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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)
Autoren: Giovanni Tizian
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der im September 2010 von der Anti-Mafia-Direktion Neapel durchgeführten Operation »Staffa« wurde Vallefuoco vorgeworfen, mafiöse Vereinigungen gegründet zu haben. Alles, was man ihm vorwerfen konnte, war einfache Verschwörung. Diese wurde allerdings dadurch verschärft, dass man ihn beschuldigte, mafiöse Methoden angewendet zu haben, um dem Clan Vorteile zu verschaffen.
    Vallefuoco soll einen veritablen Pakt mit dem Stolder- und dem Casalesi-Clan sowie sizilianischen Mafia-Zellen geschlossen haben, mit dem Ziel, gemeinsam große Summen der Geldwäsche zu unterziehen. Und zwar in San Marino. Die Aktivitäten, die Vallefuoco entfaltet hatte, sind zahlreich. Sie reichen vom Immobiliensektor über den Handels- bis hin zum Finanzsektor. Hinter diesen legalen Aktivitäten sollen aber – den Ermittlern aus Bologna und Neapel zufolge – Geldwäsche, Wucher und Erpressung praktiziert worden sein.
    Dennoch ist der Vallefuoco-Clan atypisch für die ’Ndrangheta. Auf der einen Seite verfügt er über enge Verbindungen zu Camorra- und Casalesi-Clans. Er nutzt klassische Mafia-Methoden, falls er anders nicht zum Ziel kommt. Auf der anderen Seite steht seine Ferne zum traditionellen Clan-System. All das macht ihn in den Augen der Staatsanwälte von Neapel eher zu einer Art Mitläuferfamilie. Mit der Aufgabe der organisierten Geschäftemacherei und der Vermittlung zwischen den gewalttätigen Clans. Von Neapel über Casal di Principe, Palermo, Rimini und Modena sowie Florenz strömten die Gelder der Clans nach San Marino. Das gehört zu den Erkenntnissen aus der Operation »Staffa«, die zur Verhaftung Vallefuocos und 28 weiterer Personen führte und die es ermöglichte, die Verbindungen zwischen den Clans und der Emilia-Romagna genauer zu beleuchten.
    Im Zentrum der Geldwäscheaktivitäten stand eine Finanzgesellschaft aus San Marino, die
Fincapital
. Als Eigentümer war Livio Bacciochi eingetragen, ein alteingesessener Einwohner San Marinos. Als Anwalt und geschätzter Selbständiger wurde er von den Anti-Mafia-Behörden aus Neapel und Bologna beschuldigt, sich an Geldwäsche und illegalen Absprachen mit der Camorra beteiligt zu haben. »Aus zahllosen abgehörten Unterhaltungen geht hervor«, schreiben die Ermittlungsbeamten aus Neapel, »dass gerade durch Bacchiochis Finanzgesellschaft Geldwäscheaktivitäten mit enormen Summen durchgeführt wurden, die aus Betrügereien oder von Camorra-Clans stammten.«
    Die Geldwäsche lief dabei nach einfachen Mechanismen ab. Man eröffnete Girokonten auf den Namen von Gesellschaften oder Vertrauenspersonen, und über den Umweg anderer Finanzgesellschaften wurden die Gelder auf diese überwiesen. Dabei wurden falsche Rechnungen ausgestellt. Die
Fincapital
erhielt Schecks ohne Namen und Datum, die dann die Strohmänner im geeigneten Moment gegen Barschecks oder Banknoten eintauschten, um diese wieder zu reinvestieren. Dazu gab es auch noch Finanzierungsanfragen für fiktive Handelstransaktionen (Kauf oder wiederholter Verkauf von Immobilien).
    Ein gut geölter Mechanismus für die Gelder der Camorra, der jedoch zum Untergang der
Fincapital
führte. Aus einer blühenden und gesunden Finanzgesellschaft war binnen kurzer Zeit, dem Urteil von Vallefuoco zufolge, »eine Scheiße« geworden. Mit der
Fincapital
beschäftigen sich mittlerweile Staatsanwälte in Bologna und Neapel. Sie haben die enge Beziehung zum gegenseitigen Nutzen zwischen den Clans und den Fachleuten aus der Finanzbranche publik gemacht. Solche Beziehungen brauchen die ’Ndrangheta-Clans der Emilia-Romagna, die Vallefuoco vor Einmischungen anderer Clans bewahren wollte. »Du weißt doch genau, mit wem ich hier oben zusammenarbeite, und du weißt auch genau, dass ich keine Spielfigur auf einem Schachbrett bin«, teilt der Boss einem Gefolgsmann mit und fügt schließlich hinzu: »Haltet auf alle Fälle Livio Bacciocchi außen vor, bei all der Scheiße, die ihr anrichtet. Wenn er eingebuchtet wird, hat er immer noch zu essen. Aber alle anderen werden nichts mehr zu fressen haben.«
    Wenn der Mechanismus blockiert, unterstreicht Vallefuoco, werden sich die anderen Clans umgehend rächen. »Wenn das Ding aus meiner Schuld abschmiert, werden sie herkommen und mir eine Kugel in den Kopf ballern. Wenn du es verkackst, werden sie dir eine Kugel durchs Hirn jagen. Ihr seid doch nur 30 000 Einwohner. Neapel allein hat zwei Millionen, und von denen sind 500 000 Verbrecher, die sie zu uns geschickt haben. Du weißt doch genau, dass
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