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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch
Autoren: Rainer C. Koppitz
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verstehen, Babs!« Seine Frau lachte böse und trat einen Stein in die schneematschfeuchte Wiese.
    »Wenn du dir zuhören könntest! Um weiter als untadelig zu gelten, verstoßt ihr gegen Gesetze, lasst Mörder laufen und glaubt wahrscheinlich selber noch, ihr wärt wirklich untadelig! Was ist eigentlich mit deiner Sekretärin, Frau Nockele? Hat man die auch entlassen ?« Das Thema war Glock unangenehm.
    »Sie liegt im Krankenhaus, wird aber wahrscheinlich durchkommen. Dummerweise hat sie sich gestern die Pulsadern aufgeschnitten, als die Sache mit ihren Spielschulden und den fatalen Hilfsdiensten für den Pakt, wie das Abhören ihres eigenen Chefs und das Verschwindenlassen ganzer Akten, herausgekommen war. Irgendwie scheint ihr erst da bewusst geworden zu sein, dass sie in hohem Maße mitverantwortlich für den Tod ihres geliebten Chefs war. Sie hatte sich vorher wohl erfolgreich eingeredet, dass es sich bei dem Sturz aus dem Fenster wirklich um Selbstmord gehandelt hat .«
    »Also ist sie die Einzige, die wirklich büßt. Die Einzige, die ein schlechtes Gewissen zu haben scheint. Eine kleine Sekretärin! Lass uns über etwas anderes sprechen. Ich will mir diese verquere Moral nicht mehr länger anhören. Mir ist kotzübel .« Den Rest des Weges zur Schiffsanlegestelle legten sie schweigend zurück. Wortlos warteten sie an dem hölzernen Steg auf das Schiff zurück nach Prien. Nur wenige andere Besucher hatte es an diesem ungemütlichen Tag auf den See getrieben, und so stand nur ein ältliches Paar in neonfarbenen Regenjacken am anderen Ende des Stegs und packte seine mitgebrachten Wurstbrote aus. Die Glocks blickten in das glasklare, aufgewühlte Wasser und beobachteten mehrere Erpel, die eine vereinzelte weibliche Ente verfolgten und gemeinsam in die Enge trieben. Die Sache sah nach kollektiver Vergewaltigung aus, denn immer, wenn die Ente dem Kreis der Erpel nicht mehr entkommen konnte, bestieg sie einer der Verfolger und reihte sich nach getaner Arbeit erneut in die Gruppe der anderen Drangsalierer ein. Der Nächste kam an die Reihe. Barbara war entrüstet und fand das Geschehen ekelhaft. Sie griff sich herumliegende Steinchen und versuchte erfolglos, die Verfolgermeute auseinanderzubomben. Anton meinte, von diesem Verhalten frei lebender Enten schon einmal gelesen zu haben. Der Autor hatte dieses Vorgehen als Beweis für ein hoch entwickeltes soziales Verhalten der Enten gedeutet, denn, so die Argumentation, andernfalls würde sich immer derjenige Erpel, der bereits seine Befriedigung gefunden hatte, flugs davonmachen und nicht seine Genossen hilfreich bei der Stillung ihrer Gelüste weiter tatkräftig unterstützen. Anton brach das Schweigen und teilte diese Hypothese seiner Frau mit.
    »Eine typisch männliche Theorie. Ekelhaft ist das. Die arme Ente hat ja keine Chance zu entkommen !«
    »Woher weißt du so genau, dass die Ente die Sache nicht irgendwie genießt ?«
    »Hast du keine Augen im Kopf? Sie versucht panisch, ihren Verfolgern zu entkommen !«
    »Vielleicht ist das Teil des Spiels?! Sie könnte ja auch einfach weg fliegen , versucht es aber gar nicht, sondern beschränkt sich lediglich auf den Versuch weg zu schwimmen …« Seine Frau war sprachlos. Der Entensex hatte zwischenzeitlich sein Ende gefunden, da augenscheinlich jeder Erpel sein Vergnügen gehabt hatte. Das Opfer sah völlig zerzaust aus und putzte sich sein Gefieder, während die Erpel gelassen davonschwammen, als hätte nichts die Ententeichidylle getrübt.
    »Weißt du Anton, wenn ich dich so reden höre, frage ich mich manchmal, ob Clara Zetkin und andere Frauenrechtlerinnen sich den ganzen Kampf nicht hätten sparen können. Ein hoch gebildeter Mann wie du, Teil der aufgeklärten westlichen Welt, hat immer noch ein völlig archaisches Geschlechterbild im Kopf. Auf der einen Seite der Mann als zügelloser Frauenjäger und als Pendant dazu das Weibchen, das sich ewig ziert und dieses Zieren als Vorspiel empfindet , um mit der unvermeidlichen Aufgabe dann wohlige Befriedigung zu erreichen. Du siehst solche Dinge völlig verzerrt durch deine männliche Brille !« Sie warf den letzten Kieselstein in ihrer Hand wütend ins Wasser.
    »Und du, liebe Barbara, siehst die Dinge vielleicht ein wenig zu einseitig von deiner Warte aus. Bloß weil du keinen Spaß am Sex hast, muss das noch lange nicht für alle weiblichen Lebewesen auf diesem Planeten gelten !« Anton wusste sofort, dass er einen Fehler gemacht hatte. Diese Diskussion konnte und
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