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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)
Autoren: Giovanni Tizian
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warten darauf, endlich abzudrücken und so in den Olymp des Verbrechertums aufzusteigen. Sie sind sich nahe wie Brüder und stehen bereit, um der Welt zu zeigen, dass der Nirta-Strangio-Clan den Moment für gekommen hält, das einzufordern, was ihm gebührt: Macht, Ehre und den Respekt der anderen Clans.
    Giovanni ist schon seit längerem in Deutschland tätig. Er gilt als der Boss der Mafia-Zelle von Kaarst bei Düsseldorf. Die Ermittler sind ihm schon seit einiger Zeit auf der Spur. Diese Augustnacht wird ihn als »Killer von Duisburg« bei den Polizeiorganisationen in ganz Europa und darüber hinaus bekannt machen. Seine ausersehenen Opfer sind Marco Marmo, Sebastiano Strangio, Tommaso Francesco Venturi, die Brüder Marco und Francesco Pergola sowie Francesco Giorgi. Die Welt wird sich an dieses Ereignis als »Massaker vom 15. August« erinnern. Es reiht sich ein in eine blutige Chronologie von Mordanschlägen: dem »Karnevals-Scherz« (1991), dem »Massaker vom 1. Mai« (1993) und dem »Weihnachts-Blutbad« (2006).
    Der Anfang dieser Blutrache geht zurück ins Jahr 1991, als aus einem vermeintlich harmlosen Karnevalsscherz bitterer Ernst wurde. Rocco Mammoliti, Sohn eines bekannten Clan-Chefs aus San Luca, ist einer der wichtigsten Kronzeugen aus den Reihen der ’Ndrangheta. Er schilderte den Vorfall aus seiner Sicht: »Einige Jungs der Nirta-Familie alberten miteinander rum, bewarfen sich mit Eiern, schmierten sich gegenseitig mit Rasierschaum voll. Dabei bekam auch das Auto von einem der Vottaris was ab. Ein Wort gab das andere. Die Jungs der Familien Nirta und Strangio gingen daraufhin ins Café der Vottaris und verlangten eine Entschuldigung. Die Kontroverse verlagerte sich auf die Straße, nach den Worten flogen die Fäuste. Andere Jugendliche gingen dazwischen, um die Streitparteien zu trennen, darunter Antonio Pelle. Während die Nirta-Jungs zu ihren Autos rannten und abhauen wollten, zog Antonio Vottari, davon überzeugt, dass diese mit Waffen zurückkommen würden, eine Pistole und schoss der Gruppe hinterher, einige traf er in den Rücken.« Zurück blieben die Leichen von Domenico Nirta und Francesco Strangio. Die Brüder Sebastiano und Giovanni Nirta wurden schwer verletzt.
    Dank der Aussagen Mammolitis konnten die Ermittler die Vorgänge dieser dunklen Jahre aufhellen. Eine klassische Auseinandersetzung zwischen Clans, wie sie sich aus der Analyse von Dokumenten und Indizien rekonstruieren ließ. Den Clans ging es dabei um die Vorherrschaft in San Luca, um die Ehre und die wirtschaftliche Macht in diesem Gebiet. Das Resultat war ein Blutbad, das seine Spuren in der Region entlang der Küste des Ionischen Meeres hinterließ.
    Um 2.24 Uhr in dieser unheilschwangeren Augustnacht 2007 wird der Anschlag nach Mafia-Art ausgeführt. Er löscht für immer die kollektive Vorstellung von der ’Ndrangheta als einer Vereinigung von Schafhirten aus dem hintersten süditalienischen Bergland aus. Der Anschlag versetzt Deutschland in Aufruhr. Er belegt unübersehbar die Existenz einer grenzüberschreitenden, international agierenden Mafia-Organisation. Über den gesamten Globus verstreut haben die Clan-Chefs lokale Mafia-Zellen gegründet, die in enger Abstimmung mit dem Mutterhaus in Süditalien agieren und sogar die US-Regierung mit Sorge erfüllen. Diese setzte die ’Ndrangheta 2008 auf eine schwarze Liste namens
Foreign Narcotics Kingpin Designation Act
(dt.: Liste der ausländischen Drogenbarone). Die kalabrische Mafia steht seitdem auf derselben Stufe wie die kurdische Untergrundbewegung PKK, die Terrororganisation Al Qaida sowie die kolumbianischen und die mexikanischen Drogenkartelle. »Sie ist zu einer zunehmenden Gefahr vor allem im Nordosten der Vereinigten Staaten geworden«, erklärte der stellvertretende US-Justizminister Mark Philipps und fügte hinzu: »Es handelt sich um eine Gruppierung, die ihren Machtbereich ständig vergrößert und deren Aktionen wir sehr ernst nehmen.«
    Am nächsten Morgen werden vor dem Restaurant
Da Bruno
die Patronenhülsen zusammengefegt. Passanten bringen Blumen und kleine Zettel, auf denen sie ihrer Trauer Ausdruck verleihen. Die Menschen starren ungläubig auf die Blutlachen auf dem Boden, entsetzt über den brutalen Anschlag, für den sie – wie alle Menschen außerhalb der Mafia – kein Verständnis aufbringen. Letztlich ist es fast schon banal: Eine Fehde zwischen Clans bedeutet nun mal Krieg. Allen Kriegen gemeinsam ist das Ziel, den Feind zu vernichten.
    Die
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