mir war klar, ich würde nie mehr eine Waffe unter den Fliesen oder Geld verstecken können.
    Dass ich unschuldig bin, habe ich nie behauptet; das bin ich nämlich nicht. Ich bin kein Engel. Ich bin aber auch kein Teufel. Ich bin irgendwo dazwischen. Ich habe Unrecht getan, und dafür habe ich vier Jahre im Gefängnis gesessen. Ich habe bezahlt. Ich habe nicht versucht, mich aus diesen kriminellen Machenschaften herauszuhalten. Ich war zu jung und zu naiv, als ich Mafiaprinzessin wurde. Heute bin ich mir mehr im Klaren darüber, was in meiner Umgebung passiert.
    Ich bin buchstäblich treu bis in den Tod, auch gegenüber meinen Freunden. Kaum einer hält sich mehr an seine Werte und Grundsätze. Oder an seine Loyalität. Ich tue das. Und genau das hat mich auch in Schwierigkeiten gebracht – diese Loyalität, die ich meinen leiblichen Verwandten gegenüber empfand. Leuten, die mir etwas bedeuteten und die ich liebte. Das hat mich in Schwierigkeiten gebracht, weil es mir im Blut liegt, weil es zu mir gehört, zu dem Mensch, der ich bin.
    Jetzt wünsche ich mir ein Leben voller Stabilität und Glück. Probleme wird es immer geben – die Vergangenheit kann man nicht auslöschen –, aber ich hoffe, die Probleme werden sich in Zukunft darum drehen, wer mit der Katze zum Tierarzt geht, damit sie geimpft werden kann. Oder ob Lara noch den letzten Bus erwischt. Oder ob sich der kleine Frank, der noch nicht ganz neun Jahre alt ist, beim neuesten Terminator -Film ängstigen wird. Er mag solche Filme und die ganzen Video-Kriegsspiele. Ich sehe ihn in der Gegend rumballern und denke an seinen Vater.
    Einmal fragte er mich: »Wie kann man denn mit einem einzigen Schuss getötet werden?«
    Genau das ist seinem Vater passiert. Getötet mit einer einzigen Kugel. Darüber werde ich eines Tages mit ihm sprechen müssen. Eines Tages wird er wissen wollen, was geschehen ist. Ich hätte es gar nicht gern, wenn er die Sache in die eigene Hand nimmt und sich rächt, vielleicht eine Vendetta heraufbeschwört. Ich mache mir Sorgen, dass er, wenn er achtzehn oder neunzehn Jahre alt ist und mehr Testosteron als Verstand hat, nach dem Mörder seines Vaters sucht. Deswegen bin ich in aller Stille in Kontakt mit Leuten getreten, die Antworten auf alle Fragen haben. Ein Mann, den ich sehr respektiere, meinte zu mir, es gäbe keinen Grund zur Sorge.
    »Wieso?«, fragte ich.
    Es habe ein Problem mit einem abgelehnten Geschäftsangebot gegeben, einem Vorschlag, der gutes Geld eingebracht hätte, aber zurückgewiesen wurde. Man ließ mich wissen, dass der Junge, der mit Frank in dieser Nacht zusammen war, nicht mehr am Leben sei.
    Ich habe nicht weiter nachgefragt.
    Auf den Knien meiner Großmutter hatte ich gelernt, niemals zu viele Fragen zu stellen.

20. Traumland
    »›Es ist die Zeit gekommen‹, sagte das Walross,
›um über vieles zu reden: über Schuhe – und Schiffe – und Siegelwachs – über Kohlköpfe – und Könige – und darüber, wieso die See kochend heiß ist – und ob Schweine Flügel haben.‹«
    Lewis Carroll, Alice hinter den Spiegeln, 1871
    Der elektrische Warrior Wagon, den Frank an seinem ersten Wochenende in Freiheit gekauft hatte, steht im Spielhaus seines Sohnes. Den Reiz des Neuen hat das Auto für den Kleinen längst eingebüßt, und es bräuchte ein bisschen Pflege. Einer der Reifen ist nicht mehr da. Den hat unser Hund Lyon zerkaut. Er fand diesen seltsamen Leckerbissen toll, aber dem Auto fehlt jetzt das Gleichgewicht, es ist ein bisschen wacklig.
    Wacklig auf den Beinen bin ich auch immer wieder.
    Wenn ich mit Mum oder Dad, wo immer auf der Welt er sich gerade aufhält, gesprochen habe und danach der kleine Frank ins Bett gebracht ist, schlafe ich zwar gleich ein. Denn ich bin hundemüde, total erledigt.
    Doch die Streiche, die einem die Gedanken spielen, kann man nicht abstellen. Manchmal, in der Nacht, spüre ich einen kalten Schauer, wie in der Nacht, als Frank starb. Wahrscheinlich ist es nur eine Brise, die von der Irischen See herüberkommt, und nichts Übernatürliches, das sich hereindrängt.
    Trotzdem: Meine schlimmsten Ängste überkommen mich im Schlaf. Der Traum beginnt und endet stets auf dieselbe Weise.
    Ich laufe Hand in Hand mit meinem Vater durch eine verspiegelte Abflughalle eines Flughafens. Überall um mich vervielfältigen sich Bilder von uns. Die bewaffneten Polizisten, die uns jagen, kommen näher und näher. Wir laufen einem verwaschenen Horizont entgegen. Die Polizisten schreien und
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