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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)
Autoren: Giovanni Tizian
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zufolge auch derjenige, mit dem sich die Casalesis verabreden wollen, um mit ihm als Repräsentant der ISES zu sprechen. Dass hinter der Gesellschaft
Vallefuoco
steckt, gibt »Franco« offen zu. »Auch die im Polizeipräsidium glauben, dass ich hinter der ISES stecke. Wenn die Polizei herausfinden wollte, wer dahinter steckt, bräuchte sie drei Sekunden, verstehst du?«
    Szenen aus der Emilia-Romagna, von Mafia-Unternehmern, die ihre Geschäfte diversifizieren. Von der Bäckerei über die Rückgewinnung von Krediten, was bei einer immer weiter um sich greifenden Rezession zu einem immer gewinnträchtigeren Sektor wird, bis hin zu klassischen Investmentgesellschaften. Geschichten von Clans, die mit legaler Zulassung arbeiten, direkt vor den Augen der von ihnen belagerten Emilia-Romagna.

EPILOG
    Aus Zeit- und Platzgründen musste ich zahlreiche weitere Geschichten in diesem Buch weglassen, die die Macht der Mafia im Norden unseres Landes belegen. Denn darum geht es ja: Mafia-Organisationen, die Ableger im Norden Italiens aufgebaut haben und hier Teile der Wirtschaft übernommen haben. Und somit auch Teile der Macht. Die Clans sind längst angekommen in der Lombardei, in der Emilia-Romagna, in Ligurien, in Piemont, im Veneto, im Valle d’Aosta. Und sie sind nicht hierher gekommen, um körperlich zu arbeiten und anschließend wieder dahin zurückzukehren, wo sie herkamen. Aus dem Süden, jenseits der im Zweiten Weltkrieg »Gotenlinie« genannten Frontlinie zwischen Nord- und Süditalien. Heute wollen die Bosse im Norden leben, und sie wollen gut leben. Es soll ihnen an nichts fehlen. Beschützt von ihren Leuten, mit deren Hilfe sie lokale Ableger errichten, die dem »Mutterhaus« unterstehen, oder von ihm unabhängig sind. Das hängt von dem jeweiligen Fall und der jeweiligen Organisation ab.
    Aber immer trachten sie danach, sich neue Freiräume zu eröffnen innerhalb des Wirtschafts- und Sozialsystems an der nördlichen Peripherie Italiens. Sie sprechen direkt mit Institutionen, mit Unternehmern, mit der Justiz. Unter den vielen Ereignissen, die außen vor bleiben mussten, waren etwa die Ermittlungen gegen den Gerichtspräsidenten von Imperia. Er soll einige Mafiosi gegen Geld geschont haben. Und aus Platzmangel konnte ich leider auch das System der »vorgetäuschten Kooperativen« nur andeuten: Falsche Kooperativen, die von den ursprünglichen Idealen nur noch den Namen behalten haben. Verschiedene journalistische Artikel zu diesem Thema habe ich in der
Gazzetta di Modena
veröffentlicht. Ich habe hierzu Arbeiter und Gewerkschaftler interviewt, außerdem neue sowie ältere Akten gewälzt. Was dabei offenbar wird, ist ein System von Firmen, die hinter der Benennung als Kooperative schlimmste Missbräuche und millionenschwere mafiöse Interessen betreiben, Ausbeutung und illegale Überlassung von Arbeitskräften, Geldwäsche, Drogenlagerung. Ein System, das sich von der Nachfrage nach Dienstleistungen nährt, von Subaufträgen, die große, bekannte Baufirmen bei Großaufträgen an kriminelle Kleinunternehmen weitergeben, die sich »Kooperativen« nennen, aber die in Wirklichkeit Gesellschaften sind, in denen die Arbeiter als Gesellschafter weder die eigenen Rechte, noch das Statut kennen, noch gar an den Gewinnen der Kooperative beteiligt sind.
    Denken wir an die großen Namen der Logistik. In Mailand hat TNT einige Handlanger-Kooperativen der ’Ndrangheta beschäftigt. Und in Bologna, in Modena und in Lucca ist es nicht anders. Es ändern sich nur die Namen der beteiligten Clans. In Mailand ist es der Flachi-Clan, in der Emilia-Romagna und in der Toskana der Farao-Marincola-Clan.
    Es lebe das Outsourcing! Manna, das vom Himmel fällt für die Mafien in der Po-Ebene. Und ein Mittel, um die Arbeitskosten legaler Unternehmer zu drücken. Darüber hinaus planen sie im Norden Strategien, die wiederum in Kalabrien zur Anwendung kommen sollen. Typisch hierfür der Satz, den Francesco Ventrici, der in Bologna wohnt und als Vertreter des Mancuso-Clans aus Vibo Valentia gilt, aussprach: »In Kalabrien gewinnt nicht mal der Papst den Krieg gegen uns.«
    Die mehr oder weniger verhüllte Drohung richtete sich gegen zwei Leiter von
Lidl Italien
. Die Firmen von Ventrici hatten bereits seit Jahren für
Lidl
gearbeitet und waren exklusiv für den Transport in Kalabrien zuständig gewesen. Aber als sich die Firma entschied, auch andere Firmen als Frachtführer neben den Firmen des Paten zu beschäftigen, begannen die Drohungen und
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