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Männerstation

Männerstation

Titel: Männerstation
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Evelyn zusammensank, mit erloschenen Augen, nur mehr noch ein schöner, weißer Körper, wie aus Wachs, blieb er stehen und hinderte Frerich nicht, sich neben Mario Bonatti zu knien und auch diesen zu erwürgen. Erst als sie beide nebeneinander lagen, an den Hälsen die rotunterlaufenen Fingerabdrücke Frerichs, trat Beißelmann in das Zimmer und zog Frerich vom Boden empor. Er sah in starre, glänzende Augen, in denen keinerlei menschliche Regung mehr war, sondern nur das irre Licht einer zerrissenen Seele.
    »Komm, Bruder«, sagte Beißelmann rauh. »Nun können wir gehen.«
    »Warum tanzt sie nicht …?« Frerich sah sich um. Dann lachte er irr und schüttelte den Kopf. »Sonst tanzte sie immer, wenn sie nackt war … Weißt du … sie nannte es ›Das Liebesfest der Najaden‹. Das Liebesfest … haha … sieh nur, wie müde sie ist … liegt da in der Ecke, das Vögelchen … Man muß ihr etwas zu trinken bringen … ja, zu trinken … zu trinken … hallihallo zu trinken …«
    Er lehnte sich gegen Beißelmann und begann zu singen. Mit zittriger Stimme, die Melodie zerreißend, aus verzerrtem Mund und mit Augen, die nichts mehr sahen und erkannten.
    Beißelmann umarmte Frerich wie ein hilfloses Kind.
    »Komm mit!« sagte er fast zärtlich.
    »Trinken! Trinken! Trinken! Ich habe Durst, solchen Durst … Bring mir einen Brunnen … oder nein … Man kann einen Weinberg heranschieben, weißt du … und dann melken wir die Trauben, verstehst du … strick – strack, strick – strack … das geht gut … O Gott, wie habe ich Durst …«
    »Komm, Bruder.« Beißelmann drückte Frerich aus dem Zimmer. Er schloß die Tür wieder zu, schob den Irren in das Treppenhaus, schloß die Wohnung ab und steckte den Schlüssel in Frerichs Jackentasche. Dann faßte er ihn unter, schleifte ihn fast auf die Straße und winkte dem wartenden Taxifahrer. Gemeinsam schoben sie ihn ins Auto und verriegelten die Tür.
    »Ich hab vorhin gar nicht gemerkt, daß er so besoffen ist«, sagte der Fahrer. »Wohin denn jetzt? Aber das sag ich Ihnen: Wenn er mir die Polster vollkotzt, bezahlen Sie es!«
    »Er kotzt nicht!« Beißelmann stieg auf der anderen Seite ein und stützte Frerich, der zur Seite sank und wimmernd sang.
    »Wie kann man nur so saufen, wenn man noch so verletzt ist!« Der Taxifahrer ließ den Wagen an. »Wohin denn? Aber das ist die letzte Fahrt, das sage ich Ihnen. Ich fahre keine Besoffenen von Kneipe zu Kneipe.«
    »Zum Präsidium«, sagte Beißelmann dumpf.
    »Wohin?« Der Fahrer drehte sich um.
    »Zum Polizeipräsidium.«
    »Aber …«
    »Fahren Sie!«
    Der Ton in Beißelmanns Stimme ließ keine weiteren Fragen mehr zu. Das Auto ruckte an, und Frerich fiel gegen die Polster.
    »Sumsumsum …«, stammelte er und legte die Hand auf Beißelmanns Kopf. »Fliegen wir jetzt? Es wird ganz warm, die Sonne kommt näher, die Sonne kommt …« Er schrie leise und verbarg den Kopf an Beißelmanns Brust. »So heiß … so heiß …«, stammelte er.
    Beißelmann legte den Arm um Frerich und hielt ihn fest wie eine Mutter ihr phantasierendes, krankes Kind. So kamen sie zum Präsidium, und der Taxifahrer fuhr in die Toreinfahrt bis vor das Wachlokal. Ein Polizist kam heraus und sah den Fahrer fragend an.
    »Ich weiß nicht. Zwei Besoffene. Wollten unbedingt hierhin. Das ist nun Ihre Sache, Herr Wachtmeister.« Und zu Beißelmann sagte er. »Das macht mit Warten siebzehn Mark.«
    Beißelmann holte den unverständliche Wortfetzen stammelnden Frerich aus dem Wagen und drückte dem Fahrer einen Zwanzigmarkschein in die Hand.
    »Und nun fahren Sie!« sagte er. »Wir sind am Ziel!«
    Der Taxifahrer zögerte. Dann hob er die Schultern, stieg in den Wagen, fuhr rückwärts hinaus und bog draußen auf der Straße aus dem Blickfeld. Der Polizist legte die Hände an das Koppel.
    »Was ist los?« herrschte er Beißelmann an. »Was geht uns Ihr stockbesoffener Kumpan an?«
    »Wir möchten zum Kommissariat II/a.« Beißelmann stützte Frerich, der lallend weglaufen wollte.
    »II/a?« Der Polizist lächelte mitleidig. »Der hat andere Sorgen als Besoffene. II/a ist unsere Mordkommission.«
    »Ich weiß.« Beißelmann hob den Kopf. »Ist Kriminalrat Weihbusch noch der Leiter?«
    »Ja. Aber …«
    »Rufen Sie ihn an und sagen Sie ihm, Beißelmann sei da. Paul Beißelmann. Und er brächte jemanden mit. Einen armen, irr gewordenen Mann, der soeben seine Frau und deren Liebhaber erwürgt hat.«
    »Was?« Der Polizist verlor die Ruhe. »Kommen Sie rein
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