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Maddrax - Folge 334: Die Beute des Archivars

Maddrax - Folge 334: Die Beute des Archivars

Titel: Maddrax - Folge 334: Die Beute des Archivars
Autoren: Jo Zybell
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Aruula achtete darauf, das Kinn nach vorn zu schieben, den Kopf ein wenig in den Nacken zu legen und die Brüste herauszudrücken. So ist es gut, und jetzt die nächste Treppe. Von oben, aus den Speisesälen, hörte sie schon Stimmengewirr.
    Sie hatte den ganzen Tag hinter der Burg trainiert – gehen, laufen, rennen, Steine werfen und das schwere Schwert so führen, dass ein möglicher Gegner sie wenigstens ernst nahm. Sogar eine Eiche war sie hinauf geklettert; aber nicht weit, und es gelang ihr auch nur, weil deren unterster Ast sehr tief hing.
    Es war das erste Mal, dass sie einen ganzen Tag durchtrainiert hatte – so ein Vergnügen hatte seinen Preis: Vor Rückenschmerzen konnte sie sich kaum noch aufrecht halten.
    Und jetzt die letzte Treppe – tapfer die Beine heben und dann schön eine Stufe nach der anderen. Aruula drückte das Kreuz durch. Sie konzentrierte sich auf ihre Gesichtszüge – weg mit der Verspannung in Mund- und Augenmuskulatur, bloß keine Schwäche zeigen!
    Endlich die letzte Stufe, und dann schritt sie über die Schwelle zum ersten Speiseraum. Es gelang ihr tatsächlich zu lächeln.
    Etwas mehr als ein Dutzend Männer und Frauen saßen hier an vier Tischen – Horsay-Knechte, Köchinnen, Handwerker, Jäger, Fischer und der alte Retrologe Sebastian „Basti“ Eisenmann. Alles Menschen, die den großen Haushalt auf Canduly Castle am Laufen hielten. Basti, den Rulfan als eine Art Hofmarschall eingesetzt hatte – manche nannten ihn auch so –, galt als Mädchen für alles. Und wirklich: Ein Problem in Burg und Haushalt, das er nicht lösen konnte, war schwer vorstellbar.
    Freundlich lächelnd grüßte Aruula nach allen Seiten und trat in den nächsten, größeren Speisesaal. An die vierzig Wissenschaftler und Techniker saßen hier zu Tisch – ehemalige Technos aus Bunkerstädten, die vor Jahren der EMP ruiniert hatte, und Retrologen, die Rulfan und Meinhart Steintrieb seinerzeit von der doyzen Küste des Kalten Sunds hierher nach Scootland begleitet hatten, um den Hort des Wissens aufzubauen; und natürlich die meisten der Marsianer, die den Absturz der CARTER IV überlebt hatten.
    Ein Lehnstuhl an der oberen Schmalseite der Tafel war unbesetzt, obwohl auch an diesem Platz Teller und Glas standen. Meinharts Platz. Das war die Art der Retrologen, dem Besten unter ihnen Respekt zu erweisen. Viele hofften noch immer, dass er eines Tages zurückkehren würde von seiner langen Reise. Wohin sie ihn geführt hatte, wussten nur Rulfan und Aruula: nach Atlantis. Genauer gesagt: ins Atlantis einer Parallelwelt, die er durch eine Zeitblase im Flächenräumer betreten hatte. Eine Rückkehr von dort schien ausgeschlossen. 2  
    Wieder grüßte die Königin der Dreizehn Inseln lächelnd nach allen Seiten, und von der Tafel grüßte man voller Hochachtung zurück.
    Und jetzt in den dritten, wieder etwas kleineren Speisesaal. Hier aßen für gewöhnlich die Menschen miteinander, die zum engsten Familien- und Freundeskreis von Rulfan und Myrial zählten.
    „Aruula!“ Rulfan winkte ihr. „Da bist du ja endlich! Juefaan wollte schon nach dir schauen.“
    „Danke, Juefaan. Doch warte noch fünfzig Winter, erst dann wird es passieren, dass jemand nach mir schauen muss.“ Man hatte ihr den Stuhl mit Fellen und Kissen gepolstert. Demonstrativ warf sie das Polster auf den Boden und setzte sich auf das harte Holz.
    Myrial gab Juefaan einen Wink, und er stand auf und füllte Aruulas Teller.
    Sie liebte den Jungen. Nicht nur, weil er der Sohn ihrer geliebten – und leider schon zu Wudans Tafel gerufenen – Priesterin Juneeda war, sondern weil man nicht viele Menschen seines Schlages traf: zuverlässig, mutig, tatkräftig und ehrlich. Zurzeit gab er sich manchmal ein wenig störrisch, doch das mochte an seiner Jugend liegen: Juefaan würde demnächst elf Winter alt werden. Sein früher flachsblondes Haar wurde mit jedem Winter dunkler.
    Vorsichtig beugte sich Aruula über ihren Teller – es gab einen würzig duftenden Tofanenbrei mit Horsaygulasch – und tastete nach ihrem Besteck. Sogar beim Essen fuhr ihr manchmal ein stechender Schmerz durch die Wirbelsäule.
    Juefaan aß mit den Fingern und übersah geflissentlich die tadelnden Blicke seines Vaters. Rulfan legte Wert auf eine gewisse Esskultur in Canduly Castle; vermutlich der Einfluss seines Vaters, Sir Leonard Gabriel. Der Greis saß wie meist neben Rulfan, sein hellwacher Blick wanderte durch die Runde.
    Aruula hatte sich daran gewöhnt, Besteck zu
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