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Mafia Princess

Mafia Princess

Titel: Mafia Princess
Autoren: Marisa Merico
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außer Landes geflüchtet sei. Außerdem musste ich nicht nur meinen eigenen Pass, sondern auch den von Frank abgeben.
    Ich saß ganz hinten im Gericht, bis der Richter mich aufforderte, auf der Anklagebank Platz zu nehmen. Verloren sah ich mich um. Auch um Worte war ich verlegen, konnte kaum meine Identität, meinen Namen bestätigen. Ich hörte meine eigene Stimme nicht beim Sprechen.
    Der Anwalt, der die italienischen Behörden vertrat, sagte, dass ich noch vier Jahre, acht Monate und acht Tage meiner Haftstrafe zu verbüßen hätte; von meinem Gefängnisaufenthalt in Durham oder in Italien war nicht die Rede. Die junge Frau von der Staatsanwaltschaft trat nicht allzu streng auf, obwohl sie erwähnte, ein Anklagepunkt sei der illegale Handel mit Betäubungsmitteln. Rein juristisch war das Ganze ein Mischmasch aus Formalitäten, Fragen nach Präzedenzfällen und der bereits abgelaufenen Zeit.
    Ich musste ständig daran denken, wie es mir im italienischen Strafvollzugssystem ergehen würde. Ich bin die Mafiaprinzessin, die Tochter eines Mannes, der gegen die im organisierten Verbrechen tätigen Familien ausgesagt hatte. Ich hatte allen Grund zur Annahme, man könnte mich im Gefängnis ermorden, um sich an meinem Vater zu rächen.
    Trevor erklärte, mein Fall sei einzigartig – »nie zuvor habe ich von vergleichbaren Umständen gehört« –, und während er so sprach, erschien es unwahrscheinlich, dass man mich ausweisen würde.
    Ich wusste es besser. Es war mir ja bereits passiert. Doch ich würde bis zum 20. Oktober auf die Entscheidung warten müssen. An diesem Tag sollte die eigentliche Anhörung zum Thema Ausweisung beginnen. Doch schon Tage nachdem die internationalen Dokumente auf Trevors Schreibtisch gelandet waren, wurde klar, dass der 20. Oktober kommen und verstreichen würde. Die Anhörung musste auf Dezember 2009 verschoben werden.
    Seit zwölf Jahren war ich in England. Würde es weitere zwölf Jahre dauern, ehe ich wirklich frei war?
    Werde ich je meinem Leben mit der Mafia entfliehen können, einem Leben, in das ich hineingeboren wurde, an das ich durch die Liebe gebunden war und für das ich seit so langer Zeit schon büßte?
    Ich hoffe, es stimmt, dass das Leben mit vierzig beginnt. Diese magische Zahl erreichte ich Anfang 2010, und ich bin wild entschlossen, den Rest meiner Zeit mit aller Intensität anzugehen. Ganz egal, was mit mir passiert oder was die Zukunft bringen mag.
    *****
    Mitten in dem Chaos erfuhr ich aus erster Hand, dass die Mafia-Generation des 21. Jahrhunderts auch in unserer Familie fest etabliert ist. Ende 2009 besuchten einige Teenager unserer Familie meine Großmutter an der Piazza Prealpi. Sie waren nicht gekommen, um ihre Anteilnahme an Großmutters schwindender Gesundheit auszudrücken. Sie wollten über den Tod von Dad und Tante Rita sprechen. Beide sollten getötet werden, weil sie vor den Behörden ausgesagt hatten. Auch die Brüder meines Vaters sollten ausgelöscht werden, weil sie kein schlimmeres Vergehen begangen hatten, als mit Dad verwandt zu sein.
    Großmutter antwortete ihnen, sie müssten tun, was sie tun müssten, aber dass sie sich darüber klar sein sollten, dass es Konsequenzen haben würde. Ich bin sicher, dass sie nach dem Fortgehen der jungen Leute weinte. Vor nicht allzu langer Zeit hätten diese Punks ihr Leben, zumindest aber eine harte Strafe riskiert, dass sie ohne Vorankündigung bei Großmutter aufgetaucht waren. Jetzt kamen sie mit Drohungen. Auf Mailands Straßen geht das Gerücht, ein Territorialkrieg, irgendwas Großes, wird passieren.
    Der Verstand sagt einem, dass hinter den Drohungen jemand steckt, nicht nur eine Handvoll Möchtegern-Mafiosi. Doch es sind diese halben Kinder, welche die Waffen tragen. Und eine lebenswichtige Lektion aus meinem Leben in der Mafia ist, dass die wahre Macht in Händen derer liegt, die Waffen tragen.
    Wieder einmal steht sie an unserer Schwelle, die neue, Waffen tragende Generation des Clans Di Giovine/Serraino. Wieder einmal wird die Familie in einen Krieg gehetzt.
    *****
    Im Jahr 2010 hatte die ’Ndrangheta der Cosa Nostra den Rang als Europas mächtigste Mafia-Organisation abgelaufen. Der Einfluss mag immer noch groß sein in Kalabrien, doch alles Wichtige spielt sich inzwischen in Mailand ab.
    Die Macht der ’Ndrangheta reicht bis zu den Laufstegen und in die Stadien. Die Modeindustrie steht genauso unter Druck wie die Fußballvereine, die regelmäßig bedrängt werden, großzügig mit ihren Profiten zu
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