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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)
Autoren: Giovanni Tizian
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wie der Ermittlungsrichter festhielt. Und Baccarinis Funktion beschränkte sich nicht nur auf die von ihm zur Verfügung gestellten technischen Fähigkeiten im Finanzsektor für einzelne Operationen, sondern er »kollaboriert vollumfänglich in organischer Weise mit der Gruppe«. Durch Baccarini stießen die Ermittler der Finanzpolizei auch auf eine Anwältin aus Modena namens Daniela Rozzi. »Sie sollte Prokura bekommen für die Verhandlungen über das im Gang befindliche Milliardenprojekt«, schrieb der Untersuchungsrichter.
    Aus abgehörten Gesprächen geht deutlich hervor, dass ihre Rolle generell eher marginal war. Die Organisation bedurfte jedoch ihrer beruflichen Fähigkeiten, um das Geschäft abzuschließen. Und sie fragte ihren Freund Paolo mehr als einmal, wie aus den Unterhaltungen hervorgeht, ob bei der ganzen Sache auch etwas zu verdienen sei. »Jede Menge«, versicherte Baccarini.
    Schattenwirtschaft, Korruption, Mafia. Drei Aspekte, denen man während der mühsamen und aufwendigen Suche nach den eigentlichen Zentren krimineller und politischer Macht begegnet. Seit ich begonnen habe, das vorliegende Buch zu schreiben, ergab sich eine unendlich scheinende Reihe von immer neuen Erkenntnissen. Erkenntnisse, die leider die faktische Existenz von etwas belegen, was für viele eine Theorie von Außenseitern oder eine nebensächliche und hauptsächlich Süditalien betreffende Frage ist.
    Das Manuskript abzuschließen war keine leichte Sache. Ich habe zahlreiche Ergänzungen vorgenommen, Episoden in letzter Minute eingefügt. Alles in allem habe ich versucht, ein – teilweise mit romanhaften Zügen versehenes – Bild wiederzugeben, das so aktuell und umfassend wie möglich sein sollte. Was ich nicht mehr einfügen konnte, weil es sich nicht ereignete, war die Beschreibung eines über die üblichen demagogischen Schemata hinausgehenden, entschiedenen Auftritts der norditalienischen Politik gegen die mafiösen Organisationen in der Po-Ebene. Abgesehen von den Lobeshymnen nach den Verhaftungen, den Glückwünschen, den kalten und distanzierten Verurteilungen der verwickelten Lokalpolitiker und dem Lob für den damaligen Innenminister Maroni und den damaligen Ministerpräsidenten Berlusconi, blieb alles, was einem entschiedenen Entgegentreten gegenüber den Mafien gleichgekommen wäre – eine Aktion, besetzt mit Personal, das sich im Umfeld der Regierung bewegt oder dieser selbst angehört – aus. Eine einzige starke und umfassende Aktion, um die Unterwanderung der Bauwirtschaft, der Spielhöllen, der Wirtschaft und des Wahlsystems anzuprangern, hätte mir schon gereicht. Aber leider Fehlanzeige.
    Jenseits der fast schon Routine gewordenen Polizeiaktionen und Verurteilungen gäbe es eine große Leere, wäre da nicht der Bereich der Bürgervereinigungen. Nur die Regionalversammlung der Emilia-Romagna hat ein Anti-Mafia-Gesetz erlassen, das erste seiner Art, das auch Bestimmungen über die öffentlichen Ausschreibungen und Mittel zur Verbreitung der Kultur der Legalität enthält. Das ist sicher ein wichtiges Signal, aber um den Kampf zu gewinnen, bräuchte es härtere und radikalere Instrumente auf dem Gebiet der Wirtschaft, der Arbeit und der Justiz. Wiederum in der Emilia-Romagna haben die Selbständigen der Stadt Modena eine berufliche Ethik-Charta beschlossen. Elf Artikel regeln unter anderem die Suspendierung aus den Reihen der Selbständigen bei Vorfällen von illegalen Absprachen, und im Fall einer endgültigen Verurteilung wegen mafiöser Umtriebe den Ausschluss und die Beschlagnahmung der Güter.
    Es ist ein erster Ansatz, der den Weg aufzeigt für die Berufsverbände der anderen Regionen. Es ist ein Instrument, das den Korrumpierten Angst machen könnte. Im Übrigen haben die Selbständigen von Modena ihre Kompetenzen für die Rekultivierung des Valle del Marro in Kalabrien zur Verfügung gestellt, wo die auf einem ehemaligen Mafia-Landgut stehenden Olivenbäume der Vereinigung
Libera
in der Ebene von Gioia Tauro bei einem Anschlag in Brand gesteckt wurden – Beispiel für eine Anti-Mafia-Kultur, die Grenzen überschreitet und die sich solidarisch zeigt mit den von Mafien Unterdrückten. Es ist eine Anti-Mafia, die agiert und die Rechte einfordert. Denn die Mafien gewinnen dort, wo die Rechte nachlässig gehandhabt werden, wo die Kultur abwesend ist, weil es bequemer so ist, wo Rechte zu Privilegien wurden. Die vom jeweiligen Paten zugebilligt werden oder nicht.
    Und wem das dann immer noch als eine
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