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Männerstation

Männerstation

Titel: Männerstation
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Einen Augenblick war es ganz still in der Leitung.
    »Das verschlägt Ihnen die Sprache, nicht wahr? Es war Totschlag aus Enttäuschung. Die Frau, die er über alles liebte, betrog ihn mit einem Assistenzarzt. Bitte, fordern Sie die Prozeßakten an … mir persönlich liegt sehr viel daran, daß dieser Beißelmann mitkommt. Ich brauche zum Aufbau des neuen Hauses jemanden, auf den ich mich voll und ganz verlassen kann – Nein, ich sehe keine Schwierigkeiten … wenn es keine Schwierigkeiten bereitet, einige hundert Millionen Deutsche Mark zu verteilen, müßte auch die Exportierung eines ehemaligen Strafgefangenen möglich sein …«
    Er hörte noch die Antwort aus Bonn, ein Versprechen, alles zu versuchen, dann legte er auf und wischte sich über die Augen.
    Was ist aus mir geworden? dachte er. Als Student war ich ein himmelstürmender Idealist, als Arzt ein Streber, als Professor und Ordinarius ein gefürchteter Despot … und jetzt bin ich nur ein Auswanderer, der Hand in Hand mit einem Mörder das Paradies suchen will, von dem er immer träumte. Die Ideale des Studenten kehren wieder, der Kreis hat sich geschlossen; aber es ist ein krummer Kreis, die Enden passen nicht mehr aufeinander.
    Das Telefon läutete wieder. Morus nahm ab. Dr. Bernfeld meldete, daß Heinrich Dormagen vor fünf Minuten gestorben sei.
    »Ich komme«, sagte Morus müde. »Das heißt, nein, ich komme nicht. Wozu? Die Todesursache ist klar, füllen Sie den Totenschein aus. Und sprechen Sie der Frau mein tiefempfundenes Beileid aus.«
    Er legte auf und beugte den Kopf weit zurück in den Nacken.
    Ich bin müde, dachte er, so müde …
    *
    Heinrich Dormagen war gestorben und lag unten im Kühlkeller, bis alle Formalitäten erledigt waren und das Begräbnis stattfinden konnte. Im Büro des Krankenhauses wurde sein Name gestrichen und die Rechnung geschrieben. Er war ein gewinnbringender Patient gewesen: Er hatte drei Wochen lang kaum etwas gegessen, aber die volle Pension bezahlen müssen.
    Und noch ein Bett wurde leer auf Zimmer 5 der Männerstation III. Karl Frerich wurde zur ambulanten Weiterbehandlung nach Hause entlassen.
    Dieser Entschluß fiel plötzlich, von einer Minute zur anderen. Oberarzt Dr. Pflüger mußte sie in Abwesenheit des Chefs fällen. Ein Anruf der Autobahnpolizei machte die Räumung notwendig. Es hatte einen Massenunfall gegeben, 22 Wagen waren darin verwickelt worden. Vier Sanitätsautos waren bereits unterwegs. Sie brachten zwölf Verletzte in das Krankenhaus. Drei Verletzte mußten nach Ansicht der Polizei sofort operiert werden.
    Dr. Pflüger gab Großalarm. Beide OPs wurden vorbereitet, drei Operationsteams wurden zusammengestellt, in zwei Verbandsräumen warteten die Ärzte und Schwestern. Ein Problem war nur die Bereitstellung der Betten. Dr. Pflüger rief alle Stationsärzte zu sich.
    »Es geht nicht anders – alle halbwegs Gesunden müssen raus!« sagte er. »Das ist bisher noch nicht vorgekommen, aber wir müssen räumen und entlassen! Wir haben noch eine Stunde Zeit, bis dahin müssen zwölf Betten frei sein. Wer Telefon zu Hause hat, soll sofort abgeholt werden, die anderen schicken wir mit Taxen! Ich weiß mir sonst keinen Rat … ich kann die Schwerverletzten ja nicht in den Gang aufs Linoleum legen.«
    Unter den ersten, die nach Hause geschickt wurden, war Karl Frerich. Dr. Bernfeld konnte es verantworten, die Schußverletzung und auch die inneren Verletzungen waren gut geheilt. Nur bedurfte er der Schonung und hatte striktes Rauchverbot, bis die Lunge wieder in Ordnung war.
    Karl Frerich freute sich wie ein kleines Kind. Er hüpfte im Zimmer herum und half, so gut es ging, Schwester Inge und Beißelmann beim Packen der Koffer.
    »Jungs, das wird eine Überraschung!« rief er. »Stellt euch vor: Ich schelle, meine Frau macht nichtsahnend auf und ich stehe vor der Tür! Die fällt um, wetten?!«
    »Aber dann …!« Lukas Ambrosius grinste breit.
    »Der Neid der Besitzlosen!« schrie Frerich. Was er noch an Süßigkeiten und Obst hatte, verteilte er an die anderen. Dann drückte er jedem die Hand und nahm gute Ermahnungen mit. Auch Paul Seußer erklärte unter piepsendem Schluckauf: »Denk dabei auch mal an uns und bestell ein paar schöne Grüße.«
    Schwester Angela kam ins Zimmer. »Das Taxi wartet unten«, meldete sie. Dann betrachtete sie die verbundene Brust Frerichs, über die man notdürftig die Jacke gezogen hatte. »Ob es so geht, glauben Sie, Herr Frerich?«
    »Aber ja. Die paar
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