Mädchen im Schnee

glaubst du, wann wir das Auto zurückbekommen?«, fragte Bengt.
    »Einen Tag wird es wohl noch dauern, bis die Techniker fertig sind«, meinte Christer.
    Gunvor machte keine Anstalten, mit dem Essen anzufangen, und hatte die Unterarme auf den Tisch gelegt.
    »Ich kann nicht aufhören, an Stefan zu denken«, sagte sie. »Das hätte man doch niemals von ihm gedacht. Wo er immer so nett zu uns war. Und dann Diana, das arme Mädchen. Dass Menschen, die man zu kennen glaubt, solche Geheimnisse haben.«
    Christer meinte zu spüren, wie Bengt neben ihm erstarrte, aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein.
    »Ja, das ist wahr«, sagte er. »Leute, denen man vertraut, können richtige Schweine sein, das stimmt. Und doch ist man jedes Mal wieder vollkommen überrascht, wenn es wirklich passiert.«
    Das musste jetzt einfach mal sein.
    »Kann ich mal das Salz haben?«, fragte Bengt.
    Sowohl Gunvor wie Christer griffen nach dem Salzstreuer, aber Christer war schneller.
    »Bitte schön«, sagte er und sah Bengt zum ersten Mal seit langer Zeit in die Augen.
    Petra verließ das Präsidium und warf einen Blick zur Pizzeria Florenz, ehe sie sich auf den Heimweg machte.
    Das Bordell war tatsächlich auf der anderen Straßenseite gewesen.
    Aber jetzt war das alles vorbei. Endlich.
    Trotz der Erleichterung war sie enttäuscht. Wie war es nur möglich, dass ein ganz gewöhnlicher Familienvater, der Arbeit und ein Haus hatte, ein Mann, der sie in so vieler Hinsicht an Lasse erinnerte, ein Doppelmörder war? Wie groß musste die Verzweiflung sein, die ihn dazu brachte, den Auftrag auszuführen, ein halbwüchsiges Mädchen mit einer alten Wettkampfpistole hinzurichten? Die armen Kinder. Und seine Frau. Hatte sie nichts geahnt?
    Und was waren das für Männer, die von diesen kleinen Mädchen Sex kauften? Dass die ganz normal aussahen, das hatte sie ja schon bei der Überwachung der Wohnung im Abbortorpsvägen feststellen können.
    Nein, ich muss auf andere Gedanken kommen, dachte sie, als sie in ihre Straße einbog. Jetzt haben wir endlich Zeit, die Lagereinbrüche aufzuklären.
    Petra klopfte sich auf der obersten Treppenstufe den Schnee von den Stiefeln und öffnete die Tür.
    »Hallohallo«, rief sie etwas lauter als gewöhnlich, als sie eintrat. »Bin jetzt zu Hause.«
    Magdalena stellte den Laptop auf den Küchentisch und klappte ihn auf. Das Haus von Stefan und Diana lag im Dunkeln. Lange saß sie da und betrachtete es.
    Es hatte zu schneien begonnen. Die Flocken wirbelten im Schein der Straßenlaterne.
    Konnte es wirklich sein, dass Stefan für Geld gemordet hatte? Das hatte Christer behauptet, aber es schien völlig unwahrscheinlich zu sein.
    Sie fuhr den Computer hoch, nahm die Notizen von dem Interview zur Hand und begann zu schreiben.
    39 -jähriger Mann in Hagfors wegen Doppelmordes verhaftet – Polizei: »Er ist geständig«
    »Am Sonntagvormittag ist ein 39 -jähriger Mann in seinem Haus in Hagfors festgenommen worden. Er steht unter Verdacht, das halbwüchsige Mädchen, das in einem Erdkeller bei Gustavsfors gefunden wurde, ermordet zu haben.
    Der Mann hat überdies gestanden, Hedda Losjö ermordet zu haben, die seit Silvester vermisst wurde.
    ›Das ist natürlich eine große Tragödie für alle Beteiligten‹, sagt Christer Berglund, stellvertretender Polizeichef in Hagfors.«
    Magdalena schrieb langsam, löschte und änderte immer wieder. Eigentlich sollte ich das hier nicht selbst schreiben, dachte sie. Artikel Nummer zwei bekam die Über schrift: »Das Mädchen im Erdkeller war Opfer der Zwangs prostitution aus Moldawien – drei Männer wegen Zuhälterei angeklagt.«
    »Das Mädchen, das tot in einem Erdkeller lag, war seit seinem Auffinden ein Rätsel für die Polizei gewesen. Inzwischen ist es erwiesen, dass das Mädchen ( 16 ) zusammen mit Gleichaltrigen zur Prostitution gezwungen worden war. Die Minderjährigen sind seit vergangenem Sommer an Sexkunden in Nordvärmland verkauft worden.
    Am Samstagabend hat die Polizei aufgrund eines Tipps vom Värmlandsbladet eine Razzia in einem Bordell im Zentrum von Hagfors durchgeführt.
    ›Mit Hilfe eines Dolmetschers haben wir die Mädchen bereits verhört, doch steht noch einiges aus, um sich ein Gesamtbild über das Netzwerk zu verschaffen‹, sagt Petra Wilander, Polizeibeamtin in Hagfors.«
    Jens Sundvall hatte rund zehn Standbilder von den Filmaufnahmen aus Vargbyn gemailt. Aus journalistischer Sicht waren die Bilder fantastisch, dennoch verspürte Magdalena bei